19.08.2022

Die Wassermassen nach der Dürre

Die Feuerwehren im Rheintal waren am Freitag stark gefordert: Vielerorts liefen Keller voll, standen Unterführungen unter Wasser oder traten Bäche übers Ufer. In Widnau ist ein Auto im Binnenkanal «abgesoffen».

Von Cassandra Wüst
aktualisiert am 02.11.2022
Nach der Dürre der letzten Wochen setzte am Donnerstag der ersehnte Regen ein: Obwohl, ein Segen war er nicht nur. Am Freitag gab der Bund wegen des intensiven Dauerregens für Teile der Ostschweiz eine Unwetterwarnung der Stufe 3 («erhebliche Gefahr») heraus. Die Warnung war bis Mitternacht gültig. Besonders betroffen war das Rheintal, das mit überfluteten Kellern und übergelaufenen Bächen zu kämpfen hatte. Die Feuerwehren waren den ganzen Tag und bis in die Nacht hinein im Einsatz. «Bis Donnerstag mussten wir noch damit rechnen, dass ein Waldbrand ausbrechen könnte. Jetzt haben wir es mit dem anderen Extrem zu tun», sagte Marco Köppel, Kommandant der Feuerwehr Mit­telrheintal am Freitagabend. Durch die Trockenheit der letzten Wochen trifft der Regen auf versiegelten Boden und kann im Moment kaum versickern. «Der Boden ist wie Beton», sagt Köppel.Allein in Diepoldsau musste die Feuerwehr 105 Keller auspumpen. In Widnau waren es zwar weniger, dafür stand hier in manchen das Wasser bis zu 40 Zentimeter tief, wie Köppel sagt. In Balgach legte die Feuerwehr in Zusammenarbeit mit dem Bauamt entlang der kleineren Zuflüsse aus dem Appenzellerland Sandsäcke aus, um die Wohngebiete zu schützen. «Die Rietaach, der Binnenkanal und auch der Littenbach in Berneck sind stark angeschwollen und die Pegelstände steigen weiter», sagt Köppel. Just zwei Tage nach dem letzten Informationsanlass zum Hochwasserschutz am Binnenkanal ist nun den Leuten vor Augen geführt worden, wie wichtig das Projekt mit einem Drosselwerk bei den «Drei Brücken» ist. «Diesem Ort gilt auch unser Hauptaugenmerk im Moment. Wir werden die nächsten Stunden dort sein, bis Entwarnung gegeben werden kann», so Köppel am Freitagabend.Hochwasserschutz-Projekt in Rüthi hat sich bewährtIn Rüthi hat sich das Hochwasserschutzprojekt beim «Kamor» am Freitag bewährt, wie Mat­thias von Rotz, Kommandant der Feuerwehr Rüthi-Lienz, bestätigt. Der Binnenkanal ist hier übergelaufen, allerdings auf der linken Seite, sodass die Häuser im Wohnquartier «Neue Welt» mehrheitlich verschont blieben. «Wir haben aber auch hier Vorbereitungen getroffen und Sandsäcke aufgeschichtet», sagte von Rotz. Bedrohlicher ist die Situation an den Seitenbächen. Am Lienzerbach war die Lage am Nachmittag kritisch: Nach einem Erdrutsch hat der Bach viel Schwemmholz mitgerissen. Rund 20 Feuerwehrleute waren im Einsatz, um nebst den Massnahmen an den Bächen auch fünf  Keller auszupumpen.[caption_left: In Rüthi ist der Kanal übergelaufen. Häuser wurden grösstenteils verschont. Bild: pd ]Stadt Altstätten hat «Schwein gehabt»Die Feuerwehr Altstätten-Eichberg konnte ihren Einsatz am Nachmittag fürs Erste beenden. Der Stadtbach und andere Bäche im Stadtgebiet wurden bis dahin von grossen Wassermengen verschont. Die Feuerwehr pumpte zwischen 11 und kurz vor 17 Uhr acht Keller in Mehr- und Einfamilienhäusern sowie in einem Industriegebäude aus. «Wir haben Schwein gehabt und hoffen, dass es so bleibt», sagte Peter Keel, Feuerwehrkommandant und fügt an: «Wir sind aber weiterhin in Alarmbereitschaft.»19-Jähriger mit Auto in Binnenkanal gefahrenDer wohl ungewöhnlichste Einsatz ereignete sich am Freitag in Widnau. Ein 19-jähriger Mann fuhr am Nachmittag auf der Espenstrasse in Richtung Au. In einer Kurve kam er aus nicht bekannten Gründen von der Fahrbahn ab und fuhr über die Böschung in den Binnenkanal. «Er hat das Auto verlassen und ans Ufer schwimmen können», sagte Daniel Hug, Mediensprecher der Polizei. Der Fahrer wurde mit unbestimmten Verletzungen ins Spital gebracht.Anfangs trieb das Auto noch an der Oberfläche. Später ging es unter. Aktuell versuchen Rettungsschwimmer der SLRG Mittelrheintal das Auto im Kanal zu orten. Sobald man es gefunden hat, schaut man, ob es stationär ist und sofort geborgen werden kann. Falls es sich bewegt, wäre dies für die Taucher nicht ungefährlich. In diesem Fall würde man schauen, wie die Bergung aufgegleist werden soll. Wann das Auto geborgen werden kann, war bis Redaktionsschluss unklar.[caption_left: Anfangs trieb das Auto noch an der Oberfläche im Binnenkanal. Später ging es unter. Leserbild: Ali Morina]

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