Andreas K. Stieger hält ein 616 Seiten umfassendes Buch in den Händen. Es ist ein Fantasyroman. Das Genre fesselt ihn, seit er als Zehnjähriger «Ronja Räubertochter» von Astrid Lindgren gelesen hat. Später hat er sich durch das Regal seines Vaters gelesen, ein Fantasybuch ist auf das nächste gefolgt. Regelrecht verschlungen hat er die Reihe «Die Zwerge» von Markus Heitz. «Es ist faszinierend, in eine ganz andere Welt abzutauchen», sagt Andreas Stieger.Er hat sich auf die andere Seite gewagt. Das Buch, durch das er blättert, hat er selbst geschrieben. Es ist sein Erstlingswerk. Aus dem Leser ist ein Autor geworden. «Legenden von Asgor – die vergessene Macht» ist im Februar 2019 erschienen, die Fortsetzung ein Jahr später und der dritte Band kommt noch dieses Jahr auf den Markt. Die Idee zu Band 4 hat er schon im Kopf.Die reale Welt Andreas Stiegers hat wenig mit Träumereien zu tun. Er ist in Eichenwies aufgewachsen, verheiratet, lebt heute in Diepoldsau und arbeitet als Entwicklungsingenieur.Und doch muss ein Konstrukteur kreativ sein. «Lasse ich im Beruf nichts Neues zu, komme ich nicht weiter», sagt er. Er bezeichnet sich als einen kreativen Geist: «Ich strebe konkrete Lösungen an und ziehe Ideen in die Realität.»Mit viel Action, Kampf und MagieDie Geschichte, die der Fantasie Stiegers entsprungen ist, hat er im typischen High Fantasystil geschrieben. Wie in «Der Herr der Ringe» von J. R. R. Tolkiens geht es um Elfen, Drachen und Orks sowie um die Reiche, in denen sie leben. Mit viel Action, Kampf, Krieg und Magie tragen die guten Elben und bösen Bestien ihre Konflikte aus. Damit sie die Macht des Bösen brechen können, schliessen sich Menschen und Elben in Bünden zusammen. Sie wollen miteinander die Bestien besiegen.Als Andreas Stieger zum ersten Mal in die Tasten greift, hat er noch keinen Plan. «Ich habe mir eine einzige Szene vorgestellt, in der meine Heldenfiguren vorkommen», sagt er. Dann hat er die Geschichte Schritt um Schritt entwickelt. «Ich weiss oft selbst nicht, was im nächsten Absatz stehen wird.» Manchmal ist er selbst überrascht, wenn er ein Kapitel fertig geschrieben hat. «Ich erlebe die Geschichte in dem Moment, in dem ich sie schreibe.»Damit ihm dies glaubhaft gelingt, schlüpft der Autor in jene Figur hinein, aus deren Perspektive er gerade erzählt. «Ich weiss nur das, was sie weiss. Ich muss die Lösung aus ihrer Sicht finden und kann nur so weiterkommen.» Hätte Andreas Stieger ein fixes Gerüst geschaffen, wäre die Handlung für die Leserinnen und Leser vorhersehbar und weniger spannend.Jede Szene aus einer anderen Perspektive zu erzählen, setzt voraus, dass sich der Autor mit der Figur identifiziert. In wechselnden Gefühlen zu baden, liegt da nah. «Erzähle ich aus der Sicht des Guten, ist alles klar», sagt er. Erzähle er aber aus der Sicht eines Bösen, der die Guten ausradieren möchte, sei es anspruchsvoller. «Die Charakterzüge müssen stimmen.» Er macht sich zu jeder Figur Notizen und baut sie anhand ihrer Charakterzüge auf. «Ich versuche nachzuvollziehen, was in ihrem Innersten vorgeht.» Andreas Stieger sieht sich selbst als einer, der auf das Gute bedacht ist. Er erachtet es als interessant, auch einmal die Sicht eines bösen Wesens zu zeigen. «Es geht oft unter, warum es etwas tut.» Er ist überzeugt, dass dies meist niemand genau wissen möchte. «Es ist oft brutal.»[caption_left: Band 1 aus der Fantasy-Reihe «Legenden von Asgor.»]Trotzdem möchte er, dass die Guten gewinnen. Das gebe ihm ein gutes Gefühl, sagt jener, der die Seite als Leser kennt. «Sobald ich mit einer Figur mitfühle, möchte ich, dass sie ihr Ziel erreicht.» Alles andere wäre enttäuschend.Unterhaltung ohne Projektion auf die RealitätDen ewigen Kampf zwischen guten und bösen Mächten gibt es gleichermassen in der fiktiven wie in der realen Welt. «Ich will nichts Derartiges in meine Geschichte hineinprojizieren», sagt Andreas Stieger. Obwohl er die reale Welt stets im Hinterkopf habe, sei die Fantasiewelt nicht in die heutige übertragbar. Er habe eine Abneigung gegen Fan-Fictionbücher. Darin werden real existierende Personen in eine ausgedachte Handlung gestellt. «Als Leser möchte ich abschalten. Reine Fiktion hilft mir eher dabei, als wenn die Geschichte einen Bezug zur jetzigen Welt hat.»Eine interessante Geschichte spannend erzählt zu haben, reicht nicht aus, um sie auch bekannt zu machen. Ein Roman will auch vermarktet werden. Andreas Stieger hat bei mehreren Verlagen angefragt, ob sie an den Manuskripten seiner drei Bücher interessiert sind. Die meisten haben ihre Kapazität mit Stammautoren ausgeschöpft. Ein Verlag hat das Rohmaterial gelesen und befunden, das Thema «Kampf und Krieg» passe nicht in sein Programm.Also hat sich Andreas Stieger zur Selbstveröffentlichung entschieden. Mit Books on Demand hat er einen Anbieter gefunden, der ein Exemplar erst bei Bedarf produziert und es dann in Onlineshops sowie Geschäfte verteilt. Des Autors Eigenleistung in der Gestaltung ist recht gross, die Kosten sind eher gering.Als Andreas Stieger im Februar 2019 das erste eigene Werk bekommt, breitet sich ein schönes Gefühl in ihm aus. «Es ist cool, es in den Händen zu halten. Dazu braucht man ein gedrucktes Buch», sagt er. Ein kommerzieller Erfolg hat sich bisher nicht eingestellt. Ein paar hundert Exemplare hat der junge Schriftsteller aus Diepoldsau schon verkauft. Leserinnen und Leser in Freundeskreis und Familie sind überrascht: «Vor fünf Jahren habe ich noch gar nicht geschrieben», sagt er. «Die meisten sagen, dass sie das Buch spannend finden.»Hinweis: «Legenden von Asgor» ist als Books on Demand erschienen. ISBN: «Die vergessene Macht»: 9783749408610, «Dunkle Flut»: 9783750420939.