Dem Kanton ist es ernst mit der Altstätter Ostumfahrung. Sie hat im aktuellen Strassenbauprogramm Priorität. Allerdings erst für die Planung. Eine erste Sitzung mit der Stadt habe bereits stattgefunden, sagt Manfred Huber, der Leiter der Abteilung Strassen- und Kunstbauten im kantonalen Tiefbauamt. Vorgesehen sei, noch dieses Jahr ein Ingenieurbüro mit der Planung der Strasse zu beauftragen. Die Projektleitung bleibt dabei beim Tiefbauamt.Der Planer wird nicht bei null anfangen müssen. Weil der Stadt Altstätten viel an einem baldigen Bau der Ostumfahrung liegt, hat sie nämlich bereits Vorarbeiten geleistet. Diese seien wertvoll, sagt Huber, man werde sie aufgreifen und nach Möglichkeit darauf aufbauen. Nach Möglichkeit bedeutet: Sakrosankt sind die Pläne der Stadt nicht. Selbst die von der Stadt vorgesehene Linienführung wird vom Kanton zumindest nochmals überprüft.Von der Kriessernstrasse zu einem Kreisel beim LidlDer von der Stadt Altstätten vorgeschlagene Korridor führt die Ostumfahrung vom Kreisel an der Kriessernstrasse in einem sanften Bogen zum Industriegebiet Baffles, am Neubau von Wüst Metallbau vorbei und über das Gelände des Schäferhundeclubs unter der Bahnlinie hindurch zu einem neuen Kreisel, der das Industrie- und Gewerbegebiet zwischen Kesselbach, Bahnlinie und Industriestrasse an die Umfahrung anbindet. Von hier wird die Umfahrung in einer leichten Kurve rietseitig am Gewächshaus von Segmüller Gemüsebau vorbei über die Rietstrasse hinweg zur Rorschacherstrasse geführt. Dort mündet sie altstättenseitig des Discounters Lidl in einen weiteren neuen Kreisel.Auf eine Prognose, wann die Ostumfahrung für den Verkehr freigegeben werden kann, lässt sich niemand festlegen. «Das wäre Kaffeesatzlesen», sagt Manfred Huber. Im Zuge des Vernehmlassungs- und des Auflageverfahrens könne es zu Verzögerungen kommen. Und nicht zuletzt: Der Realisierung muss der Kantonsrat erst den Segen geben. Und das nächste Strassenbauprogramm für die Jahre 2024 bis 2028 kommt erst 2023 vor den Rat.Stadtpräsident Ruedi Mattle schliesst zwar nicht aus, dass der Kredit dem Kantonsrat bereits früher vorgelegt wird, damit der Bau vorgezogen werden könnte: «Für den Stadtrat ist die Ostumfahrung ein hoch priorisiertes Projekt», betont er, «wir werden die Realisierung weiterhin vorantreiben.» Dies, damit sich der Verkehr möglichst bald aus dem besiedelten Gebiet auf die Umfahrung verlagert.Kein Strassenprojekt ohne EinsprachenDas vorgezogene Einholen des Baukredits setzt aber voraus, dass sich die Landverhandlungen mit den Grundeigentümern (mit denen man noch nicht begonnen hat) und eben auch die Bereinigung von Einsprachen gegen das Projekt nicht allzu sehr in die Länge ziehen. Dass es Einsprachen geben wird, ist wahrscheinlich: An einem Anlass der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Gesellschaft AWG der CVP Altstätten im Herbst 2015 zur Ostumfahrung sagte Kantonsingenieur Marcel John (damals war er noch stellvertretender Kantonsingenieur), dass er noch kein Strassenprojekt erlebt habe, gegen das keine Einsprachen eingereicht worden wären, sei es von Grundeigentümern oder von Umweltschutzverbänden. Wir wagen frech eine Prognose: Angenommen, die Ostumfahrung kommt regulär mit dem nächsten Strassenbauprogramm vor den Kantonsrat (also 2023), angenommen, das Projekt hat auch dann noch Priorität, angenommen, es würde nach den Arbeitsausschreibungen und -vergaben gegen Ende 2024 mit dem Bau begonnen, und angenommen, man brauchte für den Bau wie für die (etwas kürzere) Südumfahrung zweieinhalb Jahre, so könnte die Ostumfahrung frühestens im Herbst 2027 für den Verkehr freigegeben werden.Ab 2025 noch häufiger warten am BahnübergangBis dahin wird ein Grossteil des Verkehrs weiterhin über den Bahnübergang beim Bahnhof fahren, beziehungsweise dort vor den geschlossenen Schranken warten. Ab Dezember 2025 sogar noch häufiger als heute. Denn dann wollen die SBB auf der Rheintallinie den Fahrplan für die Schnellzüge zum Halbstundentakt verdichten. Zweittext:Neben dem Umfahrungskorridor wird bereits gebautMit dem Bau der Ostumfahrung möchte der Stadtrat die Stadt vom Verkehr entlasten. Die Umfahrungsstrasse bietet aber auch einen erheblichen Nutzen für die Betriebe zwischen Bahnlinie, Industrie- und Kesselbachstrasse sowie im Industriegebiet Baffles. Sie bekommen damit eine schnelle Verkehrsanbindung sowohl von und zur Autobahn als auch an die Rorschacher- und (über die bereits bestehende Südumfahrung) an die Oberrieterstrasse.Davon profitiert beispielsweise die Post, die im Baffles vor drei Jahren ihr neues Verteilzentrum für Altstätten und die umliegenden Dörfer eingerichtet hat.Gleich daneben baut die Rhein-Immobau AG, hinter welcher die Familien Willi stehen, noch dieses Jahr einen weiteren Gewerbebau. Er kommt direkt an den Freihaltekorridor für die Ostumfahrung zu stehen. Der mit einer Metallfassade verkleidete Holzständerbau mit einer Grundfläche von rund 63 auf 27 Meter werde an mehrere Gewerbebetriebe aus Altstätten vermietet, sagt Rhein-Immobau-Verwaltungsrat Christian Willi.Für diese Mieter stehe zwar im Vordergrund, hier ihre Betriebe erweitern zu können. Die komfortable Verkehrsanbindung über die Ostumfahrung werde aber natürlich ein willkommener zusätzlicher Vorteil sein, sagt Willi. Der SVP-Kantonsrat und frühere Stadtrat teilt die Meinung des heutigen Stadtrats, dass die Ostumfahrung für Altstätten wichtig ist. Die heutige Erschlies-sung vieler Betriebe über den Bahnübergang Grüntal sei «wirklich keine glückliche Situation».Max Tinner