17.02.2020

«Die Hemmschwelle scheint hoch»

Seit gut 100 Tagen waltet Urs Müller (FDP) als Stadtpräsident von Rheineck. Insbesondere die Finanzen stimmen ihn zuversichtlich.

Von Interview: Jolanda Riedener
aktualisiert am 03.11.2022
Interview: Jolanda Riedener Sie sagten kürzlich in einer Umfrage, Sie wünschen sich in Rheineck wieder einen Metzger. Wie läuft es mit der Suche?Urs Müller: Ich habe tatsächlich bereits interessante Gespräche geführt. So einfach ist das natürlich nicht. Detailhandel so nahe an der Grenze zu betreiben, ist nicht einfach. Aber in Rheineck dürfen wir uns über das Angebot an Geschäften glücklich schätzen. Wir haben zum Beispiel zwei florierende Bekleidungsgeschäfte. Ich glaube ausserdem, es könnte künftig ein Umdenken stattfinden und die Leute kaufen wieder vermehrt im eigenen Dorf ein. Inzwischen sind Sie von Thal nach Rheineck umgezogen. Mir war wichtig, dass ich bei Amtsantritt in Rheineck wohne. Ich und meine Frau sind Ende August in eine Wohnung gezogen. Ursprünglich waren wir auf der Suche nach einem Haus, das hat aber nicht geklappt. Wir fühlen uns aber sehr wohl. Wie haben Sie die ersten Monate im Rathaus erlebt? Anfang November habe ich meine Arbeit aufgenommen. Das war eine intensive Zeit, da gegen Ende Jahr immer viel läuft. Aber das alles ist auch wahnsinnig spannend und die Zusammenarbeit im Rathaus ist top. In einem Monat leiten Sie Ihre erste Bürgerversammlung. Wie steht es um die Finanzen? Gut, wir beantragen der Bürgerschaft eine Senkung des Steuerfusses um fünf Prozentpunkte auf neu 119 Prozent. Die Erfolgsrechnung weist einen Gewinn von rund 1,1 Millionen Franken auf. Ausserdem senken wir die Feuerwehrersatzabgaben von 20 auf 10 Prozent. Das hängt mit der Umstellung aufs neue Rechnungsmodell RMSG zusammen. Denn ein Überschuss beim Konto Feuerschutz kann nicht mehr einfach ins Eigenkapital überführt werden. Trotzdem: Wir werden nicht auf Teufel komm raus Steuern senken und die Infrastruktur vernachlässigen. Wie haben Sie bisher den Austausch mit der Bevölkerung erlebt? Ich habe schon einige gute Gespräche geführt. Meine Bürotür steht immer offen und ich bin gerne für persönliche Gesprä-che bereit. Leider scheint die Hemmschwelle doch eher hoch zu sein. Kürzlich habe ich ein interessantes Schreiben erhalten, auf das ich gerne geantwortet hätte, doch es kam ohne Absender. Nun will ich an der Bürgerversammlung im März darauf antworten. Dieses Jahr gibt es keinen Fasnachtsumzug in Rheineck. Sind solche Veranstaltungen nicht mehr gefragt? Schläft das Dorfleben im Städtli ein? Ich glaube nicht, dass der Fasnachtsumzug nicht gefragt ist. Das Bedürfnis ist da. Das OK hat den Anlass kurzfristig abgesagt, viele hatten sich schon auf den Umzug gefreut und Kostüme vorbereitet. Hätten die Verantwortlichen mit uns das Gespräch gesucht, hätten wir eine Lösung gefunden. Es ist nicht Aufgabe der Stadt, einen Fasnachtsumzug zu organisieren. Ich bin aber sicher, wir hätten vermitteln können, auch bei den Finanzen. Ich gehe davon aus, dass es kommendes Jahr wieder einen Umzug gibt. Welche Projekte beschäftigen Sie aktuell? Es gibt einige Infrastrukturprojekte, bei denen mir meine Bauvergangenheit zugutekommt. Zum Beispiel stehen mehrere Bachsanierungen an. Auch die Planung des Grünau-Areals wollen wir an die Hand nehmen, und erste Schritte sind beim Thema Kindergarten vorgesehen. Im Jahr 2018 hat die Bevölkerung Nein gesagt zu einem zentralen Kindergarten-Neubau. Müssen Sie bald handeln, da Sie das Thema erneut angehen? Ja, wir müssen definitiv etwas machen. Der Kindergarten Kugelwis ist sanierungsbedürftig. Deshalb treiben wir das Projekt Kindergärten voran. Als Erstes ist im Frühsommer eine Informationsveranstaltung geplant, an der wir die Meinung der Bevölkerung abholen. Ich will die Bürger ernst nehmen. Thal hat seit Anfang Jahr ebenfalls ein neues Gemeindeoberhaupt: Mit Felix Wüst sind Sie früher zur Schule gegangen. Wie ist die Zusammenarbeit mit dem neuen Nachbarn angelaufen? Wir arbeiten oft mit den Nachbargemeinden zusammen. Zum Beispiel betreiben wir mit Thal eine Kita. Dieses Jahr führt Thal die schulergänzenden Tagesstrukturen ein, hier können wir bestimmt von den Erfahrungen unseres Nachbarn lernen. Gerade für Zuzüger sind Tagesstrukturen und Betreuungsangebote ein entscheidender Faktor und gehören mittlerweile zur Grundausrüstung einer Gemeinde.

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