10.05.2018

Die Poesie des Beobachtens

Der gemütliche Mundart-Abend im bis auf den letzten Platz und darüber hinaus besetzten Torkel fügte sich nahtlos in die kulturelle Perlenkette der Maiblüten ein. Höhepunkt: die Uraufführung eines Maiblüten-Lieds.

Von Max Pflüger
aktualisiert am 03.11.2022
Max Pflüger«Spoken Word», auf Deutsch «Gesprochenes Wort», bedeutet, dass Poeten ihre Texte nicht in Buchform veröffentlichen, sondern als Lesung vor Publikum vortragen oder allenfalls auch auf einer CD herausgeben. Der Bernecker Metzgersohn Richi Küttel und die Appenzellerin Rosie Hörler zum Beispiel gestalteten ihren Maiblüten-Beitrag am Mittwochabend im Torkel Oberdorf als «Spoken Word».Dichter mit gutem BeobachtungsvermögenMit witzigen Texten und bisweilen herrlich karikaturistisch überzeichneten Beobachtungen aus ihrem täglichen Umfeld. Da und dort auch derb oder gar nicht ganz jugendfrei.So zeichnete Richi Küttel im Stück «Neujoor» eine herrliche Kabarettnummer zum Thema Stammtisch: «Das ist der Ort, wo man jedes Thema hineinwerfen kann und zum Schluss endet es immer mit Streit.» Und dann malte er auch eine witzig überbordende Schilderung einer Selbsterfahrungsgruppe. Rosie Hörler beschäftigte sich lächelnd mit einer ganz besonderen nächtlichen Erfahrung, ihrem dreissigsten Geburtstag. Sein Beobachtungsvermögen stellte Richi Küttel auch in seiner Schilderung der Rheintaler Beizen-Fasnacht unter Beweis.Neben dem karikaturistischen Element gab es auch sehr besinnliche und feinfühlige Momente in den Texten. So etwa bei Rosie Hörlers Erinnerungen an ihren Grossvater. Die schloss sie mit einem besonders eindrücklichen Bild: Grossvater ist nicht mehr. Geblieben sind aber die Nebelschwaden, die wie einst die Rauchwolken aus Grossvaters Pfeife über dem See schweben.Appenzeller Volkslieder und Ratzliedli, Innerrhoder Spott­liedli, trugen zwischen den Textlesungen die vier Appenzeller Meedle Riccarda, Samira und Alissa Neff sowie Lorena Mazenauer vor. Besonderen Applaus erhielten sie mit den in Dialekt übersetzten und im Appenzeller Stil arrangierten Hits und Popsongs, «Dr Schwan» von Göla und «Lollipop», dem Dauerbrenner-Ohrwurm der amerikanischen A-cappella-Girlgroup The Chordettes von 1958. Gefällig, unterhaltsam und so richtig appenzellerisch.Höhepunkt der musikalischen Vorträge war für das Bernecker Publikum das von Patrick Benz und Richi Küttel vorgetragene «Maiblüten-Lied», in dem die beiden die Schönheiten des Dorfes, seine geselligen und freundlichen Einwohner, die Kultur des Bernecker Weins und die kulturellen Perlen der Maiblüten-Veranstaltungen besangen.

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