Monika von der LindenZia Mohammadi geht die Stiegen zum obersten Stockwerk des Rohbaus hinauf. In den Händen hält er einen Plan des Technikraums. Ihn kennt er fast auswendig. Jede eingezeichnete Leitung, jedes Messgerät und jeder Regler sind dem jungen Mann vertraut. Zia Mohammadi arbeitet mit daran, die Heizungs- und Wasser-Installation in dem Mehrfamilienhaus einzubauen. Die Pläne komplizierter Installationen zu lesen und handwerklich umzusetzen, sind ihm die liebsten Tätigkeiten im Beruf. Zia Mohammadi ist gelernter Haustechnikpraktikant EBA. Im Sommer hat er die zweijährige Attestlehre abgeschlossen. Der 24-jährige, in Au lebende Mann will im Beruf noch mehr erreichen. In zwei Jahren legt er die Prüfung zum Sanitärinstallateur EFZ ab. Für berufliche Träume war kein PlatzEs ist wahrscheinlich, dass sich der Traum vom Lehrabschluss erfüllt. Die Prüfung zum Haustechnikpraktikanten hat Zia Mohammadi mit Auszeichnung abgeschlossen. Mit der Note 5,4 ist er der Beste seines Jahrgangs im Kanton St. Gallen. «Ich habe meinen Traumberuf, meine Passion gefunden», sagt er.Träume, einen Beruf zu erlernen, hatten in Zias Kindheit keinen Platz. «Ich hatte nur das Ziel, von dort wegzukommen», sagt er. Dort ist Afghanistan. Sein Heimatland. Das Land, in dem seine Mutter heute noch lebt, und das er vor fast sieben Jahren verlassen hat. Gegen den Willen seiner Mutter. «Ich habe es selbst entschieden», sagt er. «Es war richtig.»Die gleiche Entschlossenheit wie beim Aufbruch aus Afghanistan legt Zia Mohammadi an den Tag, seitdem er im Mai 2013 in die Schweiz einreiste. «Ich möchte auf eigenen Beinen stehen und unabhängig vom Staat sein.» Die Basis hat Zia Mohammadi bereits gelegt. Er spricht Deutsch, lebt in einer eigenen Wohnung, legt bald die Autoprüfung ab und erlernt ein Handwerk. «Die Sprache ist wichtig, um Kontakt mit Schweizer Kollegen zu haben», sagt er. Dadurch hat er wiederum besser Deutsch sprechen und die hiesige Kultur kennengelernt. Jetzt absolviert er eine Lehre. Zum Erfolg des jungen Afghanen beigetragen hat die Arbeitgeberin, die HWT Haus- und Wassertechnik AG in Au. «Wir sind stolz auf ihn», sagt Janine Hugentobler, Personaladministratorin. «Er ist ein super Mitarbeiter und bereichert unser Team. Jeder schafft gern mit ihm zusammen.» Unterstützung vom ArbeitgeberDie Gewissheit hatte der Handwerksbetrieb nicht von Anfang an. Dennoch willigte er vor drei Jahren ein, als die Gemeinde Zia Mohammadi als Praktikant vermittelte. Ein Risiko sah Janine Hugentobler damals nicht. Das Praktikum war auf sechs Monate befristet und hätte jederzeit abgebrochen werden können. Stattdessen folgte ein weiteres, um die Zeit bis zum Lehrbeginn zu überbrücken. «Das Wagnis war klein, weil wir vom Betreuungsservice Repas begleitet wurden.» Anfangs investierte HWT mehr Zeit in die Ausbildung, als bei einem Jugendlichen, bei dem die Eltern in der Nähe sind. Der Stolz auf die erbrachten leistungen und die gute Integration wiegt den Einsatz auf. Die Pläne des 24-Jährigen reichen über den angestrebten Lehrabschluss hinaus. In Au möchte er bleiben und irgendwann einmal eine Familie gründen. «Nach der Lehre wird mir das vielleicht auch wichtig.»