03.04.2020

Dorflädeli sind jetzt gefragt

Sie erleben einen Aufschwung in der Krise. Trotz höherem Umsatz bleibt der Gewinn der Dorflädeli aber verhalten.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Auf die Schnelle Milch und Brot besorgen und der betagten Nachbarin ein paar Äpfel mitbringen. Das Einkaufen während Corona verhält sich anders als üblich. «Die Nähe wird wieder mehr geschätzt», sagt Florian Caviezel, Inhaber der Molkerei Caviezel, St. Margrethen. «Wir haben Leute im Geschäft, die wir sonst nicht sehen.»Maria Kägi, Inhaberin «Go Poschta» mit Geschäftsstandorten in Widnau, Au und Balgach, ergänzt: «Die Kunden kaufen deutlich mehr verschiedene Produkte ein. Nicht nur solche, die sie im Supermarkt vergessen haben.» Doch die Annahme, die kleinen Geschäfte müssten von der Coronakrise auch finanziell profitieren, täuscht.Einbussen im Catering und GeschenksortimentFlorian Caviezel verweist auf ausfallende Cateringaufträge. Der gesteigerte Umsatz im Laden könne lediglich zu einer Kompensation verhelfen, da die Einnahmen in anderen Geschäftsbereichen fehlen.Auch beim Rhybeck Kriessern entfallen Bestellungen für Partybrote oder Apéros. Der Fokus liegt klar auf dem Tagesbedarf. Der Laden ist gut bestückt, es gebe keine Engpässe. Auffällig sei allerdings der Rückgang im Luxussegment, sagt Geschäftsführerin Pia Kobler. «Wir verkaufen weniger Patisserie. Die Leute besuchen sich kaum mehr zu Kaffee und Kuchen.» Auch das Geschäft mit den Schoggihasen läuft bisher verhalten. Viele bevorstehende Familienfeiern, zu denen ein Ostergeschenk mitgebracht wird, finden dieses Jahr nicht oder nur in kleinem Rahmen statt, was weniger spontane Zusatzverkäufe zur Folge hat. An der Kasse wird rasch bezahlt, aus Rücksicht, die nächsten Kunden nicht länger als nötig aufzuhalten.Kein besonderer Vorteil für die Dorfläden ist der gestoppte Einkaufstourismus nach Vorarlberg aufgrund geschlossener Grenzen. «Wir sprechen mit unserem Sortiment eine andere Kundschaft an», sagt Florian Caviezel. Jene, die sonst ennet der Grenze einkaufen, bedienen sich jetzt in Supermärkten.Maria Kägi staunt jedoch, wie der Bedarf an Fleischwaren gestiegen ist. «Hier haben wir bedeutend mehr Absatz.» Insgesamt rechnet sie während der ausserordentlichen Lage mit einem leichten Plus in der Kasse, obwohl Zahlen noch fehlen.Hauslieferungen immer öfter gewünschtDeutlich öfter nutzen die Kunden mittlerweile auch Dienstleistungen wie Take-away und Hauslieferungen. Die Bestellungen seien um ein Vielfaches gestiegen, so die einstimmige Meinung. «Go Poschta» suchte per Facebookaufruf Freiwillige, die Kundenbestellungen ausliefern. «Das Echo war hammermässig», freut sich Maria Kägi. Sie führt eine Kontaktliste und findet immer jemanden, der einen Botengang verrichtet.Florian Caviezel lobt Jugendliche, die ihre Hilfe beim Ausliefern anbieten. Silvia Lechner, Geschäftsführerin Chäshütte Balgach, bemerkt, dass sich Menschen der Risikogruppe je länger je verständnisvoller an die Weisung halten, zu Hause zu bleiben und nicht mehr selber im Laden einkaufen. Unterwegs bei Hauslieferungen erfährt sie viel Wertschätzung: «Die Kunden bedanken sich mit Trinkgeld oder einer süssen Aufmerksamkeit für den Service.» So komme die Freude an der Arbeit trotz Mehraufwand nicht zu kurz. «Es ist eine grosse Solidarität spürbar.»Dieser Gedanke zeigt sich auch in der Zusammenarbeit der Molkerei Caviezel und dem Restaurant Gletscherhügel. Caviezel stellt die Verkaufsinfrastruktur und einen Stand zur Verfügung, Mitarbeitende des Gletscherhügels kochen warme Menüs. So wird Take-away möglich. Ein Service, der allen zu-gute kommt, die sich wegen geschlossener Restaurants nicht nur von Sandwiches ernähren wollen.

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