15.07.2022

«Die Pandemie war ein heftiger Brocken»

Nach fünfeinhalb Jahren hat Co-Betriebsleiter Fabian Mösch das St. Galler Kulturlokal Palace verlassen. Ein Porträt.

Von Claudio Weder
aktualisiert am 02.11.2022
Claudio WederIm St. Galler Palace ist Ruhe eingekehrt. Das Kulturlokal hat sich in die Sommerpause verabschiedet. Es ist eine Zeit, die auch in personeller Hinsicht eine Zäsur markiert: Co-Betriebsleiter Fabian Mösch hat das Palace Ende Juni verlassen. Seinen Platz übernehmen Franca Mock und Lorik Visoka; die beiden starten pünktlich zum Saisonbeginn im September.Mösch arbeitete fünfeinhalb Jahre im Palace, davon vier Jahre als Co-Betriebsleiter an der Seite von Johannes Rickli. In dieser Funktion war Mösch für die Gestaltung des Programms zuständig. Zuvor war er ein Jahr lang Assistent seines Vorgängers Damian Hohl. Als Mösch 2018 vom Vorstand der «Association», so nennt sich der Betriebsverein des Palace, zum neuen Betriebsleiter gewählt wurde, hat er sich eine Co-Leitung gewünscht. «Das schafft zusätzlich Hierarchien ab und fühlte sich in diesem Moment richtig an», sagt der 28-Jährige.Sein Arbeitsalltag hat sich stark verändertDass Mösch das Palace verlässt, hat vor allem mit Corona zu tun. «Die Pandemie war ein heftiger Brocken.» Sein Arbeitsalltag habe sich stark verändert. «Es war fast nur noch Administration: telefonieren, ansagen, absagen, warten, ausharren, koordinieren, Gelder beantragen, netzwerken – und so weiter.» Der kreative Teil seines Jobs habe kaum mehr stattgefunden. «Hinzu kam ein konstanter Fatalismus: Jedes Mal, wenn wir wieder öffnen konnten, fragten wir uns: Ist dies vielleicht das letzte Mal?»Mösch ist im Kanton Aargau geboren und aufgewachsen. Ein Musikstudium an der Zürcher Hochschule der Künste hat er nach zwei Jahren abgebrochen, weil ihn «die andere Seite der Musikbranche» schon immer sehr interessiert habe. Bereits in der Kanti hat er erste Konzerte veranstaltet, seit mehreren Jahren ist er Programmverantwortlicher des Badener Musikfestivals One Of A Million sowie Bookingagent bei der Agentur Glad We Met. Als Klarinettist spielt er in der Band Pamplona Grup und treibt nebenbei seine Soloprojekte voran, um «seine persönliche Klangsprache weiterzuentwickeln».Das Palace war der Grund, warum Mösch damals nach St. Gallen gezogen ist. Durch seine Arbeit als Bookingagent war ihm das Palace als Konzertlokal bekannt, mit der Pamplona Grup trat er regelmässig an Silvester dort auf. Als die Stelle als Assistenz der Betriebsleitung ausgeschrieben war, hat Mösch nicht gezögert: «Das Palace ist programmatisch wie auch ästhetisch eines der schönsten Konzerthäuser der Schweiz.» Und auch die Philosophie überzeugte den damals 23-Jährigen: «Das Palace ist ein offener Betrieb mit flachen Hierarchien und einem diversen Programm. Zudem besteht in Form des Diskussionsformats ‹Erfreuliche Universität› die Möglichkeit, politische Anliegen öffentlich zu diskutieren und so einen Beitrag zum Stadtleben zu leisten.»Was er dem Palace für die Zukunft wünscht? «Nichts, ich bin wunschlos glücklich», sagt Mösch und lacht. Allerdings hat er für die gesamte Kulturszene einen Wunsch: «Wir müssen in Zukunft ganz laut, ehrlich und offen über Geld sprechen.» Soziale Nachhaltigkeit liegt ihm am Herzen. «Es braucht in der Branche längerfristig eine Lösung für alle, die nicht das grosse Geld machen, sondern sehr viel Gratisarbeit leisten. Selbstständigkeit im Kulturbereich ist nach wie vor schwierig.»Seine Zukunft möchte Mösch noch in der Schwebe lassen. Wichtig ist ihm aktuell, viel Zeit zu haben, um wieder kreative Energie zu gewinnen. Er ist aber zuversichtlich: «Es kommt sicher bald ein neues Projekt.»

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