Die Augen der Schweizer Leichtathletikszene waren letztes Wochenende auf das Athletik Zentrum St. Gallen gerichtet. Dieses war Schauplatz der Schweizer Meisterschaft der Aktiven. Wie hoch das Niveau war, zeigen die Rekorde, etwa bei den Hürdenläufen, wo aber auch das Rheintal stark war.
Aus regionaler Sicht erreichte Alina Tobler aus Walzenhausen das beste Resultat: Sie krönte sich einmal mehr zur Schweizer Meisterin im Dreisprung. Neben ihr profilieren sich immer mehr Athletinnen und Athleten aus der Region in der nationalen Spitze. Stark vertreten war etwa das ambitionierte Athleticteam des KTV Altstätten.
Maurin Buschor, 21, KTV Altstätten, Vierter
Zu diesem gehört der 21-jährige Stabhochspringer Maurin Buschor. Mit exakt fünf Metern erreichte er Rang vier – er egalisierte seinen persönlichen Bestwert und holte sein mit Abstand bestes Resultat an Schweizer Meisterschaften. Auf das Podest fehlten ihm zehn Zentimeter. Er sei konstant und schön gesprungen, sagt Buschor. Er habe zwar mit einem Podestplatz geliebäugelt, gereicht hat es dafür aber doch nicht ganz.
Das ist kein Weltuntergang, zumal Buschor erst seit fünf Jahren Stabhochsprung macht. «In dieser Zeit habe ich auf die Konkurrenz schon ziemlich viel gut gemacht. Als ich noch drei Meter sprang, waren sie schon bei viereinhalb Metern», sagt er. Es sei zudem immer wieder schön, die fünf Meter zu erreichen.
In St. Gallen waren viele Leute dabei, die noch nie einen Fünf-Meter-Sprung von mir gesehen haben. Es war schön, ihnen diesen zu zeigen.
Der Wettkampf hat ihm sehr viel Spass bereitet: «Es war einer der besten, an denen ich je angetreten bin.»
Für den KTV Altstätten standen in St. Gallen auch Riccarda Dietsche, Aylin Rudolph, Sara Bayerl, Sandro Graf sowie Gianluca Hidber im Einsatz, Jodok Buschor fehlte verletzt. Es ist ein ambitioniertes Team, das stetig Fortschritte erzielt. Manche waren erstmals an einer Schweizer Meisterschaft. «Es freut mich, wie nach und nach wieder Neue von uns dort starten dürfen», sagt Maurin Buschor.
Den Blick richtet er nun auf die U23-Europameisterschaft, die Mitte Juli in Espoo, Finnland, stattfindet. Bis dann will er die 5,30 Meter knacken, sagt Buschor. Und: «Ich bin zuversichtlich, das erreichen zu können.» Dafür trainiert er in Altstätten und Frauenfeld rund 13 Stunden pro Woche. Dieses Training ist ebenso vielseitig wie Stabhochsprung komplex ist – es geht um Speed im Sprint, um die richtige Technik, um Routine im Sprung und darum, Bewegungsabläufe zu optimieren. Die Aussicht auf den nächsten Schritt motiviert Maurin Buschor dabei.
Larissa Bertényi, 22, LC Brühl, Widnau, Dritte
Larissa Bertényi war sich bei der Zielüberquerung noch gar nicht sicher, dass sie wirklich den dritten Rang erreicht hatte. Erst als ihr die viertrangierte Lena Weiss gratulierte, wurde ihr bewusst: Sie hat an der Schweizer Meisterschaft der Aktiven über 60 Meter Hürden Bronze gewonnen. «Ich war mega erleichtert. Ich wusste, ich kann um die Medaillen mitreden, wenn mir ein perfekter Lauf gelingt», sagt Larissa Bertényi.
Und diesen perfekten Lauf zeigte die 22-Jährige am Sonntag in St. Gallen. «Mir war klar, ich muss eine neue persönliche Bestzeit laufen, um eine Medaille zu gewinnen.» Im Final lief sie die Zeit von 8,40 Sekunden, so schnell war Larissa Bertényi zuvor noch nie. In den Vorläufen war sie der Zeit mit 8,44 s schon nahe gekommen, was zeigt, wie stark die Widnauerin in St. Gallen auftrat.
Für sie ist die Bronzemedaille auf dieser Stufe ein Durchbruch. Sie sagt:
Ich war schon oft Vierte, auch bei den Aktiven. Und dachte dann oft, es könnte doch noch weiter nach vorn reichen. Wenn ich das Podest sah, dachte ich, da gehörst du hin, da kannst du mitrennen.
Sie hatte in ihrer Laufbahn auch schon mit Verletzungen zu kämpfen. Bronze ist für sie eine Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein. Sie formuliert es so: «Es lohnt sich, weiterzukämpfen.»
Larissa Bertényi trainiert 15 bis 20 Stunden pro Woche. Neu tut sie das in Bern mit dem Team STB, das in St. Gallen die Ränge eins und zwei belegte. Sie hat eine neue Wohnung, einen neuen Job und mit Adrian Rothenbühler einen neuen Trainer. Das sind viele Veränderungen. Es überrascht nicht, dass das Topresultat an der SM für sie auch eine Erleichterung ist.
Nun gilt der Fokus der Freiluftsaison. In diesem Jahr will sie an den Jeux de la Francophonie teilnehmen; ein Anlass, der seit 1989 stattfindet und an dem Athletinnen und Athleten aus 42 Ländern starten, in denen man französisch spricht. 2023 sind die Jeux in Kinshasa, Kongo.
Fabio Kobelt, 19, STV Kriessern, Vierter
Auch über 60 Meter Hürden an den Start ging Fabio Kobelt. Der 19-Jährige überzeugte: Im Halbfinal wurde er Zweiter, im Final Vierter. Im Halbfinal lief er mit 7,94 Sekunden einen neuen persönlichen Bestwert – und knackte diesen im Final mit 7,89 s erneut. Das ist ein eindrücklicher Leistungsausweis für einen Athleten, der erstmals an einer Schweizer Meisterschaft der Aktiven startet, wo die Hürden höher sind als im Nachwuchs.
«Das ist kein vierter Platz, über den man sich ärgert», sagt Kobelt. Sein Ziel war, die Acht-Sekunden-Marke zu knacken, «die habe ich schon im Halbfinal unterboten.» 13 Hundertstel schneller war Mathieu Jaquet als Dritter, 15 Hundertstel Finley Gaio auf Rang zwei. Gegen Jason Josephs Schweizer Rekord (7,44 s) war kein Kraut gewachsen, den anderen beiden ist Kobelt nahe gekommen, obwohl er einiges jünger ist als die Konkurrenten. Vergleicht er seine Zeiten mit dem zweitplatzierten Gaio, als dieser 19-jährig war, ist er exakt gleich schnell.
«Das macht mich schon stolz und zeigt mir, dass ich auf einem guten Weg bin», sagt Fabio Kobelt. Auf diesem Weg begleiten ihn sein Hürdentrainer Markus Baumgartner und Krafttrainerin Manuela Loher – ein eingespieltes Team aus dem Rheintal. In Kriessern wird seine Laufbahn aufmerksam verfolgt:
Ich habe viele Gratulationen bekommen und sogar gehört, dass manche Leute während des Fasnachtsumzugs den Livestream mit meinem Lauf geschaut haben.
Wie für Maurin Buschor, ist auch für Fabio Kobelt die U23-EM das nächste grosse Ziel. Kobelt, der letztes Jahr an der U20-WM in Cali (Kolumbien) starten durfte, setzt nun in Trainings und in Wettkämpfen (wo es darum geht, die EM-Limite zu erreichen) alles daran, sich für ein drittes internationales Abenteuer zu qualifizieren.