19.08.2019

Die Seele Frankreichs in der Kehle

Der Diogenes-Chor steht kurz vor der Premiere seines neuen Programms. Des letzten mit Urs Stieger als Chorleiter.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Muss sich ein Deutschschweizer mit einem Romand oder Franzosen unterhalten, behilft er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit des Englischen. In die Ferien reist er eher ins Tirol als in den Jura oder in die Haute-Savoie. Und aus dem Radio wird er grösstenteils mit Liedern in Englisch berieselt. Wen wundert’s da, dass das französischsprachige Liedgut in der Deutschschweiz kaum beachtet wird.Es entgeht uns viel! Dies führt uns der Diogenes-Chor mit seinem neuen Programm vor Ohren. Chorleiter Urs Stieger hat mit seinen Sängerinnen und Sängern ein abendfüllendes Repertoire mit Liedern aus Frankreich einstudiert. Der Chor erinnert uns, dass es da mal Ohrwürmer gab wie Michel Sardous «En chantant» (das dem Programm auch den Namen leiht). Klassiker von Georges Moustaki und Edith Piaf sind ebenso dabei wie Cheb Khaleds «Aicha», das eine Weile lang sogar bei uns auf und ab gespielt wurde, oder solch moderne Partyhits wie «Chocolat» mit Abermillionen Downloads auf den Streamingdiensten.In Frankreich gibt es mehr als nur das FranzösischeUrs Stieger gibt zu, dass der Diogenes-Chors damit so nahe an die moderne Popkultur heranrückt wie noch in keinem der sechs bisherigen Programme. Doch das ist es ihm wert, wenn er damit zeigen kann, wie auch das französische Liedgut die Massen zu begeistern vermag. Die Liedauswahl zeigt ebenso, wie die moderne Kultur Frankreichs von Immigranten mitgeprägt wird.Der Diogenes-Chor hat sich aber noch weitaus tiefer mit der Gesangskultur Frankreichs befasst. Mehr als es einem Laienchor in der Regel möglich ist, wie Stieger meint. Dies führte dazu, dass ein Trinklied aus der Renaissance ebenso ins Programm aufgenommen wurde wie ein Lied, das einer Oper entlehnt ist.Besonders bemerkenswert sind einige Lieder, die zwar so französisch sind wie nur etwas, aber dennoch nicht auf Französisch gesungen werden – weil in Frankreich auch noch andere Sprachen gesprochen werden. Der Chor wird in den geplanten fünf Aufführungen je ein Lied in keltischem Bretonisch singen, im dem Italienischen ähnlichen Korsisch und in Okzitanisch, der früheren Sprache Südfrankreichs.Stieger will Show machen – und bald noch etwas NeuesWie bei früheren Programmen ist es Urs Stieger und seinem Chor ein Anliegen, nicht ab Notenblatt und steifstehend zu singen, sondern lebendig, choreografiert, und begleitet von professionellen Musikern. Stieger will mit seinem Chor Show machen. Damit gibt die Aufführung auch visuell einiges her. Vor allem aber sei versprochen: Manch ein Lied wird man tagelang kaum mehr aus den Ohren heraus bekommen!Es wird dies das letzte Programm sein, das Urs Stieger mit dem Diogenes-Chor einstudiert hat. Der Chorleiter und Musiker, der langsam auf die 70 zugeht, möchte sich noch dem einen oder anderen neuen Projekt widmen. Folkmusik und Klassik miteinander zu verschmelzen, schwebt ihm etwa vor. Stieger – und auch Diogenes-Vereinspräsident Michel Bawidamann – hoffen gleichwohl, dass es mit dem Diogenes-Chor unter einem neuen Chorleiter irgendwie weitergeht. Nicht zuletzt, weil der Chor sich verjüngt: Im aktuellen Programm singen erstmals Jugendliche mit.HinweisPremiere ist am Freitag, 30. August, im Diogenes-Theater. Weitere Aufführungen am Samstag, 31. August, Mittwoch, 4. September, Freitag, 6. September, und Samstag, 7. September. Es wird empfohlen, den Vorverkauf zu nutzen bei der Sternen-Apotheke in Altstätten oder online auf www.diogenes-theater.ch.

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