24.03.2021

Die Sprache der Zeit anpassen

Gendern zerstört die Sprache – gendern soll selbstverständlich sein. Die Meinungen zu Er, Sie und * gehen auseinander.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
An einer gendergerechten Sprache kommt man fast nicht mehr vorbei. Lange war es üblich, in der männlichen Form zu schreiben. Um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Sprache zu verankern, folgten der Schrägstrich und das dazwischen gestellte grosse I. Mittlerweile ist in der Schreibpraxis zu beobachten, wie sich Gendersternchen immer mehr durchsetzen und Raum lassen für diverse Geschlechtsidentitäten – für Menschen, die sich weder als Frau noch als Mann fühlen.Eine Norm beim Formulieren gibt es nicht. Der Duden beschreibt aber auf drei Seiten verschiedene Möglichkeiten. Kein Wunder, wird die geschlechtergerechte Sprache oft als verwirrend und umständlich empfunden. Für viele sind weibliche Bezeichnungen und Sternchen eine Umstellung.Sprache bildet die Gesellschaft abDoch es ist auch klar, dass sich Sprache verändert, seit es Sprache gibt. Sie passt sich der Welt an, in der die Menschen leben. Werden nur Männer genannt, spiegelt sich das in gedanklichen Vorstellungen. Das widerspricht oft der Realität, da in den meisten Gesellschaftsbereichen bereits alle Personen präsent sind, unabhängig vom Geschlecht. Ursprünglich waren Frauen in der männlichen Form nicht mitgemeint. Das kommt aus einer Zeit, in der Frauen viele Berufe nicht ergreifen durften, in der es etwa keine Zahnärztin gab. Das hat sich geändert. Nur die Sprache überliefert noch die alten Ausdrücke. Werden Menschen aller Geschlechter genannt, kann dies stereotype Rollenbilder auflösen. Gendergerechte Sprache zeigt, dass sowohl Frauen wie auch Männer für verschiedene Tätigkeiten geeignet und befähigt sind.Wie gendern die Schulen?An der Kantonsschule Heerbrugg gibt es keine verbindlichen Vorgaben, wie die Lehrkräfte mit dem Thema umgehen sollen. Der Prorektor und Deutschlehrer Marc Caduff hält sich an den Duden, wenn es um Rechtschreibung und korrekte Formulierungen geht. Im Rahmen der Vorgaben des Lehrplans behandelt er Pragmatik und Rhetorik, Wirkung und Bedeutung der Verwendung der Sprache. Dazu gehören gendergerechte Schreibweisen. «Wir diskutieren dabei sowohl die Vor- und Nachteile, Gründe wie auch Kritik und lesen Studien darüber.» Er verzichtet darauf, Empfehlungen abzugeben. Persönlich verwende er das Gendersternchen. Marc Caduff sagt: «Viele Schüler*innen benutzen selbst gendergerechte Sprache.»Am Berufs- und Weiterbildungszentrum Rorschach-Rheintal besteht ein Kodex, der zu Respekt, Verantwortung und Anstand auffordert. «Konkret heisst das, dass wir im Unterricht wie auch in der internen und externen Kommunikation auf eine gendergerechte Sprache achten», sagt Rektor Rolf Grunauer. «Dabei verwenden wir sprachlich neutrale, umfassende und gut lesbare Begriffe, welche Diskriminierung vermeiden. Beispielsweise Mitarbeitende, Lernende, Berufsbildnerinnen und -bildner.»Bis sich die Sprache wandelt, dauert esAnstatt Personen nur in einem generischen Maskulin, zum Beispiel «die Ärzte», mitzumeinen, sind Sternchen und Unterstriche eine Option, wenn respektvoll über Menschen geschrieben werden soll. Es bleibt zu beobachten, wie sich die geschlechtsneutrale Sprache behauptet. Die Entwicklung der Sprache ist eine längerfristige Angelegenheit. Alle «Interessierten» können sich schon mal an eine passende Schreibweise herantasten.

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