Bei Kriesserns 22:13-Erfolg, der zum 38:31-Gesamtsieg im Bronzekampf gegen Einsiedeln führte, war einer der Matchwinner, der am Vortag noch nicht wusste, dass er zum Einsatz kommt. Nur weil Dominik Laritz wegen einer Grippe ausfiel, stand Michel Steger im Freistil bis 70 kg Lars Neyer – einem von fünf Einsiedlern mit diesem Nachnamen – gegenüber. Die meisten der 550 Fans johlten vor Begeisterung, als der 21-jährige Forstwart seinen Gegner auf den Rücken warf.
Er habe sich auf seinen unverhofften Einsatz gefreut, den fünften in dieser Saison, sagte Steger nach dem Kampf. Keine Spur von Nervosität:
Ich musste nur darauf achten, dass ich das Gewicht nicht überschreite.
Präsident Koni Hungerbühler sieht in Stegers Sieg ein Paradebeispiel eines Athleten, der richtig viel Mumm hat. Co-Trainer Volker Hirt hebt die mentale Reife des jungen Ringers hervor.
Die jungen Ringer bereiten Freude
Auch der 17-jährige Levin Meier gewann seinen letzten Kampf der Saison. Joel Gächter, Sandro Hungerbühler oder Daniel Loher sind weitere Ringer aus dem Kriessner Nachwuchszentrum, die sich gut in der Premium League zurechtfanden. Hungerbühler erwähnt auch den 1.-Liga-Meistertitel ohne Niederlage der zweiten Mannschaft, die ihm zeigt, «dass die Ringerstaffel auf dem richtigen Weg ist». Das Ausscheiden im Halbfinal gegen Freiamt sei auf diesem Niveau der Tagesform geschuldet und damit erklärbar, dass Kriessern nicht mit dem bestmöglichen Aufgebot antreten konnte.
Der Präsident sagt voller Optimismus:
Wir greifen nächstes Jahr wieder an im Kampf um den Meistertitel.
«Es war ein schöner Abschluss», sagen alle Kriessner Protagonisten nach dem Sieg gegen Einsiedeln. Darin enthalten ist auch die Tatsache, dass die Saison nicht ganz nach Wunsch verlaufen ist. Grund dafür ist der Halbfinal-Hinkampf gegen Freiamt, der mit zehn Punkten Differenz die Meisterträume begrub.
«Freiamt war diesmal bissiger als Kriessern»
«In diesem Kampf waren wir nicht bereit», sagt der 26-jährige Ramon Betschart selbstkritisch. Das Fehlen von zwei Siegringern – David Loher und Leihringer Fritz Reber – erkläre einen Teil, aber nicht die gesamte Differenz an diesem Abend. Cheftrainer Thomas Gächter sagt: «Es war deutlich zu sehen, dass Freiamt nach zwei knappen Halbfinalniederlagen bissiger war als Kriessern. So wie wir im letzten Jahr, wollten die Aargauer diesmal den Sieg unbedingt.» Volker Hirt ergänzt mit einem Lachen:
Nächstes Jahr sind wir wieder die Erfolgshungrigen.
Der letztjährige Meistertrainer Mirco Hutter, der inzwischen als sportlicher Leiter amtet, sagt, dass Kriessern mit seinem grossen Reservoir an starken Ringern in allen Gewichtsklassen Ausfälle oft kompensieren könne, «aber nicht in entscheidenden Kämpfen. Letztes Jahr waren alle dabei und in bester Verfassung als es zählte, dieses Jahr hatte Freiamt diesen Vorteil.»
Ganz sicher hoffen die Kriessner Fans, dass das Pendel wieder auf ihre Seite schwingt. Sie haben jeden Kriessner Heimkampf zu einer stimmungsvollen Angelegenheit gemacht. Sie bleiben bestimmt erfolgshungrig.
Marc und Fabio Dietsche verlassen das Nationalteam
Den Aufwand, den Mitglieder des Nationalteams leisten, ist enorm. An bis zu 150 Tagen im Jahr sind sie mit dem Nationalkader unterwegs; sie leisten ein Profi-Pensum, werden aber dafür nicht entlöhnt wie es eines Profis würdig ist. Nach drei olympischen Zyklen, also zwölf Jahren im Nationalteam, hat der 27-jährige Fabio Dietsche entschieden, dass er lang genug «Ruhm und Ehre» nachgejagt ist. «Ich war immer gern im Nationalteam und habe mich dadurch verbessert. Aber um ganz an die Spitze zu kommen, ist das Niveau zu hoch.» Auch körperlicher Verschleiss hat seinen Entscheid begünstigt, beim 28-jährigen Marc Dietsche war dies der entscheidende Punkt. Seine Hüfte hält der grossen Belastung nicht mehr stand. Der Rücktritt fiel ihm schwer, auch weil er das Ende eines Traums bedeutet: Marc Dietsche wäre gern an den nächsten Olympischen Spielen in Los Angeles in die Fussstapfen seines Vaters Hugo getreten, der 1984 an den Spielen in Kalifornien Bronze gewann.