Für Susanne Rausch, Leiterin der regionalen Bauverwaltung, steht ausser Frage, dass sich die Zusammenlegung gelohnt hat.
Wir sind in so vielem besser geworden. Davon profitieren nun auch Gesuchsteller und Planer.
Vergangenen Oktober wurden die Ämter für Bau und Planung der Gemeinden Heiden und Lutzenberg zusammengeschlossen.
Seitdem werden die administrativen Arbeiten rund um Baubewilligungen, Sondernutzungspläne, Beratungen sowie Planungs- und Bewilligungsverfahren zentral in Heiden abgewickelt. Die regionalen Baubewilligungskommissionen in den beiden Gemeinden bestehen weiterhin. Deren Mitglieder begutachten Bauvorhaben vor Ort und fällen Entscheidungen. Selbst die individuellen Reglemente der Gemeinden haben nach wie vor ihre Gültigkeit. Nur eben: Die Administration für beide Kommissionen laufen bei Susanne Rausch und ihren Mitarbeitenden in Heiden zusammen. In parallelen Systemen – eines für Lutzenberg, eines für Heiden – werden die Anträge eingegeben und bearbeitet.
Während Ferien erreichbar bleiben
Der Vorteil der Zusammenlegung der Ämter ist für Rausch offensichtlich. Vorgängig war sie in Lutzenberg alleine für das Amt für Bau und Planung zuständig, eine Stellvertretung nur behelfsmässig organisiert. Angestellte aus anderen Abteilungen mussten diese wahrnehmen. Dies führte zu Reklamationen der Gesuchsteller, da sie nicht im selben Ausmass beraten werden konnten. Und noch einen Nachteil hatte diese Form der Organisation für Rausch.
Selbst in den Ferien musste ich für wichtige Anliegen erreichbar sein, da die Stellvertretungen nicht im gleichen Masse mit der Materie vertraut waren wie ich.
Das ist heute anders. Mit der Zusammenlegung wurden die Stellvertretungen innerhalb des Amtes geregelt, die Sicherstellung des Know-hows ist gewährleistet. Der Personalbestand musste dafür nicht aufgestockt werden. Ein Erfolgsmodell, das weiter ausgebaut wird. Kommenden Herbst werden Grub und Rehetobel in die regionale Bauverwaltung eingegliedert. Rausch bezeichnet diese Zusammenarbeitsformen denn auch als «zukunftsweisend». Beispiele langjähriger erfolgreicher Kooperationen sind in ihren Augen etwa das Grundbuchamt Heiden-Grub-Lutzenberg-Rehetobel-Wald-Wolfhalden oder das Betreibungsamt Appenzeller Vorderland. Und dorthin könnte sich auch die regionale Bauverwaltung entwickeln.
Einer, der bereits zu seinem Amtsantritt 2021 die Stellvertretungsregelungen auf den einzelnen Ämtern als «Laientheater» bezeichnet hatte und dafür Kritik einstecken musste, ist Rudolf Gantenbein, Gemeindepräsident von Lutzenberg. Aber er steht zu seinen Aussagen von damals. Nach wie vor sei er ein «starker Verfechter gemeinsamer Lösungen».
Finanzen zusammenlegen?
Die in seinen Augen mangelhafte Stellvertretungsregelung auf den einzelnen Ämtern sei aber nur ein Teil der Problematik. Der andere ist die gesellschaftliche Entwicklung. Die langjährige Mitarbeiterin auf dem Einwohneramt von Lutzenberg wurde im Februar 2021 verabschiedet. Und der langjährige Mitarbeiter auf der Finanzverwaltung wird im Frühjahr 2024 pensioniert. Gantenbein:
Solche Leute gibt es eigentlich nicht mehr. Heute hat kaum mehr jemand jahrzehntelang dieselbe Stelle inne, die Personalmutationen sind häufiger geworden.
Die Sicherstellung des Wissenstransfers von einem auf den anderen Mitarbeitenden wurde somit zum stetigen Risiko. Lutzenberg will darum noch einen Schritt weiter gehen und die Finanzämter ebenfalls regional organisieren. Die Abklärungen mit anderen Gemeinden seien am Laufen.
Die Finanzen sind nebst den Einwohnerämtern der wohl noch letzte Bereich, der von Kooperationen unangetastet blieb. Das Sozialamt Grub wird aktuell bereits von Heiden aus geführt. Heiden, Walzenhausen, Grub, Lutzenberg und Wolfhalden greifen auf eine gemeinsame Schulsozialarbeit zurück. Seit Jahren besteht in der Oberstufe eine Zusammenarbeit, genauso wie bei der Wertstoffsammelstelle, dem Jugendtreff, der Elektra Korporation und den Sozialen Diensten. Dies nur, um einige wenige Beispiele zu nennen. Kooperationen im Vorderland bestehen im Grossen wie auch im Kleinen: So nimmt etwa der Heimleiter von Walzenhausen auch die Leitung des Seniorenwohnheims Lutzenberg wahr.
Doch warum setzt das Vorderland so stark auf Zusammenarbeit? Und warum gibt es hier vielleicht sogar mehr als im übrigen Kantonsgebiet? Gantenbein sieht die Erklärung im Verein Appenzellerland über dem Bodensee (AüB) gegeben. Dieser will unter anderem die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gemeinden fördern. Regelmässig treffen sich auf Einladung der Fachgruppe «Gemeindepräsidien der Gemeinden im AüB» die Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten sowie einzelne Gemeinderäte zu Sitzungen und Workshops. Die Diskussion um die Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene unter den neun Kommunen beschäftigt, auch unabhängig möglicher Fusionen. «Regelmässig die Köpfe zusammenzustecken und sich über die Problematiken des Alltags auszutauschen, hilft. So können schneller regionale Lösungen angestrebt werden», so Gantenbein.
Kooperationen sollen weiter ausgebaut werden
Geschäftsführerin des Vereins ist Kathrin Dörig. Sie bestätigt, dass es bereits zu einer Vielzahl von Kooperationen gekommen ist. «Die Haltung im Vorderland ist klar: Kooperationen sollen gestärkt und wo möglich zielführend ausgebaut werden.» Dies wird durch den Verein und insbesondere durch die Geschäftsstelle von AüB als Schnittstelle ermöglicht und unterstützt.» Besonders in kleinen Strukturen entstünden durch die hohe Belastung für die Mitarbeitenden, die mangelhaften Stellvertretungsregelungen sowie die Gefahr des Wissensverlust ein Antrieb, sich über Synergie und Formen der Zusammenarbeit auszutauschen und diese voranzutreiben.