28.12.2020

Durchzogener Dezember für Lädeler

Die neuen Beschränkungen haben das Weihnachtsgeschäft der Rheintaler Detaillisten getrübt, aber nicht vermasselt.

Von Seraina Hess
aktualisiert am 03.11.2022
Einen neuen Mantel, Stiefel oder Handschuhe: Wer sich für die kalte Jahreszeit neu einkleiden wollte, schaffte das dieses Jahr sogar vor dem ersten wirklichen Wintereinbruch zum reduzierten Preis. Denn die Rabattschlacht, die üblicherweise erst zwischen Weihnachten und Neujahr beginnt, wurde in vielen Modeketten vorverlegt, der Black-Friday-Sale von Ende November beinahe fliessend in den Ausverkauf übergeleitet. Gezwungenermassen, denn die Coronasituation und die sich fast wöchentlich ändernden Schutzmassnahmen durch Bund und Kanton verbreiten grosse Unsicherheit.Das bestätigt Modeunternehmer Erich Weber, der mit seiner Mode-Weber-Filiale im Rheinpark in der Region vertreten ist: «Wir haben unseren Sale um eine bis zwei Wochen vorgezogen, um einem drohenden Lockdown vorzubeugen.»Modegeschäfte sind unter DruckZum Lockdown kam es schliesslich nicht, das Weihnachtsgeschäft konnte stattfinden, wenn auch ohne Sonntagsverkäufe und mit beschränkten Ladenöffnungszeiten. «Aufgrund unserer grossen Ladenflächen bereitet uns das heruntergefahrene Kundenkontingent pro Quadratmeter keine Sorgen. Die grössere Herausforderung ist es nach wie vor, die Kunden dazu zu bringen, Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.» Ohnehin bleibe die Situation angespannt, auch im Januar. Es sei durchaus möglich, dass es punktuell zu stärkeren Rabatten kommen könnte, falls nötig. «Letzten Endes kommt es ganz auf unsere Abverkaufswerte an. Wir brauchen saubere, bereinigte Lager und müssen liquid sein, um neue Ware zu bestellen.»Wegen der Absage der Adventsnacht oder des Sonntagsverkaufs befürchteten auch die Altstätter Detaillisten, viele Kunden könnten ganz auf analoge Shoppingtouren verzichten und stattdessen online einkaufen, bestätigt Mirjam Seitz-Popp, Präsidentin der Interessengemeinschaft Einkaufen in Altstätten (Igea). «Diese Anlässe sind für unsere Mitglieder sehr wichtig, der Verzicht darauf war deshalb wirklich schmerzhaft.» Bereits in der Adventszeit hätten einige Fachgeschäfte vermehrt Rabatt gewährt, weil sie den Lagerbestand verringern mussten. «Gerade die Modebranche ist sehr schnelllebig, der Frühling kommt rasch. Es gibt Geschäfte, die Winterartikel nicht im üblichen Umfang verkaufen konnten und daher leider auf höhere Rabatte im Januar setzen müssen.»Nicht alle ziehen mit in die RabattschlachtDoch nicht jeder Unternehmer lässt sich auf den verfrühten Ausverkauf ein. Roger Dudli, der in Rheineck sein gleichnamiges Herrenbekleidungsgeschäft führt, beabsichtigt, erst im Januar zu reduzieren. Das aus gutem Grund, wie er sagt: «Wenn wir uns jetzt alle verrückt machen und solche Corona-Rabattschlachten ausfechten, kommen wir auf keinen grünen Zweig. Vor allem verliert ein Geschäft dadurch seine Glaubwürdigkeit.» Auch ihm fehlten natürlich Sonntagsverkäufe wie der Sterntag. «Doch glücklicherweise kann ich auf eine langjährige Stammkundschaft zählen.» Monika Widmer von City Mode in Widnau sieht das genauso: «Unsere Kunden sind sich gewohnt, dass der Sale im Januar beginnt, deshalb weichen wir auch 2021 nicht davon ab.»Ein Lockdown hätte den «Untergang» bedeutetTatsächlich gibt es im Rheintal auch Detaillisten, die trotz Einschränkungen im Dezember von einem guten Weihnachtsgeschäft berichten – und das, obwohl Branchenkollegen gesamtschweizerisch starke Umsatzeinbussen beklagen. «Weil wir nie Sonntagsverkäufe haben, spürten wir diese Massnahme nicht», sagt Jürg Bruhin, Inhaber des Rebsteiner Spielwarengeschäfts Pezzoni AG. Während des zweiten Lockdowns in Österreich hätten sogar viele neue Kunden den Laden betreten. «Wir konnten zudem beobachten, dass sich das Weihnachtsgeschäft nicht nur auf den Dezember konzentrierte, sondern bereits im November begonnen hatte. Die Kunden befürchteten wohl, die Geschäfte könnten noch einmal schliessen.» Trotz des vor zwei Jahren eingeführten Online-Shops hätte eine Schliessung für die Pezzoni AG «den Untergang» bedeutet, denn gemäss Bruhin erwirtschaftet er in der Weihnachtszeit an manchen Tagen so viel Umsatz wie sonst in einer Woche. Auf das Jahr gerechnet würden etwa 30 Prozent des Umsatzes auf den Dezember fallen.Die Unsicherheit hält weiter anWie Jürg Bruhin erwähnt auch Doris Eschenmoser, Co-Geschäftsführerin der Altstätter und Heerbrugger Moflar AG, die spürbare Solidarität der Bevölkerung, die sich nach dem Lockdown im Frühling bemerkbar gemacht habe – auch in den letzten Wochen. Sowohl Maskenpflicht als auch der beschränkte Zutritt in die Buchhandlung würden klaglos hingenommen. Während das Weihnachtsgeschäft ähnlich ausgefallen sei wie in anderen Jahren, habe sich die Pandemie und das Social Distancing vor allem in den abgesetzten Artikeln gespiegelt, sagt Doris Eschenmoser: «Wir haben noch nie so viele Weihnachtskarten verkauft wie in den letzten Wochen.»Trotz Solidarität der Kundschaft, die sich in Altstätten auch durch den vermehrten Kauf von Igea-Gutscheinen äusserte, bleibt die Unsicherheit. Dies, zumal das Weihnachtsgeschäft je nach Branche zwar einen Grossteil des Jahresumsatzes ausmacht, aber eben nicht den gesamten, wie Spielwarenhändler Jürg Bruhin sagt: «Auch die kommenden Monate werden uns Sorgen bereiten, vor allem wegen der abgesagten Fasnacht.»

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