Weil auf der Gesa Erneuerungsarbeiten ausgeführt wurden, spielte der FC Altstätten nach dem 10. September immer auswärts, achtmal in Folge. Das erfreuliche Ergebnis: sechs Siege, ein Unentschieden und nur eine Niederlage, 2:3 gegen Verfolger Rorschach-Goldach. Am letzten Sonntag, zum letzten Spiel der Vorrunde, durfte der FCA wieder einmal daheim antreten. Es war ein ungemütlicher, grauer Regentag. Mit diesem Satz ist alles Negative bereits gesagt. Also zum Positiven.
Altstätten ist spielbestimmend, aber aus Chancen werden keine Tore. Auffällig: Das Heimteam spielt weiter sein Spiel, ohne Hektik, aber mit der Überzeugung, dass der Erfolg kommen wird. Nach knapp einer Stunde ist es so weit: Adis Hujdur gelingt das erste, zehn Minuten später Sahin Irisme das zweite Tor. Ein paar Chancen kommen noch dazu, aber es bleibt beim 2:0. Der Vorrundenschlusspunkt ist gesetzt.
Seit zwei Jahren im «Eins»
Wir richten das Augenmerk auf den jüngsten Spieler in der Startformation, den rechten Aussenverteidiger mit der Nummer 20. Er heisst Noah Zünd, ist 18 Jahre alt, ein FCA-Junior, der bereits seit zwei Jahren im «Eins» ist. Er könne auf mehreren Positionen spielen, sagt Adi Brunner, der Trainer, und:
Er will nicht im Mittelpunkt stehen.
Genau so ist sein Spiel: Schnörkellos, fehlerlos, unauffällig. Er ist ein sicherer Abwehrwert. Auf seiner Seite ist kein Durchkommen. Vor allem auch, weil er schnell ist. Als auf der anderen Seite ein Gegner durchbricht, ist Noah sogar dort sofort zur Stelle und klärt. Gern geht er mit in den Angriff, Simon Eugster sichert ab. Und wenn sein Team einen Eckball oder einen Freistoss treten kann, ist sein Platz weit weg vom Geschehen, im Mittelkreis. Er ist hinterster Mann. Er sichert ab, denn oft entstehen aus solchen Situationen Konterangriffe.
Im Städtli aufgewachsen
Noah wächst zusammen mit seinen älteren Schwestern Jana und Lea in Altstätten auf, besucht nach der Primarschule die Sportoberstufe in Heerbrugg und ist jetzt im vierten Lehrjahr als Hochbauzeichner. Im nächsten Frühling beginnt er an der BMS in St. Gallen, die Aufnahmeprüfung hat er bereits bestanden.
Im Fussball spielt er vier Jahre im Team Rheintal-Bodensee und kehrt dann zum FCA zurück. «Da bin ich daheim.» Natürlich hat er als Jugendlicher von einer Fussballkarriere geträumt. «Das ist jetzt vorbei.» Rasch fasst er, gut 16-jährig, Fuss in der ersten Mannschaft. Adi Brunner sei ein guter Trainer, findet er, und er kreiert das schöne Wort: «Er ist kein Trainer-Trainer.» Also keiner, der nur an den Fussball denkt, sondern einer, den Menschen interessieren, ihr Leben, ihre Freuden und Sorgen. «Und er kommt mit uns in den Ausgang.»
Qualität sieht einfach aus
Der Trainer erinnert sich genau:
Noah hat bei seinen ersten Aufgeboten ins ‹Eins› in aller Ruhe die Spiele von der Bank aus erlebt, und ist nachher oft nach langer Einlaufzeit zu einem kurzen Einsatz gekommen. Vor zwei Jahren gab es einen Platz für ihn – und seither spielt er, jedes Spiel. Total ruhig, total erwachsen, er entscheidet immer richtig. Qualität sieht immer einfach aus.
Das sieht auch Präsident Andreas Broger so: «Ruhig, diszipliniert, konstant. Er fällt nie auf.» Und Verteidigerkollege Simon Eugster ergänzt: «Wir verstehen uns blind. Noah geht geschickt in die Zweikämpfe. Da gibt es keine überhastete Aktion.»
«Die Vorrunde war wunderbar», sagt Adi Brunner, «jetzt können wir zurückschauen, geniessen und uns erholen.» Aber es passt zum Trainer, dass er schon weiterdenkt. «Dieser grosse Vorsprung ist gefährlich. Meine Aufgabe ist es, das Ganze richtig einzuordnen. Gewonnen ist noch nichts.» Da ist einer auf gutem Weg, aber vom Aufstieg will er nicht reden.
Ein stiller Beobachter
Wir tun es trotzdem. Auf der Stehrampe, im strömenden Regen, verfolgt ein älterer Herr das Spiel aufmerksam. Unerkannt. Er heisst Ernst Hasler und war 1981 Trainer jenes Teams, das mit dem Aufstieg in die NLB den grössten Altstätter Erfolg feierte. «Ich bin überrascht von der spielerischen Qualität dieses FCA», sagt er, und fragt sich:
Hätten wir mit dem Team von damals eine Chance gehabt?
Eine Antwort gibt es nicht. Ein Kompliment ist es trotzdem.