24.05.2022

«Die Spatzen pfeifen lassen»

Sonnenbau-Gründer Jonny Hutter verstärkt sein Familienleben. Dazu gehört, mit den zwei Söhnen und den beiden Töchtern über ein bestimmtes Buch zu reden. Der morgendliche Spaziergang hat eine lange Tradition.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Die Geschäftswelt kennt den 67-Jährigen als Unternehmer, der zwei bedeutende Immobiliengesellschaften präsidierte –Casainvest (bis 2020) sowie Valrheno (bis ins letzte Jahr). Sowohl an Casainvest als an Valrheno ist die Familie Hutter namhaft beteiligt, somit an bedeutenden Liegenschaften wie dem ri.nova in Rebstein oder dem Nüesch-Areal (mit dem Bad Balgach). Sein Präsidentenamt bei der Sonnenbau-Gruppe hat Jonny Hutter behalten.Geduldig grosse Würfe vorbereitenIn seinem Wohnort Diepoldsau kennen die Leute den Maurer- und Kleinbauernsohn auch als Mitgründer des Tennisclubs Diepoldsau-Schmitter und als Kutschenfahrer, der lange dem Gespannfahrverein Rheintal angehörte und ein- oder zweispännig oft unterwegs war. Inzwischen ist Golfen ein Hobby geworden. Irene Hutter, geborene Stahl aus Heerbrugg, seine Gattin seit vier Jahrzehnten, ist gelernte Kindergärtnerin und bietet, nur 100 Meter vom Wohnhaus entfernt, seit 1994 heilpädagogisches Reiten an.Als zurückhaltender Mensch, der das Rampenlicht scheut und mit gemischten Gefühlen diesem Porträt entgegenbangte, schätzt Jonny Hutter die Schlichtheit, das einfache Leben. Er geniesst den Alltag so, wie eine grosse Mehrheit ihn erlebt: als fortwährende Aufgabe, unspektakulär und möglichst frei von elitärem Überfluss und Dünkelhaftigkeit. Seinem Casainvest-Jahresbericht für das Jahr 2019 stellte Jonny Hutter ein Zitat des italienischen Priesters Don Bosco voran: «Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen.»Als Mann im Hintergrund bereitet Jonny Hutter grosse Würfe vor. Die Ziele, die er mit Beharrlichkeit verfolgt, sind der Bevölkerung bekannter als er selbst. Es geht um grössere Entwicklungspläne und Projekte, die mit Jonny Hutter untrennbar verbunden sind. Eines davon hätte schlimm enden können, aber es kam alles gut. Er lächelt, als er davon spricht, es ist das konservierte Lächeln der Erleichterung. Die Episode stammt aus einer Zeit, in der er um die dreissig war. In jenem Alter, meint er, habe er dazu geneigt, sich «allesiech» zu trauen – oder besser: zuzutrauen, auch den Bau des Rhyinselhofes im Zentrum von Diepoldsau.Die politische Gemeinde kaufte die Metzgerei-Liegenschaft und baute das Feuerwehrdepot, die noch junge Firma Sonnenbau erwarb das benachbarte Käserei-Areal und die Garage Thurnherr. Als Generalunternehmerin errichtete sie den Rhyinselhof mit vielen Wohnungen und gemeinsamer Tiefgarage. Ausgerechnet in der Bauzeit, zu Beginn der Neunzigerjahre, kletterten die Zinsen steil nach oben, bis sie den Höchststand erreicht hatten. Für die Firma Sonnenbau bedeutete die neue Situation, dass eine Lösung mit der Bank zu finden war.Treuhändern geht es «nicht ums schnelle Geld»Johann Hutter, der seit der Primarschule der Jonny ist, hat drei Schwestern und sechs Brüder. Daheim halfen alle im Kleinbauernbetrieb. Als Jüngster wurde Jonny «vielleicht ein My eher geschont». Die Eltern der 1913 im Schmitter zur Welt gekommenen Mutter waren einst aus Italien hergezogen, um beim Rheindurchstich mitzuarbeiten.Jonny Hutter machte bei Sandherr Textil in Berneck die KV-Lehre und besuchte die HWV, die der heutigen Fachhochschule für Wirtschaft entsprach. Als Immobilientreuhänder und Immobilienschätzer mit den entsprechenden Fachausweisen hat Jonny Hutter «ausgesprochene Treuhänder» kennen gelernt, denen er mit Respekt begegnet, aber auch «Treuhändler», die zwar gern das schnelle Geld erhandeln, denen aber wenig oder nichts an Werten liegt wie Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit, Beständigkeit.Die heutzutage in der Regel lange Planungsdauer bei Projektentwicklungen kann Jonny Hutters Langmut zwar belasten, denn in solchen Liegenschaften ist viel Kapital gebunden. Doch er sagt, dem langen Warten lasse sich auch Gutes abgewinnen. Beispielsweise energetisch werde etwas neu Entstehendes um Klassen besser sein als ein Gebäude, das vor zwanzig Jahren hochgezogen worden wäre. Insofern blickt er erwartungsfroh aufs Röhren-Köppel-Areal in Widnau (das seit 20 Jahren brachliegt) oder auf das Greiner-Areal in Diepoldsau, das ebenfalls seit 14 Jahren einer neuen Lösung harrt.Seinen unternehmerischen Start erlebte Jonny Hutter bei der Diepoldsauer Huag. Abgesehen von dem Bruder, der eine Schifflistickerei betrieb, waren alle Brüder in der gleichen Firma tätig. Bis auf Gebhard Hutter, der die Baufirma behielt (und gegen Ende des Jahrhunderts Schulpräsident war), haben sich alle Brüder aus der Huag «herausentwickelt» und innert zehn Jahren ihr eigenes Unternehmen gegründet.Bei der Huag hatte Jonny Hutter nicht nur Vorsicht, sondern zudem den genossenschaftlichen Gedanken eingeimpft bekommen. 13 Handwerksunternehmen taten sich zusammen, um ein erstes Haus zu bauen, zu verkaufen, den Erlös ins zweite Haus zu investieren und so weiter.Jonny Hutter adaptierte die bewährte Arbeitsbeschaffungsmethode für die Sonnenbau AG, die (wie die ganze Firmengruppe und die Casainvest Rheintal AG) seit elf Jahren Sohn Matthias führt.Zurückhaltung ist ihm heiligBis 2010 präsidierte Jonny Hutter während fünf Jahren den SVIT Ostschweiz (Schweizerischer Verband der Immobilienwirtschaft), für den er zehn Jahre als Sekretär gewirkt hatte. Im Hauseigentümerverband Mittelrheintal war er ebenfalls als Vorsitzender tätig gewesen, sieben Jahre lang.Obschon ein Profi durch und durch, hat Jonny Hutter nie den Drang verspürt, sich öffentlich hervorzutun und zu Entwicklungsschritten der Gemeinde seine Meinung beizusteuern. Im Gegenteil ist ihm Zurückhaltung heilig. Die Hochachtung Hutters gilt allen, die in ihrem Job versiert sind, ob es sich um einen Maurer handelt oder den Gemeindepräsidenten. Die Abende des Jonny Hutter waren immer reich gefüllt mit Arbeit, Sitzungen vor allem. Doch es tönt bei ihm nach keinem Müssen, eher nach Genuss. Früh aufzustehen diente zur Verlängerung des Tages. Jonny Hutter sagt, mit seiner Frau spaziere er am Morgen immer eine halbe Stunde, gern am Alten Rhein, stets zwischen sechs und sieben, auch am Sonntag. Seinen Kindern Franziska (Heilpädagogin), Hannes (Finanzbranche), Andrea (Kinderkrankenschwester) und Matthias schenkte Jonny Hutter zu Weihnachten das gleiche Buch: «Das ultimative Geschenk». Es hat eine bewegende Entdeckungsreise zum Inhalt, deren Ziel es ist, sich selbst und den wahren Reichtum des Lebens zu finden. Hutters Idee: Nach der Lektüre lasse sich darüber reden, und das sei ein schöner Anlass für ein gemeinsames Essen.Durch den Abschied von den zwei Verwaltungsratspräsidien gewinnt der stets in Diepoldsau Gebliebene ein wenig Zeit, die ihm erlaubt, sich mehr Familiärem zuzuwenden, auch den Enkelkindern Lara, Anja und Mina. Aber anders als so manches Areal liegt Jonny Hutters Wissen ganz bestimmt nicht brach. Noch ein paar Jahre, sagt er schmunzelnd, bleibe er bei Sonnenbau strategisch gern am Ball. Er möchte ein Projekt, das knifflig ist, vertieft behandeln und zu einem guten Ende führen. Schon sein Tonfall klingt nach Spass.HinweisAn der Casainvest-Generalversammlung von heute Mittwoch, 25. Mai, wird Jonny Hutter als Verwaltungsratspräsident verabschiedet.

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