28.08.2019

«Die ‹Sonne› braucht es nicht»

Das lange Zeit beliebte Restaurant in Kriessern ist seit April 2018 geschlossen. Daran ändert sich vorläufig nichts.

Von Hildegard Bickel
aktualisiert am 03.11.2022
Hildegard BickelDie Webseite der «Sonne» wurde schon länger nicht mehr aktualisiert. «Bis auf Weiteres geschlossen», heisst es dort, dieselbe Info auf Facebook datiert vom April 2018. Auf Anfrage beim Liegenschaftsbesitzer Roland Dietsche bestätigt er: «Wir haben den Restaurantbetrieb aufgegeben.»Als Gründe nennt er tiefrote Zahlen und das fehlende Bedürfnis nach dem Gastrobetrieb. Die Urban Dietsche und Söhne AG habe in den vergangenen Jahren beträchtliche Summen aufwenden müssen, um die «Sonne» zu erhalten. «Bis wir zum Schluss kamen: Schliessen ist die beste Variante.»Erfahren, was Scheitern bedeutetEr sei nicht frustriert, aber auf dem Boden der Tatsachen angekommen, sagt Roland Dietsche. Und um eine neue Erfahrung reicher: «Mit dem Restaurant bin ich das erste Mal in meinem Leben gescheitert.» Der Mitinhaber der Dietsche Montageprofis sagt es abgeklärt und zahlenorientiert. «Ich bin es gewohnt, mit meinen Betrieben Rendite zu erwirtschaften.» Einen Gastrobetrieb zu führen sei aber nicht so einfach und verschiedenen Faktoren ausgesetzt. Quersubventionieren zu müssen, erscheint ihm sinnlos.Obwohl die «Sonne» auf unbestimmte Zeit geschlossen bleibt, Staub setzt sie trotzdem nicht an. Jede Woche wird gereinigt und gelüftet. Es soll kein Schandfleck entstehen. «Rund zwei Jahre vor der Schliessung haben wir mehr als eine halbe Million Franken in eine neue Küche investiert», sagt Roland Dietsche. Die Infrastruktur ist bestens im Schuss, eigentlich könnte man sofort wieder öffnen. Doch der 56-Jährige bevorzugt eine Pause.Die Liegenschaft bleibt in FamilienbesitzAuch verkaufen komme nicht in Frage, ohnehin fehlen kaufkräftige Interessenten. Denn bei aller Wirtschaftlichkeit ist Roland Dietsche auch emotional an die «Sonne» gebunden. «Die ‹Sonne› war Vaters Stammbeiz», sagt er. Regelmässig war Urban Dietsche einer der Jasser, die auch nachmittags das Restaurant belebten. Er gab den Söhnen den Tipp, als das Restaurant zum Verkauf stand und dadurch den Anstoss, die Immobilienfirma Urban Dietsche und Söhne AG zu gründen, die 1988 mit dem Restaurant ihr erstes grösseres Objekt erwarb. «Damals gab es vier Restaurants in Kriessern», erinnert sich Roland Dietsche. Die Sonne erlebte Glanzzeiten, als sie nach dem Kauf umgebaut wurde.Während 20 Jahren verpachtet, erwarb sie einen guten Ruf. Gäste mussten reservieren, um einen Tisch zu erhalten. «Nach der Kündigung der letzten Pächter haben wir die ‹Sonne› acht Jahre selber betrieben und stellten Köche und Personal ein», sagt Roland Dietsche.Heute urteilt er nüchtern über die einheimische Gastronomieszene. Jasser gibt es immer weniger, das Ausgangsverhalten änderte sich, oft suchen Gäste gezielt nach Spezialitätenrestaurants. Die Dichte an Restaurants empfindet er als zu hoch, die Preise für ein Menu zu tief. Man sei Strukturen ausgesetzt, Änderungen seien kaum zu erwarten. Das lasse sich nicht nur im Rheintal, sondern der ganzen Schweiz beobachten.Roland Dietsche kann sich nicht vorstellen, dass die «Sonne» in den nächsten zehn Jahren wiedereröffnet. «Aber vielleicht hat die nächste Generation in der Familie Interesse.» Subventionieren wäre wohl unumgänglich, so sein Fazit. Er würde es seinen Kindern nicht antun wollen, ihnen die «Sonne» im freien Markt zu überlassen.

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