Max TinnerFür die Altstätter «Lindenhof»-Wirtin Marlies Mattle ist klar: «Im Rheintal fehlt das Bewusstsein, dass wir längst eine Tourismusregion sind.» Sie erinnert an all das, was jeder, der hier lebt, übers Wochenende oder während der Ferien macht: aufs Velo sitzen und zu einer schönen Gartenwirtschaft fahren, sich in der Badi abkühlen, eine Bootsfahrt auf dem Binnenkanal machen, wieder einmal Minigolf spielen gehen, an einer Führung in die Kristallhöhle teilnehmen oder das Festungsmuseum besichtigen oder was auch immer … «Das sind alles touristische Angebote», hält sie fest. Und das Rheintal werde durchaus auch von Gästen von auswärts besucht. Im «Lindenhof» übernachteten immer wieder Gruppen, die mit E-Bikes das Rheintal durchqueren. Manche würden auch länger als eine Nacht bleiben, wüssten sie vorab schon, was das Rheintal alles an Sehenswertem zu bieten hätte, sagt Marlies Mattle.Sybille Graf hat bei ihr deshalb eine offene Türe eingerannt. Die Rebsteiner Reisefachfrau, die auch mehrere Jahre Berufserfahrung in Amerika gesammelt hat, regte vor einem Jahr eine regionale Plattform für Tourismusangebote und Veranstaltungen an (wir berichteten). Dabei setzt sie sowohl auf eine physische Auskunftsstelle, also auf ein regionales Tourismusbüro, als auch auf ein Onlineportal, auf dem sich Gäste – aber auch Einheimische – für Ausflüge und andere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung inspirieren lassen können.Unterstützung hatte sich Sybille Graf vom Verein St. Galler Rheintal erhofft. Eine seiner Hauptaufgaben ist das Standortmarketing. Doch dort winkte man ab. Das Rheintal sei keine klassische Tourismusregion, hiess es. Ausserdem seien die zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt. Der Verein bzw. seine Geschäftsstelle konzentriert sich deshalb auf die Vermarktung des Rheintals als Wirtschaftsraum, als Wohn- und Arbeitsort. Es wurde auch auf die projektweise Zusammenarbeit mit St. Gallen-Bodensee-Tourismus hingewiesen.«Das Potenzial wird fundamental unterschätzt»Doch dies genügt touristischen Leistungsträgern wie Marlies Mattle vom Altstätter «Lindenhof» oder Sonja Fritsche von der «Steigmatt» in Montlingen nicht. Zwar zahlten alle Rheintaler Gastrobetriebe für jeden Stuhl in der Gaststube und für jedes Gästebett Beiträge an die Tourismusorganisation in St. Gallen, erklären sie. Die Vermarktung der Angebote im Rheintal spiele dort aber nur eine untergeordnete Rolle.Nach Ansicht Sybille Grafs liegt dies daran, dass das touristische Potenzial des Rheintals fundamental unterschätzt wird. Sie forciert den Aufbau der regionalen Freizeit- und Tourismusplattform darum nun selbst. Dazu hat sie erste Gleichgesinnte wie Marlies Mattle, Sonja Fritsche und die Balgacherin Astrid Oehler um sich geschart. Dies wird auch eine zentrale Aufgabe der entstehenden Interessengemeinschaft sein und bleiben – die Leistungsträger und ihr Know-how einzubinden und zu vernetzen. Nächster Schritt wird Ende November ein Workshop mit Urs Wagenseil sein, dem Leiter des Kompetenzzentrums Tourismus der Hochschule Luzern. Anvisiert hat man ausserdem einen Auftritt an der nächstjährigen Rhema.Mit dem Aufbau des Netzwerkes und der Plattform wird der Tourismus im Rheintal sichtbar werden, ist Sybille Graf überzeugt. Astrid Oehler formuliert das Ziel so: «Das Rheintal darf künftig nicht mehr nur die Region sein, durch die man fährt, wenn man nach Österreich in die Ferien will.»