11.08.2020

Die Zukunft soll enkeltauglich sein

Sabrina Contratto Ménard arbeitet an einer visionären Siedlungsentwicklung. Ihr Ziel: Mehr Wege zu Fuss gehen.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Hildegard BickelEs war der erste Anlass in diesem Jahr, den die Interessengemeinschaft Ortsplanung Rheintal, Igor, durchführen konnte. Sabrina Contratto Ménard , diplomierte Architektin, sprach in der Galerie art d Oséra über Dichte, Mix und Qualität der Siedlungsentwicklung. «Wer fährt mit dem Auto zur Arbeit?», «Wer wohnt und arbeitet am selben Ort?»: Diese Fragen stellte sie zu Beginn in den Raum. Der Trend zeige, wie immer mehr Menschen nicht am selben Ort leben und arbeiten. Dies führe zu Pendlerverkehr ohne Ende.Orte verstehen und langfristig entwickelnHeute seien die Menschen so sesshaft wie noch nie, sagt Sabrina Contratto Ménard. «Dank Anbindungen an öffentlichen Verkehr und Autobahnen.» Bezahlbares Wohnen auf dem Land lasse sich mit dem Arbeitsort in der Stadt verbinden.In einer Vision, die sich über 100 Jahre erstreckt und enkeltauglich sein soll befasst sie sich damit, wie öffentliche Räume und Ballungszentren gestärkt werden können. Verdichten sei dort angebracht, wo die Infrastruktur bereits bestehe und der öffentliche Verkehr ein gutes Netz bilde. Damit die Dichte funktioniert und der Ort nicht zu einer Schlaf- oder Arbeitsstadt verkommt, benötigt es einen Mix von 2:1, was heisst, auf zwei Bewohner folgt eine Arbeitsstelle. Sabrina Contratto Ménards Fazit zum Rheintal: Der Mix ist gar nicht schlecht, aber die Dichte ist noch nicht da. Grössere Orte wie Altstätten und Widnau seien nah dran. Grundsätzlich bestehe im Rheintal grosses Potenzial.Ein verdichtetes Quartier bedeute, tägliche Ziele zu Fuss erreichbar zu machen. Das Lebensmittelgeschäft, die Apotheke, das Fitnesscenter, Schulen, Parks, Restaurants und auch den Arbeitsort. Von immer grösserer Bedeutung sei es, die Bevölkerung in die Planung miteinzubeziehen, sagt Sabrina Contratto Ménard. Andernfalls häufen sich die Einsprachen. Informieren allein genüge nicht, man müsse herausfinden, welcher Weg der richtige sei.Vieles unter einen Hut bringenDie Gemeinde Diepoldsau macht bereits gute Erfahrungen mit Mitwirkungsverfahren, sagte Gemeindepräsident Roland Wälter, der sich im Publikum befand. «Bei aktuellen Sondernutzungsplänen kann die Bevölkerung frühzeitig mitbestimmen und Bedenken äussern.»Auch Christa Köppel, Gemeindepräsidentin von Widnau, beteiligte sich an einer angeregten Diskussion. «Mit den Agglomerationsprogrammen sind die Gemeinden sowieso verpflichtet, gemeinsam Verkehr und Siedlung zu regeln», sagte sie. Doch es sei ein Kraftakt. Visionären Methoden stünden traditionelle Planungsinstrumente gegenüber.Bernecks Gemeindepräsident Bruno Seelos pflichtete bei und befürchtet, dass das Raumplanungsrecht mit dem Tempo der Entwicklungen und Analysen nicht mithalten könne.Diese Herausforderungen beschäftigen auch Sabrina Contratto Ménard: «Es braucht Vorschriften und Normen, aber nicht in diesem Masse.»

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.