22.12.2020

Die Selbstzweifel überwinden

Mit ihrem Animationsfilm «Rat’s Nest» belegte Alessa Fanzoi beim Ostschweizer Kurzfilmwettbewerb den dritten Platz.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
«Rat’s Nest» ist ein animierter Kurzfilm in einer einzigartigen Bildsprache und handelt von Selbstwert und Selbstakzeptanz. Aus Frust über ihre Introvertiertheit zieht sich die Protagonistin Mia in eine U-Bahn zurück, die metaphorisch für ihre Gefühlswelt steht.Dort trifft sie auf all die kuriosen Dinge, die ihr Unterbewusstsein zu bieten hat. Ihre Ängste und Unsicherheiten erlangen ihre eigenen Körper und so entpuppt sich der Zufluchtsort als Rattennest. Es folgt eine Jagd ins Ungewisse und eine Begegnung, die Mia ermutigt, über ihren Schatten zu springen.Statt sich zu ändern, sich akzeptierenDen Kurzfilm erstellte Alessa Fanzoi als Bachelorarbeit in Design mit Vertiefung in Cast/Audiovisual Media. Gleichzeitig reichte ihn die 23-Jährige beim Ostschweizer Kurzfilmwettbewerb ein und belegte in der Kategorie «Professionals» den dritten Platz. «Ich habe mich sehr über die Prämierung gefreut», sagt die in Zürich wohnhafte Widnauerin, «ich finde, dass die Einreichungen dieses Jahr stark waren und schätze die Entscheidung der Jury deshalb besonders».Eine Auszeichnung sei auch ein Ansporn, zukünftige Projekte anzugehen. Die in einer Werbeagentur tätige Motion Designerin hat mit «Rat’s Nest» an der B3 Biennale des bewegten Bildes in Frankfurt den «Best Emerging Talent Award» gewonnen. Zudem wurde sie für den Förderpreis Design der Zürcher Hochschule der Künste nominiert und erhielt eine «Special Mention» der Jury. Überdies wurde ihr Film an der «Vienna Design Week», an der «Refresh-Ausstellung» in Zürich und an zwei Filmfestivals in Kanada vorgeführt.Mit dem Film möchte sie dem Gefühl des Selbstzweifels und der Introvertiertheit eine visuelle Gestalt geben. «Statt sich komplett ändern zu wollen, soll Mia ihre Introvertiertheit akzeptieren und als positive Eigenschaft erkennen», sagt die Künstlerin. Mia ist sozusagen ihr Alter Ego. Sie überdenke zu viel und lege zu grossen Wert auf die Meinung anderer. Mias Gedankenwelt ist wie ein Rattennest, sie gibt negativen Gefühlen zu viel Gewicht und lässt den Ratten, die symbolisch für ihre Ängste und Unsicherheiten stehen, die Überhand. «Mia verkörpert meinen Weg zur Selbstakzeptanz», sagt Fanzoi, «sie realisiert, dass sie sich für niemanden verändern muss.»Ein enormer Zeit- und EnergieaufwandDer Start des Projekts war im November 2019 während eines Austauschsemesters in Südkorea. Nach der Ideenfindung setzte sie sich ans Drehbuch, was rückblickend betrachtet die grösste Herausforderung darstellte. Gleichzeitig entstand das Voiceover, der Hintergrundkommentar. Als die Geschichte stand, erstellte sie das Story-board, also die Geschichte in Bildern. In einem weiteren Schritt mussten das Charakterdesign, der Illustrationsstil, das Farbkonzept und die Szenerie definiert werden. Darauf folgte der Animationsprozess, schliesslich wurde die Musik komponiert und das Sounddesign konzipiert. Fertiggestellt war der Film im Mai 2020.«Normalerweise wird so ein Kurzfilm nicht alleine umgesetzt», sagt Alessa Fanzoi. In Sachen Konzept, Drehbuch, Voice-over, Illustration und Animation arbeitete sie selbstständig. Auf der musikalischen Ebene wurde sie vom Komponisten Paul Taro Schmidt und vom Tonmeister Samuel Müller unterstützt, die beide ebenfalls Studenten an der Zürcher Hochschule der Künste sind.«Ich habe mich für Animation entschieden, weil ich so meine Leidenschaft fürs Geschichtenerzählen und Illustrieren verbinden kann», sagt die 23-jährige Widnauerin. Beeinflusst habe sie der Film «Die fabelhafte Welt der Amélie». Wie Amélie nutze Mia ihre Vorstellungskraft, um dem einengenden Alltag zu entkommen und in eine eigene Welt abzutauchen. «Mia ist wie Amélie eingeschüchtert und weltabgewandt, bis sie eines Tages bemerkt, dass sie Schmied ihres eigenen Glücks sein sollte», sagt Alessa Fanzoi.HinweisWeitere Informationen unter: www.alessafanzoi.com

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