16.04.2020

Die heikle Zeit kommt erst jetzt

Die Obstbäume haben unter den Frostnächten stärker gelitten als die Reben. Jetzt sollte es aber keine Minustemperaturen mehr geben.

Von Reto Wälter
aktualisiert am 03.11.2022
Reto Wälter«Zwetschgen wird es dieses Jahr keine geben», sagt Erwin Saxer, Obstbauer in Lüchingen. Die Birnen hätten sicher auch gelitten, da sei es aber noch zu früh, um von Schäden zu sprechen. Erfriert nur ein Teil der Blüten, können die anderen bei gutem weiteren Wachstumsverlauf den Ausfall kompensieren. Die betroffenen Bäume stehen in der Ebene und waren darum von den Frostnächten am Monatsübergang von März zu April stärker gefährdet als die Apfelbäume, die Saxer am Hang stehen hat. Ebenfalls einen Unterschied konnte der Obstbauer zwischen den Nieder- und Mittelstammbäumen und den Hochstammbäumen erkennen – je höher der Baum, desto wärmer die Lufttemperatur und entsprechend weniger Schaden. Ein Glück ist, dass die meisten Apfelbäume erst jetzt voll zu blühen beginnen. Frostnächte sind in dieser Jahreszeit üblichNoch nicht abschätzen kann Markus Hutter, Betriebsleiter von Rheinobst in Au, ob Schaden entstanden ist. Später blühende Apfelsorten wie Gala waren von den Frostnächten kaum betroffen, während etwa der früh blühende Gravensteiner stärker gefährdet war. Sicher ist, dass als Folge der seit längerem für die Jahreszeit hohen Temperaturen die Vegetation schon weit fortgeschritten ist, was in anderen Jahren schon zu Problemen führte. Denn Frostnächte sind bis zu den Eisheiligen Mitte Mai nicht unüblich. Keine Option war für die beiden Obstbauern, Frostkerzen aufzustellen. Der Aufwand dafür wäre zu gross, weil sich die Frostperiode über eine längere Zeit erstrecke und nicht immer vorhersagbar sei, wann und ob es Frost gebe. Die Kerzen kommen auch für die Winzer nicht in Frage. Da Wärme in die Höhe steigt, müsste in den Hanglagen praktisch jede Rebe mit einer Wärmequelle ausgerüstet werden. Allerdings war die Situation Anfang April für die Reben auch noch keine Gefahr, da sie noch kaum ausgetrieben haben. «Zudem war es nicht so kalt, wie wir erwartet hatten», sagt Roman Rutishauser, Inhaber vom gleichnamigen Weingut am Steinig Tisch in Thal. Auch er profitiert von der Hanglage, die Kälteseen bildeten sich im Talkessel. Kritisch wurde es diese Woche höchstens für die Jungpflanzen, die auf geringer Höhe austreiben. Sicher sei es bisher nicht zu vergleichen mit 2017, als das Thermometer Mitte April noch viel tiefer gefallen sei, als in der Kältewelle dieses Jahres. Ein Vorteil war, dass tiefe Temperaturen das Wachstum hemmen. «Reben wachsen in der Nacht nicht, wenn es unter fünf Grad kalt ist», sagt Rutishauser. Um allfällige Frostschäden in Grenzen zu halten, setzt auch Rutishauser auf Sorten, die unterschiedlich austreiben. Und als Sicherheit lässt er eine zweite Rute stehen, um einen Teilausfall kompensieren zu können. Die wird vorerst auch noch nicht weggeschnitten, denn die heikle Zeit für die Rebbauern kommt in den kommenden Wochen, wenn die Pflanzen voll ausgetrieben haben. Dass keine Frostnächte mehr kommen, hofft auch Cédric Werner, Kellermeister der Altstätter Weinkellerei Haubensak, weil der Austrieb aufgrund der vielen sonnigen Tage etwas früher dran ist.Keine Probleme mit der TrockenheitWeder den Reb- noch den Obstbauern bereitete bis anhin die Trockenheit Probleme. Die gut verwurzelten Bäume und Pflanzen hatten keine Mühe, zu genügend Wasser zu kommen. Einzig die Nachzuchten mussten teilweise bewässert werden. Markus Hutter, Rheinobst, Au, sagt sogar: «Während der Blütezeit ist es eher ein Vorteil, wenn es trocken bleibt. Bäume und Obst bleiben dann von Krankheiten, Pilzen und Schorf verschont.» Auch der gefürchtete Feuerbrand stellt weniger eine Gefahr dar. Für Obstbauer Erwin Saxer ist eines klar: «Das unstete Wetter der letzten Jahre verkompliziert unsere Arbeit.»

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