28.09.2020

Die Heimtüren sollen offen bleiben

Die Altersheime im Rheintal wollen verhindern, dass ihre Bewohner wegen Corona erneut isoliert werden müssen.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Es waren einschneidende Erlebnisse im Frühling, als in den Alters- und Pflegeheimen die Bewohnerinnen und Bewohner faktisch von der Aussenwelt ausgeschlossen wurden. Sie durften einige Wochen lang das Haus nicht verlassen und es war ihnen untersagt, Besuch zu empfangen. Das soll nicht wieder nötig werden. Auch nicht, falls die Zahl der Coronainfektionen nach dem jüngsten Anstieg weiter zunehmen sollte. Wir haben uns umgehört, ob und wie sich die Alters- und Pflegeheime im Rheintal auf den Coronaherbst vorbereitet haben.«Die Massnahmen, die jedem bekannt sind, halten wir ein», sagt Yvonne Naef, Leiterin Zentrum Augiessen in Widnau. Sie lauten Abstand halten, Hände waschen und das Contact Tracing der Besucher möglich machen. «Das ist jetzt schon so und bleibt auch so.» Dort, wo der Abstand im Zentrum Augiessen nicht eingehalten werden kann, gilt eine Maskenpflicht.Sollte die Fallzahl massiv steigen, gibt der Kanton den Weg bezüglich etwaiger stren­gerer Regeln vor. Solange dies nicht eintritt, dürfen die «Augiessen»-Bewohner so viel und so oft Besuch empfangen, wie sie mögen. Allerdings nicht mehr als zwei Personen gleichzeitig. Beschränkungen legt die Heimleitung erst fest, wenn sich zu viele Menschen in einem Raum aufhalten. Dann könnten die Bewohner mit ihrem Besuch zum Beispiel von der Cafeteria in ihre Zimmer wechseln.«Augiessen» ist bisher frei vom CoronavirusIm Zentrum Augiessen hat es bisher keinen Coronafall gegeben, in Quarantäne hat sich ein Neueintritt aufgehalten. «Das ist eine schöne Bilanz», sagt Yvonne Naef. Sie sehe keinen Anlass, besondere Vorkehrungen zu treffen. «Es sei denn, der Kanton spricht andere Empfehlungen aus.» An das Virus gewöhnen kann sich Yvonne Naef nicht, sich aber mit ihm arrangieren. Die Zentrumsleiterin empfindet es als belastend, nicht abschätzen zu können, wie lange die Pandemie dauern wird. Sie probiert, im Heim eine gewisse Normalität mit Einschränkungen zu erreichen. «Aus meiner Sicht haben die Bewohner bisher nicht gelitten», sagt sie. Laut dem Ergebnis einer Umfrage fühlen sie sich nach wie vor gut betreut.«Wir sind parat», sagt Martina Caimi-Künzler, Leiterin des Alters- und Pflegeheims Fahr in St. Margrethen. «Wir haben das Schutzkonzept angepasst, das Lager mit Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln aufgefüllt.» Ausserdem verzichtet das «Fahr» bis Ende Jahr darauf, die Bevölkerung zu geselligen Veranstaltungen im Haus einzuladen. Dieser Tage haben die Mitarbeiter eine Schulung durchlaufen. «Die führen wir jedem Herbst durch», sagt Mar­tina Caimi. Dieses Jahr liegt der Schwerpunkt darauf, wie ein Isolierzimmer eingerichtet wird. Ausserdem lernen die Pflegefachleute, an welchen Merkmalen sie eine Covid-19-Erkrankung erkennen. «Unser Ziel ist es, die Heimtüren nicht mehr schliessen zu müssen.» Die einschneidenden und einschränkenden Erfahrungen im Frühjahr möchte die Heimleiterin sowohl den Bewohnern als auch den Mitarbeitern ein zweites Mal ersparen.Die Pflegerinnen und Pfleger mussten zum Beispiel Aufgaben erledigen, die sonst Angehörige übernehmen. Damit das unter Umständen nötig werdende Mehr an Aufwand zu bewältigen ist, kann Martina Caimi ehemalige Mitarbeiter reaktivieren. Sie würden eingesetzt, falls es zu Covid-19-Fällen im Haus käme. Einen Vorsprung gegenüber dem März sieht sie in der erworbenen Erkenntnis: «Wir wissen mittlerweile, dass zwar viele Menschen sterben, wir aber keine Angst vor einer grossen Todeswelle haben müssen», sagt sie.Die Hausgemeinschaft hat sich gefestigtLatent spürt Bernhard Handke immer die Angst: «Was wäre, wenn das Virus ins Haus käme?» Der Leiter des Alters- und Pflegeheims Städtli in Berneck sorgt sich um das Wohlbefinden der Heimbewohner. Er fragt sich, ob er den Heimbetrieb aufrechterhalten könnte, falls mehrere Mitarbeiter ausfielen. «Ich kann mir aber vorstellen, dass ich auf die Unterstützung anderer Heime zählen kann, sollte ich in Not geraten», sagt er. Diesen Schluss zieht der «Städtli»-Leiter aus der aus seiner Sicht gut funktionierenden und partnerschaftlichen Zusammenarbeit der Heime in der Region.Um das Ansteckungsrisiko zu vermindern, gehört der Kommission für Alter und Pflege der Bernecker Arzt Urs Eggmann an. Bernhard Handke steht stets mit ihm in Verbindung. Für das Schutzkonzept hat die Kommission die Vorlage des Heimverbandes Curaviva ans «Städtli» angepasst. Zum Beispiel müssen Besucher unterschreiben, dass sie ohne Symptome sind. «Das Konzept hat sich bewährt und bleibt bestehen», sagt Bernhard Handke. «Es sei denn, der Kanton spricht ein Besuchsverbot aus oder das Virus tritt im Heim auf.» Der Heimleiter möchte dies solange wie möglich verhindern. «Ich schätze es, dass die Bewohner wieder uneingeschränkt ihre Angehörigen empfangen und mit ihnen etwas unternehmen können», sagt er.Sollten ein oder mehrere Bewohner infiziert werden, nennt Bernhard Handke als eine Möglichkeit, einen Trakt vom übrigen Heimbetrieb zu lösen und unter Quarantäne zu stellen. In dem Fall muss nicht das ganze Heim von der Aussenwelt ausgeschlossen werden.Eine positive Erkenntnis hat der Heimleiter aus dem Lockdown gewonnen: «Die Bewohnerinnen und Bewohner hatten weniger Kontakt zu ihren Angehören. Sie sind mehr als früher aufeinander zugegangen.» Das habe die Hausgemeinschaft gefestigt. «Es haben sich zum Beispiel Jassgruppen gebildet.»

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