17.01.2020

«Die USA brauchen keine Gesetze»

Wer ragte am Wifo heraus? Roche-CEO Schwan und Bundesrat Cassis – auch gemessen am Unterhaltungswert.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Moderatorin Sonja Hasler, bekannt aus Fernsehen und Radio, begann so: «Ich freue mich, dass ich sie heute begleiten darf – und, ja, ich weiss, ich bin die Neue.» Die hohe Messlatte beschrieb Hasler gleich selbst: Der Zustimmungswert für Susanne Wille, die ein Jahrzehnt lang durchs Wirtschaftsforum geführt hatte, betrage 93 Prozent «und die anderen sieben Prozent haben wohl keinen Computer».«Ohne gesunde Menschenist die Wirtschaft nichts»Zuvor hatte Heidi Hanselmann, die St. Galler Regierungspräsidentin, zwei Zitate vorgetragen. «Die Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne die Wirtschaft ist alles nichts», lautet das erste. Das zweite Zitat war fast identisch, aber das Wort Wirtschaft ersetzt durch Gesundheit. Was die Regierungspräsidentin sodann erzählte, nannte Reto Monsch, der CEO des Hauptsponsors Alpha Rheintal Bank, «gesunde Worte».Hanselmann sagte, auf die Frage «Wia goht’s?» würden zwei Drittel der Menschen floskelhaft antworten, eine Studie zeige dies. Reden sei zwar Silber und Schweigen Gold, «aber eigentlich müsste es anders sein», wenn’s um das Befinden gehe. Was in ein Anschlusszitat mündete: «Die Gesundheit und die Wirtschaft sind nicht alles, aber ohne gesunde Menschen ist die Wirtschaft nichts.»Anstrengungen für dieUmwelt beschleunigenMit Isolde Charim hatte das Rheintaler Wirtschaftsforum eine Philosophin und Publizistin aus Wien zu Gast, die – unüblich fürs Wifo – ab Blatt referierte. Das Referat enthielt ein paar Merksätze wie diesen: «Populisten legen den Finger auf eine gesellschaftliche Wunde, aber nicht, um sie zu heilen, sondern um sie zu vertiefen.»Der Auftritt von LafargeHolcim-CEO Jan Jenisch hatte insofern einen direkten Rheintaler Bezug, als (der am Wifo anwesende) Thomas Schmidheiny mit dem Konzern stark verbunden ist. Jan Jenisch sprach von der Notwendigkeit, die Anstrengungen zugunsten der Umwelt zu beschleunigen, wobei die Unternehmer die Zügel in die Hand zu nehmen hätten. Welche Bedeutung das Bauen weltweit weiterhin haben wird, mag folgende Aussage verdeutlichen: Bis ins Jahr 2060 werde angesichts der Bevölkerungsentwicklung jeden Monat ein neues New York City entstehen.«Die ETH ist einunglaublicher Leuchtturm»Herzhaften Zwischenapplaus erhielt Severin Schwan, der CEO des Roche-Konzerns. Schwan meinte, die Gletscher würden schneller schmelzen als die Schweiz Fortschritte in der Digitalisierung erziele. Dass die Patientendaten (soweit überhaupt vorhanden) in kleinen Einheiten übers ganze Land verteilt seien, sei ein echtes Problem. Schwan zeichnete die Wichtigkeit, ja Unerlässlichkeit dieser Daten für die Entwicklung neuer Medikamente nach. Mit flammender Begeisterung hob der Roche-CEO die Bedeutung der ETH für die Grundlagenforschung hervor. Den meisten sei gar nicht bewusst, was für ein «unglaublicher Leuchtturm» die ETH sei. Schwan meinte: «Niemals in der angewandten Forschung Geld verschwenden, sondern lieber die ETH doppelt berücksichtigen.»Bundesrat Ignazio Cassis meinte mit besonderem Blick auf die EU: «Würden wir nicht mehr exportieren, wäre wahrscheinlich die Hälfte von Ihnen arbeitslos.» Besonders sass der Seitenhieb gegen die USA, in Anspielung auf deren aussenpolitische Methoden: «Die USA brauchen keine Gesetze, die haben die stärkste Armee der Welt. Wir selbst haben die beste Armee, aber nicht die stärkste.» Das war das zweite Mal an diesem Wifo, dass herzhafter Zwischenapplaus erschallte.

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