18.02.2022

Die Tage der zerfallenden Walzenhauser Ledimühle sind gezählt

Das Kulturobjekt bei der Badi Walzenhausen zerfällt. Eine Rettung ist nur mit grossem Aufwand möglich.

Von Peter Eggenberger
aktualisiert am 02.11.2022
Eingeschlagene Fensterscheiben, offene Türen und morsches Gebälk sind unübersehbare Zeichen des Zerfalls der beim Schwimmbad gelegenen Ledimühle in Walzenhausen. Das 1742 erstellte, als kantonales Kulturobjekt eingestufte Gebäude ist wohl kaum mehr zu retten. Das Gebäude und dessen Stellenwert wird in verschiedenen Nachschlagewerken wie «Die Kunstdenkmäler von Appenzell Ausserrhoden», dem Mühlenbuch «Mahlen-Bläuen-Sägen» und natürlich der Ortschronik von Walzenhausen gewürdigt.Trotz der grossen Schäden sowohl aussen als auch innen lässt das Gebäude mit den fünf Geschossen noch immer seine grosse Vergangenheit erahnen. Das stattliche Haus diente nicht nur als Mühle, sondern auch als Bäckerei und Wirtschaft Gemsli.In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann in Walzenhausen die Rideauxstickerei zu florieren. In der Folge benötigten die Fabrikanten viel Garn. Kurzentschlossen verwandelte Eigentümer Christian Rohner-Tobler die Mühle im Jahr 1852 in eine Zwirnerei. Dabei setzte das Wasser des Ledibachs weiterhin das mächtige Holzrad in Bewegung, dessen Kraft die Maschinen im Innern des Hauses antrieb. Flauten in der Stickereibranche vermochte die angeschlossene kleine Landwirtschaft zu überbrücken, sodass sich die Zwirnerei in der Ledi trotz starker Konkurrenz über Jahrzehnte zu behaupten vermochte.Mühle ist zum privaten Wohnhaus gewordenChristian Rohner-Tobler folgte 1889 Sohn Christian Rohner-Blatter, der als achtfacher Familienvater die Zwirnereitradition fortsetzte. Die ganze Familie stand damals im Dienst der Produktion. Schwierige Zeiten brachen dann aber mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914) an. Trotzdem aber wurde in der Ledi bis 1939 weitergezwirnt. Anschliessend diente das Gebäude als privates Wohnhaus, das jedoch seit Jahren unbewohnt ist.Die Rettung der mittlerweile auch zu einem Sicherheitsrisiko gewordenen Ledimühle wäre wohl nur mit einer kostenaufwendigen Totalsanierung möglich. Der im Kanton Solothurn wohnhafte Besitzer wollte oder konnte sich zur Zukunft des Hauses nicht äussern. «Es ist jammerschade um das schöne Gebäude mit seiner spannenden Vergangenheit», kommentiert Gemeindepräsident Michael Litscher die aktuelle Situation. «Wir haben den Eigentümer verschiedentlich kontaktiert und erhielten leider keine konkreten Antworten auf unsere Fragen. Und da es sich um Privateigentum handelt, sind unsere Einflussmöglichkeiten minimal.»Die Hoffnung auf einen Erhalt ist noch daVreni Härdi von der Ausserrhoder Denkmalpflege bedauert den Zerfall ebenfalls. «Das ausserhalb der Bauzone gelegene, 280 Jahre alte Haus steht unter Schutz und ist unbedingt erhaltenswert. Bleibt zu hoffen, dass sich in absehbarer Zeit ein Weg zur Erhaltung aufzeigt.»Mit der Bruggmühle am Klusbach in Wolfhalden befindet sich ein weiteres Objekt von ähnlicher Bedeutung ebenfalls in sehr schlechtem Zustand. Die weiter oben am gleichen Wasserlauf stehende Heldmühle ist sogar eingestürzt, und nur noch hässliche Überreste erinnern an das einst stolze Gebäude. In den beiden Gemeinden gibt es aber auch positive Beispiele: In vorbildlichem Zustand präsentieren sich die alte Mühle in Hinterergeten (Wolfhalden) und das Haus Zwirneli in Lachen (Walzenhausen), wo ein Verein beziehungsweise eine Stiftung die nötigen, mit grossem finanziellem Aufwand und viel Idealismus verbundenen Restaurierungsarbeiten an die Hand genommen haben.

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