27.09.2021

«Die Lösung ist gut, hat aber Verbesserungspotenzial» – Studieren mit 3G (Teil 1)

An vielen Schweizer Hochschulen gilt seit diesem Semester die Zertifikatspflicht. Die Meinungen der Studierenden zu diesem Bundesratsentscheid teilen sich. Wir bringen Pro und Kontra zur Sprache.

Von ddm
aktualisiert am 03.11.2022
Name: Elias Alter: 21 Wohnort: Au Beruf: Jus-StudentElias studiert Recht an der HSG. Auch er ist von der Zertifikatspflicht betroffen. Im Interview erzählt der 21-Jährige, weshalb er den Bundesratsentscheid unterstützt und was er daran ändern würde.Was hältst du von 3G an Unis und Hochschulen? Das Zertifikat gibt uns Studierenden Freiheit zurück. Dadurch, dass die Schule ein Zertifikat verlangt, können die Hörsäle wieder voll besetzt werden. Zudem müssen die Studierenden keine Masken mehr tragen. Auch die Interaktion zwischen den Menschen auf dem Campus ist viel näher, da man sich gegenseitig auch wieder erkennt. Das war zuvor nicht möglich, was ich schade fand, da die Uni viel mehr ist als nur lernen. Dank dem Zertifikat kann man sich auch wieder untereinander austauschen.Bist du geimpft oder genesen? Die erste Impfung habe ich seit zwei Wochen. Momentan muss ich mich noch testen lassen, da an der HSG stichprobenartig kontrolliert wird. Wer sich ohne Zertifikat auf dem Campus aufhält, muss ihn verlassen. Die HSG hat eine Teststation aufgestellt, an der man sich unkompliziert und schnell testen lassen kann. In zwei Wochen habe ich dann die zweite Impfung.Wie hat sich dein Schulalltag seit der Zertifikatspflicht verändert? Wenn man es mit dem vergangenen Semester vergleicht, als noch alles online war, hat sich schon vieles verändert. Dank dem Zertifikat kann uns die Uni eine Möglichkeit bieten, wieder vor Ort zu studieren. Davor bestand mit dem Hybrid- oder Online-Modus und beschränkten Plätzen in den Hörsälen die Gefahr, dass ich einen gefüllten Hörsaal vorfinde und auf die Bibliothek ausweichen musste, wo teilweise auch kein Platz frei war. Dann hätte ich irgendwo draussen sitzen müssen und von dort eine Zoom-Vorlesung mitverfolgt. Dass ich die Schule wieder besuchen kann, gibt mir eine gewisse Sicherheit. Klar muss ich zurzeit noch den Test machen, was meines Erachtens ein minimaler Mehraufwand ist. Den Test mache ich ja auch, wenn ich ins Gym oder in ein Restaurant gehen will.Welche Vor- und Nachteile siehst du im 3G-Reglement? Ein Vorteil ist, dass man bei konsequenter Durchführung die Sicherheit beziehungsweise geringe Wahrscheinlichkeit hat, als getestete, genese oder geimpfte Person angesteckt zu werden oder andere anzustecken. Andererseits muss man sagen – bezogen auf die Massnahmen – dass durch die Zertifikatspflicht Kosten entstehen können. Als Studierende kann man es sich schlichtweg nicht leisten, jedes Mal 50 Franken zu zahlen. Das empfinde ich als negativ. Jede und jeder soll selbst über die Impfung entscheiden. Ich persönlich habe keine Angst vor der Impfung und aus wissenschaftlicher Sicht spricht für mich nichts dagegen. Tendenziell gibt es mehr Argumente dafür und wenn man an einer Uni studiert, ist man auch eher affin gegenüber einer solche Auseinandersetzung. Trotzdem soll es allen selbst überlassen bleiben, was er oder sie machen möchte. Deswegen finde ich es nicht so gut, dass Ungeimpfte die Testkosten tragen sollen und aus einer politischen Sicht zur Impfung gedrängt werden.In der Schweizer Bevölkerung haben sich Gräben gebildet. Viele, auch Studierende, sehen die neue 3G-Regel als versteckten Impfzwang. Einerseits kommt die Impfung als einzige machbare Lösung daher, weil ständiges Testen sehr teuer ausfällt. So gesehen ist diese Meinung verständlich. Andererseits ist die Impfung nichts unglaublich Schlimmes. Wenn man sich genügend damit befasst – hierfür hat das BAG eine gute Website – können die Informationen der Experten bestehende Bedenken und Ängste lindern.Es gibt Studierende, die von Diskriminierung und Einschränkung der Bildung sprechen. Inwiefern stimmst du dieser Meinung (nicht) zu? Ich finde, dass keine direkte Diskriminierung besteht. Von der Wortbedeutung her kann man zwar von Diskriminierung sprechen, da zwischen Menschen unterschieden wird. In diesem Fall ist diese Unterscheidung aber gerechtfertigt. Wer nicht geimpft oder genesen ist, stellt nun mal ohne Test ein grösseres Risiko für die Gesellschaft dar.Gibt es eine alternative Lösung, die dich persönlich mehr überzeugt hätte? Die Lösung, die wir zurzeit haben, finde ich gut. Es gibt jedoch einzelne Aspekte mit Verbesserungspotenzial. An der HSG gibt es einzelne Kurse, die hybrid angeboten werden. So können Studierende, die sich gegen eine Impfung oder Tests entschieden haben, den Unterricht trotzdem mitverfolgen. Es gibt aber auch Kurse, die nur vor Ort besucht werden können. Hier müsste etwas unternommen werden, damit jede und jeder das Studium ungehindert fortsetzen kann. Das wäre auch sinnvoll für Risikopatientinnen und Risikopatienten, da auch geimpfte oder fälschlicherweise negativ getestete Personen andere anstecken können. Ein Hybridmodus für alle wäre daher angebracht. Zudem bilden die Tests gut ab, wie sich die pandemische Situation entwickelt. Kostenpflichtige Tests machen uns demnach blinder für die Entwicklung der Situation. Es ist aber im Interesse aller, die Pandemie zu beenden. Ja, die Tests kosten. Aber das Geld kommt von den Steuerzahlern. Wenn wir nicht in einem von der Pandemie geschwächten Land leben wollen, sollte es auch im Interesse der Jungen sein, sich impfen zu lassen. Man sollte jedoch nur diejenigen mobilisieren, die dazu bereit sind oder wären. Ich habe mich auch nicht impfen lassen, weil ich musste, sondern weil ich mehr Vorteile als Nachteile sehe.  

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