Jolanda Neff erzählte vom Trainingssturz, bei dem sie aufs Knie fiel und vom aufkommenden Husten am Vortag. Sie sagte: «Um Gold zu gewinnen, müsste ich bei 100 Prozent sein – ich war aber nicht bei 100 %».Bei der Zieldurchfahrt bedankte sich die 25-jährige Thalerin beim Publikum für die «grossartige Stimmung während des Rennens».Schlechteste Klassierung seit sieben RennenAber die Enttäuschung sass tief, Neff hat den Gesamtweltcup gewonnen und war in dieser Saison nur einmal (beim Saisonstart) ausserhalb des Podests klassiert, sie trat als Titelverteidigerin an und die Heim-WM sollte zum grossen Erfolg werden.Aber es blieb nur der undankbare vierte Platz. Die verblüffenden Kate Courtney, deren Konzept zum ersten Mal auf höchster Stufe während der vollen Distanz aufging, und die mitfavorisierte Annika Langvad aus Dänemark waren für Neff und alle anderen früh ausser Reichweite.Die Thalerin hatte schon kurz nach dem Start fast eine Minute Rückstand. Sie verbesserte sich zwar bereits in der zweiten Runde vom achten auf den vierten Rang. Aber der Rückstand auf die Drittplatzierte Emily Batty wurde nie wesentlich kleiner. Im Ziel waren es zwar nur noch 15 Sekunden, aber die Kanadierin musste auf den letzten Metern nicht mehr voll in die Pedale treten, um die Bronzemedaille zu sichern.War es das schmerzende Knie, der schmerzende Husten, der den Triumph verhinderte? War es der grosse Druck, der von der Heim-WM ausging? Oder lag es, wie Swiss-Cycling-Sportchef Thomas Peter meinte, an der Strecke, «auf der Jolanda Neff die technischen Höchstschwierigkeiten fehlen»?Viele andere an der Spitze, aber keine dauerhaftJolanda Neff ist 25-jährig. Sie tritt seit vier Jahren zu jedem Rennen als Favoritin an. Diese Konstanz erreicht keine ihrer Konkurrentinnen – aber viele von ihnen fahren immer wieder einmal nach vorne: Die Liste der Mitfavoritinnen war lang vor diesem WM-Rennen.Jolanda Neff hat drei von sieben Weltcuprennen der Saison 2018 gewonnen. Diese Bilanz weist sie als Nummer 1 aus, aber nicht als Überflieger, wie es der nun siebenfache Weltmeister Nino Schurter ist.Es stehen immer auch einige Gegnerinnen am Start, die Neff an einem guten Tag schlagen können. Am Samstag ist dieses Unterfangen drei von ihnen gelungen.Yves Solenthaler, Lenzerheide