Wochenlang haben ihre Anhänger in den Leserbriefspalten aufeinander geschossen und dabei ganze Seiten gefüllt. Am Dienstagabend ist es nun – an einem von allen Ortsparteien organisierten und von Gert Bruderer (dem Chefredaktor des «Rheintalers» und der «Volkszeitung») moderierten Wahlpodium und nach einer kurzen Präsentation aller weiteren Kandidaten für den Gemeinderat – zur direkten Konfrontation der beiden Kontrahenten ums Balgacher Gemeindepräsidium gekommen. Die amtierende Gemeindepräsidentin Silvia Troxler stellte sich der Kritik ihres Herausforderers Reto Schmidheiny und schoss auch – ein wenig –zurück.Führungsschwäche wirft Schmidheiny Troxler vor, mangelnde Kommunikation, und dass Projekte von ihr verschleppt würden. Zwar betonte er, es gehe um die Sache und nicht um die Person. Letztlich zielt die Kritik aber halt doch auf Troxler, und so hatte jene über weite Strecken sich und ihre Arbeit zu rechtfertigen. Balgach kann nicht einfach Leute vom Stuhl schubsenDer Vorwurf der Führungsschwäche enthält zwei Aspekte. Zum einen sollte Balgach nach Ansicht Schmidheinys in Gremien der Region, in denen Beschlüsse gefasst werden, die sich in besonderem Mass auf die Gemeinde auswirken, den Lead übernehmen, beispielsweise wo es um Verkehrsfragen geht oder um den Hochwasserschutz am Binnenkanal: «Es ist entscheidend, hier drin zu sein – je später man einbezogen wird, umso weniger kann man korrigierend eingreifen.»Troxler ist der Ansicht, dass Schmidheiny mit dieser Forderung eine offene Tür einrennt: «In diesen Gremien ist Balgach bereits vertreten und bringt sich dort ein.» Die Zusammensetzung der Kommissionen könne man aber nicht einfach so ändern. Bildlich umformuliert: Der Präsident einer regionalen Kommission kann nicht einfach vom Sessel geschubst werden, nur weil der Balgacher Gemeindepräsident drauf sitzen möchte.Führungsschwäche ortet Reto Schmidheiny zum anderen aber auch in Troxlers eigenem Stall, in der Gemeindeverwaltung. Dies zeigten im Besonderen die vielen wechselnden Gemeinderatsschreiber. Da habe es tatsächlich Probleme bei der Besetzung der Stelle gegeben, räumte die Gemeindepräsidentin ein. Die anspruchsvolle Aufgabe sei unterschätzt worden. Es habe sich gezeigt, dass besonders junge Leute mit noch fehlender Erfahrung in Rechtsfragen schnell überfordert seien.Der Kritik aus dem Publikum, die Gemeinde gebe zu viel Geld für externe Gutachter aus, hielt sie entgegen, dass Balgach eine kleine Gemeinde sei. Wissen, das in der schlank aufgestellten Verwaltung nicht verfügbar sei, müsse eingekauft werden. Die Alternative wäre ein Stellenausbau zu einer Verwaltung, wie eine Stadt sie hat.Diesen Punkt stellte Schmidheiny nicht in Abrede. Er ist aber der Meinung, mit den komfortablen Eigenkapitalreserven könnte die Gemeinde der Bevölkerung mehr bieten, im Besonderen den Jugendlichen. Er nannte als Beispiel den Skaterpark: «Jugendliche sollte man nicht hinter Zäune sperren.»«Es bitzli erschtuunt» sei sie schon, meinte Silvia Troxler dazu. Abgesehen davon, dass man am Skaterpark dran sei, hätte Schmidheiny, der ja immerhin seit 2017 im Gemeinderat sitze, solche Wünsche ja längst direkt im Rat einbringen können, statt erst am Wahlpodium damit zu kommen. Er habe oft – mit Herzblut – Anträge eingebracht; leider oft ohne Erfolg, hielt Schmidheiny entgegen. Besonders stört er sich daran, wie die Gemeinde Projekte angeht. Das Publikum kam dann in den Genuss einer Kurzlektion in Projektmanagement, so wie er es sich fürs Projekt Wohnen im Alter gewünscht hätte. Diepoldsau habe das, unter Einbezug aller Anspruchsgruppen, viel besser gemacht.Gemeinderäte sollen Ferien im Altersheim machenSilvia Troxler weist den Vorwurf, sie verschleppe Projekte, weit von sich. Es werde unterschätzt, was alles dahinter stecke und wie viele Ansprüche es zu berücksichtigen gelte. Bei komplexen Vorhaben wie dem Altersheimprojekt lohne es sich zudem, mehr als einmal hinzuschauen. Dazu gab es allerdings auch Kritik aus dem Publikum. Die Gemeinderäte sollten ein paar Wochen Ferien im heutigen Altersheim machen, hiess es. Sie sähen dann, wie viele der alten Leute noch in der Lage seien, am Berg spazieren zu gehen. Dann würden sie vielleicht drauf kommen, wo ein Altersheim am gescheitesten zu bauen wäre.Obwohl Silvia Troxler weitgehend defensiv argumentierte, wurde sie doch angriffig, als Reto Schmidheiny ihr vorwarf, das Hochwasserschutzprojekt Wolfsbach sei nicht substanziell vorwärts gekommen: «Reto, du weisst genau, dass wir weitergehende Abklärungen zu den Auswirkungen auf die Länderenaach und den Binnenkanal machen mussten», entgegnete sie scharf. Ausserdem sei es im Ingenieurbüro zu einem Personalwechsel gekommen, worauf sich der neue Ingenieur erst habe einarbeiten müssen. «Es ist nicht so, dass nur die Präsidentin bremst», hielt sie fest. Den Wolfsbach führte Schmidheiny auch an, um die angeblichen Kommunikationsschwächen der Gemeindepräsidentin zu belegen: «Es gibt immer noch Leute, denen nicht klar ist, dass wir am Wolfsbach ein Hochwasserproblem haben», stellte er fest. Es sei wichtig, nicht nur über die Endergebnisse, sondern auch über Zwischenergebnisse zu informieren. Er jedenfalls würde die Kommunikation anders angehen, würde er zum Gemeindepräsidenten gewählt, meinte Schmidheiny: «Mehr nach dem Prinzip des Öffentlichkeitsgesetzes als nach jenem des Amtsgeheimnisses.»Hierin zeigte sich Silvia Troxler teilweise einsichtig. Sie gestand zwar keinen Fehler ein, meinte aber, dass sie die letzten Jahre wohl mehr über die laufenden Geschäfte informiert hätte, wäre ihr das Informationsbedürfnis bewusst gewesen. Grosses Scherbenkleben nach den WahlenTrotz Maskenpflicht kamen um die 200 Interessierte an die Veranstaltung, was grob etwa einem Fünftel bis einem Viertel der regelmässig Abstimmenden entspricht. Balgach zählt freilich über 3000 Stimmberechtigte. SP-Präsidentin Karin Hasler rief deshalb zum Schluss der Veranstaltung auf, am 27. September wählen zu gehen: «Je höher die Stimmbeteiligung, umso besser legitimiert ist die Wahl.» Es täte dem Dorf gut, ist auch Silvia Troxler überzeugt: Nach dem Wahlgeplänkel der letzten Wochen werde nämlich «einige Arbeit nötig sein, die Gemeinde wieder zu einen», meinte sie. Oder, bildlicher gesprochen: Der neue Gemeindepräsident oder die bestätigte Gemeindepräsidentin wird nicht wenig während des Wahlkampfs zerschlagenes Geschirr zu kitten haben.