Erst liess er sich zum Sekundarlehrer ausbilden, dann wurde er Berufspilot und schliesslich Möbelhändler: Walter Zünd hat viele Interessen und in seinem Leben schon einiges erfolgreich angepackt. Aktuell will der Walzenhauser in Kenia eine kleine Möbelfabrik bauen, die den lokalen Markt mit Stühlen beliefert.
Fliegen ist die grosse Passion von Walter Zünd. Seit 45 Jahren ist er Pilot. Um ein Haar hätte er bei der Swissair angeheuert, so der 65-Jährige. «Doch schon damals zeichnete sich ab, dass Autopilot und andere Instrumente einen Grossteil der Arbeit im Cockpit übernehmen werden. Ich aber wollte selber fliegen.» Der Beruf habe ihm viele Türen geöffnet, so Zünd.
In den späten 1980er-Jahren durfte ich in der Sowjetunion als erster Ausländer eine MIG 29 pilotieren.
Durch die Fliegerei sei er zum Möbelhandel gekommen, erzählt er weiter. «Als Taxipilot einer Businessfluggesellschaft habe ich Geschäftsleute geflogen und dabei unter anderem den Inhaber eines Möbelhauses kennen gelernt. Dieser hat mich als Geschäftsführer eingestellt.» Vor 35 Jahren habe er sich dann selbstständig gemacht und mit seiner Firma ganz Europa mit Holzmöbeln beliefert. Zuerst liess er in Italien, später auch in der Ukraine fertigen.
Die vergangenen Jahre hatte sich Zünd auf den Handel mit Mobiliar für Flüchtlings- und Gemeinschaftsunterkünfte spezialisiert und dabei seine guten Beziehungen zu Möbelherstellern genutzt. «Niemand konnte so günstig und so schnell liefern wie wir mit unseren schlanken Strukturen.» Nun drohe dem Geschäft mit der Ukraine das Aus, sagt Walter Zünd. «Es gibt keine Flugverbindungen mehr. Ins Land kommt man nur mit einer 15-stündigen Autofahrt.»
Für den Warentransport seien lediglich einheimische Transportbetriebe zugelassen, so der Unternehmer. «Sie können Fantasiepreise verlangen. Die Ware verteuert sich dadurch enorm.» Die langwierige Zollabfertigung in Ungarn und Polen mache den Handel noch unberechenbarer. Korruption sei in der Ukraine schon immer ein Problem gewesen, so Zünd weiter. «Jetzt ist es aber noch viel schlimmer geworden. Die Schweizer sind sich nicht bewusst, dass ein Grossteil ihrer Hilfe in den falschen Taschen landet.» Mittlerweile habe er nur noch einige wenige Artikel aus der Ukraine im Angebot und setze vermehrt auf Möbel aus Norditalien, so der Unternehmer. Die Angestellten seiner Firma vor Ort, die für Qualitätskontrolle und Logistik zuständig waren, hat er schon vor Beginn der Krise in die Schweiz geholt und die ukrainische Firma mit grossem Verlust aufgegeben.
Neues Projekt in Afrika
Schon seit vielen Jahren ist Walter Zünd in Kenia zeitweise als Buschpilot unterwegs. «Das Land ist meine zweite Heimat geworden», so der Möbelhändler. «Ich habe mich aber immer gefragt, warum dort auch die teuersten Stühle wackeln. Sogar in exklusiven Luxuslodges gibt es keine bequemen und stabilen Sitzgelegenheiten.» Ganz Geschäftsmann sucht und findet er eine Lösung für das Problem: Er richtet eine eigene Stuhlfabrik in der Nähe der Hauptstadt Nairobi ein.
Weil es in Kenia kein geeignetes Holz gibt, lässt er die Teile in Norditalien oder der Ukraine fertigen. Schaumstoff und Textilien dagegen werden im afrikanischen Land produziert. Die Einheimischen müssen die angelieferten Holzteile nur noch verleimen und einölen. Näherinnen können die Polster dafür anfertigen und darauf befestigen. «Die Stuhlherstellung benötigt keine Fachkräfte. Jeder kann das lernen.» Das Projekt funktioniert mit einem kleinen Budget. Zünd rechnet mit maximal 15000 Franken an Investitionskosten. «Wenn es wider Erwarten nicht funktionieren sollte, ist nicht viel verloren.»
Etwa einen Viertel seiner Zeit möchte der frisch Pensionierte in das Projekt stecken. Doch seinen Lebensmittelpunkt will er in Walzenhausen behalten, wo er seit 1990 lebe, so Walter Zünd. «Ich bin eben ein Landei.»
Arbeitsplatz wie ein Sechser im Lotto
Für die Kenianer, die meist als Taglöhner arbeiten, sei ein fester Arbeitsplatz wie ein Sechser im Lotto, erklärt der Walzenhauser. «Mit dem Verdienst können sie die Kinder in die Schule schicken und auch noch die Verwandtschaft unterstützen.» Die Angestellten lernten in der Fabrik, diszipliniert zu arbeiten und fixe Zeiten einzuhalten. Doch die ungewohnten Regeln müssten den Einheimischen vorsichtig beigebracht werden, sagt Zünd. «Sie haben ihren Stolz, den man nicht verletzen darf.» Und er möchte noch mehr Nutzen stiften:
Wenn einer der Angestellten seine Arbeit gut macht und in einer anderen afrikanischen Stadt selbst eine solche Fabrik eröffnen will, unterstütze er ihn gerne dabei, so Zünd.
Für Walter Zünd ist dies die richtige Art von Entwicklungshilfe. «Geld geben kann jeder. Aber den Leuten einen Verdienst verschaffen, ist die wahre Kunst.»