05.01.2022

«Die letzten Jahre waren die besten»

Dominic Schmitter beendet 27-jährig seine Karriere als Motorradrennfahrer. «Nach mehr als 20 Jahren ist es Zeit für etwas Neues», sagt er.

Von ys
aktualisiert am 02.11.2022
Der Altstätter hat mit einer Videobotschaft seinen Rücktritt verkündet. Der Sohn eines töffbegeisterten Vaters sass schon als Dreijähriger erstmals auf einem Motorrad, seit 1999 fuhr Dominic Schmitter ununterbrochen Rennen. Er bestritt 2016 als erster Schweizer eine ganze Saison in der Superbike-WM und war der erste seit 17 Jahren, der Punkte gewann. Zuletzt fuhr Schmitter fürs Team Hess Racing. 2018 und 2019 wurde er Schweizer Meister mit Siegen und Pole Positions in allen Rennen. In der IDM (Int. Deutsche Meisterschaft) beendete Schmitter die Gesamtwertung 2020 als Dritter und fuhr mehrmals aufs Podest, im letzten Juni gewann er in Most (Tschechien) gar ein Rennen. Im August musste Schmitter die Saison nach einem schweren Sturz beenden, zu diesem Zeitpunkt führte er die Gesamtwertung an. [caption_left: Die gelbe Suzuki war Dominic Schmitters erstes Motorrad, darauf sass er schon als Dreijähriger.  Bild: pd]«Es gibt nicht den einen Grund für den Rücktritt»«Ich dachte schon seit zwei, drei Jahren über einen Rücktritt nach», sagt Schmitter, «ich hatte aber immer die Unterstützung der Sponsoren und fuhr erfolgreich – es gab keinen Grund, um aufzuhören.» Es ist auch jetzt nicht so, dass dem Altstätter die Rennfahrerei verleidet ist oder er gar verbittert ist: «Den einen Grund für meinen Rücktritt gibt es nicht – viele Faktoren haben dazu geführt, dass dieser Entscheid für mich jetzt der richtige ist.» Ein Faktor ist seine beruflichen Situation: Schmitter befindet sich als Praktikant in der Ausbildung zum Fahrlehrer.«Wie schlimm musste das für meine Eltern sein?»Der schwere Sturz in Assen spielt auch eine Rolle. Dabei brach sich Dominic Schmitter die Hüfte und wurde von seinem Motorrad am Hals getroffen, was schlimm hätte enden können: «Der Arzt sagte mir, dass ein Kilogramm mehr Aufschlagskraft schwerste Folgen hätte haben können.» Auch so musste Schmitter lange leiden: «Beim Schauen in einem bestimmten Winkel sah ich bis im Dezember doppelt.» Leiden mussten auch seine Eltern: «Sie erhielten zuerst nur die Information, dass ich bewusstlos liegengeblieben sei.» Kaum wieder bei Bewusstsein, rief Schmitter aber daheim an.[caption_left: Sein letzter Sieg: Im Juni gewann Dominic Schmitter den IDM-Lauf im tschechischen Most.  Bild: pd]Heute bin ich fitter als in meinem WM-Jahr»«Ich hatte eine sehr schöne Karriere und feierte viele Erfolge», sagt Dominic Schmitter. «Ich würde nicht vieles anders machen, wenn ich nochmals von vorne beginnen könnte.» Nur etwas bereut er: «Ich hätte früher mehr trainieren sollen, was meine Athletik betrifft. In meinem WM-Jahr 2016 war ich zwar fit, aber die Besten waren athletisch besser. Inzwischen bin ich dank zielgerichtetem Training in den letzten Jahren auch auf diesem Niveau.» Das Jahr in der Supersport-WM bei Go Eleven Kawasaki würde er heute nicht mehr machen: «Dort hatte ich nicht das konkurrenzfähige Motorrad, das mir versprochen wurde.» Die beste Zeit habe er in den letzten vier Jahren unter Teamchef Koni Hess gehabt: «Ideal wäre gewesen, wenn ich schon früher auf ihn getroffen wäre.»«Die Superbike-WM war mein Traum»«Ich wollte immer um Siege fahren, deshalb habe ich auch einige scheinbar gute Angebote ausgeschlagen», sagt Schmitter, «es bringt nichts, in der Supersport-WM oder der Moto 2 mit nicht konkurrenzfähigem Material der Konkurrenz hinterher zu fahren.» Eine Ausnahme war das Superbike-WM-Jahr 2016 bei Grillini Kawasaki: «Das Motorrad hatte bis zu 30 km/h weniger Topspeed als die schnellsten Töffs. Aber es wurden keine Wunderdinge erzählt, der Teamchef sagte: ‹Ich bin zufrieden, wenn du ins Ziel kommst.›» Er habe bei Grillini für eine Summe fahren können, die sogar vielen Hobbyfahrern nicht für eine Saison reiche. Schmitter gewann fünf WM-Punkte, «auch wenn das Motorrad nicht mal schnell genug war, um hinterherzufahren. Die Superbike-WM war mein Traum, das Angebot von Grillini musste ich annehmen.» «Ich habe den Fehler immer bei mir gesucht»«Wenn mir Teams falsche Versprechen machten, wurde ich ungemütlich. Aber ich konnte, anders viele andere, stets meine Fehler erkennen, statt dem Material die Schuld zu geben», sagt Schmitter. Schon in jungen Jahren habe er von Konkurrenten abgeschaut, was sie besser machten. Als 2020 Überflieger Jonas Folger in der IDM fuhr, blieb er in der Quali oft bis zum letzten Moment draussen, um Folgers Fahrstil zu beobachten: «So war ich sofort deutlich schneller als zuvor.» Diese Einsicht habe seinem letzten Teamchef von Anfang an imponiert: «Als er das Motorrad für mich umstellen wollte, sagte ich: ‹Lasst das Motorrad so, wie es ist. Ich bin’s, der langsam ist.›»«Die Fans im Rheintal standen immer hinter mir»«Das Rennfahren werde ich nicht vermissen», sagt Schmitter, «denn das würde bedeuten, dass ich noch nicht abgeschlossen habe.» Fehlen dürfte ihm aber der lokale Rückhalt: «Die Rheintalerinnen und Rheintaler – Sponsoren wie Fans – sind sehr begeisterungsfähig. Ich spürte einen riesigen Zusammenhalt.»

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