04.09.2018

Die Rolle eines Flüchtlings gespielt

Was ist da los? Wird da geschossen? Ein Nachbar schaut über den Zaun und sieht Jugendliche auf dem Kirchenareal, auf dem Boden kauernd, bewacht von zwei Männern. Einer davon ein dunkelhäutiger junger Mann mit militärischer Kleidung. Vorher hatte es geknallt, man hörte Sirenen und ein Megafon. Daniela Mafli konnte den Zuschauer beruhigen. Es war ein Simulationsspiel mit den Stationen einer Flucht. Im Rahmen des reformierten Erlebnisprogramms im mittleren Rheintal spielten 14 Jugendliche Szenen einer Flucht. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führte diesen Tag durch, damit die Teilnehmenden sich hineinversetzen in die Situation, in der Menschen von einem Moment auf den anderen das eigene Haus verlassen müssen, weil Bürgerkrieg ist; dann an Minenfeldern vorbeigeführt werden, um dann in einem Bunker zu landen. Es gibt Verletzte. Doch es kommt Hilfe: Zwei Schlepper bieten gegen Wertsachen an, sie bis zur Grenze zu begleiten. Auch der Grenzwächter verlangt seinen Obulus. Doch alle sind dankbar, als Familie lebendig angekommen zu sein. Im Flüchtlingscamp der UNHCR muss man sich entscheiden: Zurück in die unsichere Heimat oder im Camp bleiben, wo der Nachschub der Medizin- und Essensvorräte nicht ankommt? Oder soll man in die Unsicherheit hinausgehen, Asyl beantragen? Die Jugendlichen reflektierten ihre Erlebnisse im Rollenspiel und schauten Ausschnitte aus «Persepolis», einem iranischen Zeichentrickfilm. Er handelt von einem jungen Mädchen im Iran der Mullahs. Ein weiterer Dokumentarfilm handelte von der Aufnahme eines Asylbewerbers in einem Flüchtlingsverteilzentrum in der Schweiz. «Ich glaube, dass alle Frauen und Kinder an der Grenze aufgenommen werden», sagt ein Schüler und ist erstaunt, dass das Schweizer Recht das nicht vorsieht. Ein Flüchtling aus dem Kosovo erzählte von seinen sechs Jahren im Gefängnis als politischer Häftling. Er hatte Flugzettel verbreitet und Graffiti gemalt, um für ein freies Kosovo zu werben. Er lebt seit 25 Jahren in der Schweiz. Viele Helden der Bibel waren wie Moses und Jesus Flüchtlinge. Dass heute Helfende auf dem Mittelmeer kriminalisiert werden, thematisiert die Kirche deshalb im Religionsunterricht. (pd)

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