18.04.2018

Die sechste Jahreszeit

Frühjahrsputz. Das ist so etwas wie eine sechste Jahreszeit (Fasnacht ist die fünfte; nur zur Erinnerung). Der Beginn der sechsten Jahreszeit lässt sich unschwer an den zahlreichen Werbebotschaften erkennen, die uns (vermeintlich) praktische Helfer für die zu bewältigenden Aufgaben anpreisen: Neuartige Wischmoppmodelle mit Multirotationsscharnier, Reinigungstücher aus Spezialfasern mit Anti-Schmutz-Beschichtung oder auch formschön-funktionale Kunststoffhalter, denen man, je nach zu reinigendem Objekt, das passende Faserteil aufstülpt.Ob mit oder ohne neues Reinigungsset: Für die meisten kommt allein das Wort Frühjahrsputz einer Heimsuchung gleich. Würde die Werbebranche nicht nachdrücklich deutlich machen: «Es ist jetzt Zeit für den Frühjahrsputz», könnte einem die Dringlichkeit glatt entfallen. Schliesslich lässt sich der Frühlingsbeginn längst nicht mehr sicher an den Zeichen der Natur ablesen. Nur, weil im Dezember einige Forsythien ausschlagen, fängt ja keiner an, die Lamellenstoren abzuwaschen oder die Gardinen in die Waschmaschine zu verfrachten. Ich zumindest tat es nicht.Aber sagen wir mal so: Irgendwann muss ich die Fenster putzen, die Lamellenstoren auch, muss hinter dem Sofa bis in die letzte Ecke wischen, Kommoden und Schränkchen inspizieren und die Winterkleidung wegpacken. Der mehr oder minder sanfte Druck der Werbebranche ist vielleicht gar nicht so schlecht. Die sechste Jahreszeit fände für mich sonst womöglich gar nie statt; während viele andere sie erleben. Mein Fazit: Ich will zur Gruppe derer gehören, die es geschafft haben. Ich will mit Stolz durch strahlendklare Fenster blicken, während mir die Aprilfrische sanft in die Nase steigt. Morgen fange ich an, ganz bestimmt.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.