16.11.2020

Die Wärter können nichts dafür

Die Stadt ist bei der Regierung abgeblitzt: Die Kosten für Feuerwehreinsätze im Gefängnis bleiben an ihr hängen.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Es ist schon vorgekommen, dass in Zellen des Regionalgefängnisses bei Altstätten Feuer ausbrach; letztes Jahr grad zweimal. Dass dann die Altstätter Feuerwehr ausrückt, leuchtet ein. Weniger verständlich ist für den Stadtpräsidenten Ruedi Mattle und den Präsidenten der Sicherheitskommission, Stadtrat Andreas Broger, dass die Stadt die Kosten für die Einsätze übernehmen soll. Als Kantonsräte wandten sich die beiden mit einer einfachen Anfrage an die Regierung.Bei einem unverschuldeten Brand sei es zwar tatsächlich so, dass die Allgemeinheit, sprich die Stadt, die Kosten trage, erklärte Broger im August nach Einreichen des Vorstosses. Werde ein Brand aber durch grobe Fahrlässigkeit verursacht oder gar vorsätzlich gelegt, werde der Einsatz dem Verursacher in Rechnung gestellt. Im Fall des Regionalgefängnisses sieht die Stadt den Kanton als Betreiberin in der Pflicht.Die Aufsicht wurde nicht vernachlässigtDas kantonale Amt für Justizvollzug hatte gegenüber der Stadt aber argumentiert, dass vom Betrieb eines Gefängnisses keine besondere Feuergefahr ausgehe und dass in den bisherigen Fällen das Gefängnis­personal seine Aufsichtspflicht nicht vernachlässigt habe, womit ihnen oder dem Kanton auch kein Verschulden angelastet werden könne.Die Regierung stellt sich nun ebenfalls auf diesen Standpunkt. In ihrer Antwort auf Brogers und Mattles Vorstoss hält sie fest, dass grundsätzlich der Insasse, der den Brand verursacht hat, die Einsatzkosten der Feuerwehr zu tragen hätte. In der Regel verfügten diese Leute aber über lediglich wenig oder gar kein Geld. Weil der Kanton – nach oben aufgeführter Begründung – nicht haftbar gemacht werden könne und weil auch keine Versicherung zahle, verblieben die Kosten der Standortgemeinde, im Fall des Regionalgefängnisses also der Stadt Altstätten.Die Regierung weist Ruedi Mattle und Andreas Broger aber auf eine Neuerung im totalrevidierten Feuerschutzgesetz hin, das am 1. Januar 2021 in Kraft treten wird. Neu bekomme eine Gemeinde für solche Fälle ein Recht zur Akteneinsicht bei der Strafuntersuchungsbehörde, was ihr ermögliche, Regress zu nehmen. Ersatzpflichtig bleibe dabei aber weiterhin einzig der eigentliche Verursacher, hält die Regierung fest. Der Betreiber einer Anstalt, sei dies nun ein Gefängnis oder auch ein Spital oder ein Heim, könne weiterhin nicht belangt werden.Andreas Broger, beruflich in einer Kaderposition bei einer Versicherung, hält solche Regressbemühungen für nahezu aussichtslos, da ja, wie die Regierung selbst schon schreibt, bei den Verursachern in den meisten Fällen nichts zu holen ist. Er kritisiert auch die Begründung des Kantons, dass vom Betrieb eines Gefängnisses keine besondere Feuergefahr ausgehe. Seiner Ansicht nach entsteht durchaus ein gewisses Risiko, wenn jemand 23 Stunden am Tag mit einem Feuerzeug in einer Zelle eingesperrt ist. (Eine Stunde am Tag dürfen die Inhaftierten für einen Spaziergang in den Innenhof.)Dass die Gemeinde zahlen muss, ist nicht richtigBroger hält auch weiterhin für grundsätzlich falsch, dass die Standortgemeinde für Vorkommnisse in einer Institution des Kantons aufkommen muss. Die Brände letztes Jahr kosteten die Stadt laut Andreas Bro­ger 1600 und 2800 Franken. Da das Regionalgefängnis um ein Mehrfaches vergrössert werden soll, geht er davon aus, dass es zu mehr Feuerwehreinsätzen kommt – mit dementsprechend mehr Kosten, die an der Stadt hängen bleiben werden. Wer Feuer legen will, schafft es auch ohne ZündhölzliIn Fällen, wo nicht Fahrlässigkeit zu einem Brand im Gefängnis führt, sondern ein Feuer gelegt wird, liege meist beim Brandstifter eine psychische Erkrankung vor, schreibt die Regierung in der Antwort auf die einfache Anfrage von Andreas Broger und Ruedi Mattle. Es komme deswegen immer wieder vor, dass die Gefängnisleitung individuelle Rauchverbote ausspreche.Der Aufwand zur Durchsetzung eines solchen Verbots sei gross. So würden die Betroffenen nach jedem Spaziergang, bei dem sie in Kontakt mit an­deren Gefangenen kommen, durchsucht.Dass es so jemandem nicht trotzdem gelinge, in seiner Zelle Feuer zu legen, könne man gleichwohl nicht ganz ausschliessen, hält die Regierung fest: Es könne vieles da­für zweckentfremdet werden, selbst Steckdosen, Fernsehgeräte, Wasserkocher oder Brillen.

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