08.10.2019

Ein Bauernbub aus Reute steht im Tor

Fussball. Das sieglose Heiden unterliegt dem Dauersieger Dardania mit 2:6. Im Tor steht die Nummer 3 der Vorderländer.

Von Beni Bruggmann
aktualisiert am 03.11.2022
Am Spielfeldrand treffen sich 90 Minuten vor dem Anpfiff die Spieler des FC Heiden, locker und zuversichtlich. Das grelle Gelb ihrer Trainerjacken und das satte Grün des Rasens ergeben ein schönes Bild.Zwei Stunden später, eine halbe Stunde ist gespielt, sieht alles anders aus. Es schüttet. Aus dem Rasen ist ein Acker geworden, matschig, tief, braun. Und die Häädler Zuversicht ist verschwunden. Der Gegner führt 6:0.Weil Standardtorhüter Palumbo gesperrt und Stellvertreter Lo Bartolo abwesend ist, steht Angelo Sturzenegger im Tor, Goalie im «Zwei», 5. Liga. Es ist sein vierter Einsatz in der ersten Mannschaft. Es scheint, dass es ein bitterer Nachmittag für ihn wird. Aber nach einer halben Stunde ist die Demonstration der Dardania-Techniker vorbei. Im Morast beginnt die Stunde der Kämpfer und Krampfer. Die restliche Spielzeit endet 2:0 für Heiden.Die Kämpfer des FC Heiden bestimmen das Spiel«Es ist nicht so gekommen, wie wir es uns vorgestellt haben», blickt der Torhüter zurück, «wir haben gehofft, möglichst lange das 0:0 zu halten.» Nur an einem einzigen Tor trifft den Ersatzmann eine Mitschuld, weil er den Ball fallen lässt. In der zweiten Halbzeit rettet er zweimal mutig gegen einen Stürmer, der allein aufs Tor läuft.Weil Heidens Kämpfer das Spiel immer mehr bestimmen, wird es vor seinem Tor ruhig. Er steht frierend im Regen, leicht nach vorn gebeugt, lässt die Arme hängen und verfolgt das Geschehen aufmerksam. Dann wieder läuft er durch den Strafraum, hüpft ein bisschen und macht Freiübungen.Angelo Sturzenegger ist auf einem Bauernhof im ausserrhodischen Reute aufgewachsen. Da hat er das Arbeiten gelernt. Noch heute hilft er dort, wenn Not am Mann ist. In Reute ist er in die Schule gegangen und hat dann bei Bernhard Frei AG in Widnau die Lehre als Strassenbauer gemacht. In dieser Firma arbeitet der 25-Jährige heute noch. Jetzt bedient er als Maschinist einen 20-Tonnen-Pneubagger.Als Kleiner spielt er kurz beim FC Rorschacherberg. Seit er zehn Jahre alt ist, gehört er zum FC Heiden. Immer als Torhüter? «Ja, fast immer. In einer Saison bei den C-Junioren spielte ich im Sturm.» Nach einer Pause fügt er an: «Ich war damals ziemlich schnell.» Erst nach der Zusatzfrage sagt er: «Ja, ich habe 21 Tore geschossen.» Typisch für den jungen Mann: Er ist kein «Plauderi». Er hört genau zu. Dann überlegt er. Der Frager muss einen Moment warten. Und dann gibt er seine Antwort, bescheiden, klar, kurz. Während der Lehrzeit spielte er nicht Fussball. Er weiss, was wichtig ist im Leben.Wichtig ist ihm etwa die Partnerschaft. In der legendären Widnauer Sickerligugge hat er Pauke gespielt. «Ich bin nicht so musikalisch», schmunzelt er. Jessica Rüdisühli ist es schon. Sie spielt Trompete. In dieser Gugge haben sich die beiden kennengelernt.Beim SC Rheintal sammelt er die Pucks einEr hat später seine Freundin zum Fussball gebracht – und sie ihn zum Eishockey, weil sie beim SC Rheintal mithilft. Das macht er momentan auch. Bei den Heimspielen sammelt er nach dem Einspielen die Pucks ein und hebt in den Drittelspausen die Tore aus der Verankerung, damit das Eisfeld gereinigt werden kann. Im ganzen Gespräch wirkt er sehr freundlich, aber einmal strahlt er richtig: «Der SCR hat gegen Burgdorf 2:1 gewonnen!»Nach dem Match verschwindet er nicht wie seine Kollegen unter die Dusche. Durchnässt wie er ist, geht er zu einer kleinen Fan-Gruppe. Da ist Freundin Jessica mit ihrer Mutter, da sind auch seine Eltern Karin und Howard Sturzenegger.«Abhaken. Positiv denken. Fussball ist nicht das Wichtigste im Leben.» Jessica hat recht.

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