Hildegard Bickel
Dass ausgerechnet ein Buch aus einem Kleinverlag im Rheintal den ersten Platz belegt, ist aussergewöhnlich. Die Kategorie der Ratgeber ist bei der Preisverleihung hart umkämpft. Auszeichnungen ergattern in der Regel renommierte Verlage mit grossem Budget und umfangreichem Angebot.Über das Urteil der Fachjury, einen wegweisenden Titel in der Gartenbuchlandschaft geschrieben zu haben, freut sich Eveline Dudda umso mehr: «Es ist eine Krönung.» Mit dem Sachbuch «Spriessbürger Spezial» hat die Agronomin und Gartenjournalistin aus Hinterforst den Zeitgeist getroffen. Sie berichtet umfassend, wie sie in Zeiten des Klimawandels fremde Gemüsesorten anbaut.Heisse Sommer verleiten zu ExperimentenEveline Dudda gärtnert seit über 40 Jahren. Ihr fällt auf, wie in den letzten Jahren gewisse Arten nicht mehr recht gedeihen wollen. Es sei zu trocken. «Der Spinat schiesst aus, Stangenbohnen stellen die Blütenproduktion in der Sommerhitze ein.»Die 61-Jährige hielt Ausschau nach fremden Gemüsearten und pflanzte unter anderem Süsskartoffeln, Amaranth oder Chayote, die Gemüsebirne, ein Gewächs aus den Tropen und Subtropen, das bestens an wärmere Temperaturen angepasst ist und schöne Erträge abwirft. Ihr Mann verfolgte kopfschüttelnd, wie sie um das Haus in Hinterforst noch mehr Beete anlegte und sogar bei den Nachbarn Gartenfläche bepflanzte.Eveline Dudda lacht, sagt: «Ich schreibe erst, wenn ich Erfahrungen sammeln konnte.» Drei Jahre hat sie auf das Buch hingearbeitet. Nach seriöser Recherche erhielt jede der fremden Gemüsearten ein ausführliches Porträt.Bei der Gestaltung bleibt Eveline Dudda sich treu und setzt auf schwarz-weisse Bilder, wie schon im Vorgängertitel «Spriessbürger». So sei die Leserschaft weniger abgelenkt. Denn oft kämen Gartenratgeber wie Bildbände daher. Die Hochglanzbilder zeigten üppig gewachsene Pflanzen, wo doch auch das Scheitern zum Gärtnern dazugehöre, sagt Eveline Dudda. Es gäbe wohl in jedem Garten einen zerzausten Salat oder faulige Ränder bei einer Gemüsesorte.Das Buch erschien im Februar 2020. Auf dem Titelbild lächelt Rolf Lüthi, Inhaber der Laubspur GmbH, mit den Händen voll reifem Gemüse. «So ein Buch macht man nicht alleine», sagt Eveline Dudda und erwähnt ihre Mitarbeitenden, die sich um Illustration, Grafik und Lektorat kümmerten. Der Verkaufsstart fiel in die Pandemie, die Möglichkeiten, das Buch zu bewerben, waren dadurch eingeschränkt, sie erkrankte selber an Corona. Zu ihrem Bedauern fiel auch die Preisverleihung des deutschen Gartenbuchpreises schlank aus. Statt eines Empfangs mit Dinner auf Schloss Dennenlohe in der Nähe von Nürnberg wurden die ausgezeichneten Bücher nur online vorgestellt.Doch die Anerkennung ist dem Spriessbürger-Verlag gewiss. Zwar sind bisher gerade mal sechs Bücher im Hinterforster Verlagshaus erschienen. Es ist nicht die Menge, aber die Qualität des Sortiments, die beachtlich ist. Die Hälfte der Titel hat eine Auszeichnung erhalten. HinweisInfos zum Buch unter: www.spriessbuerger.ch. Eveline Dudda schreibt regelmässig den «Gartentipp» in dieser Zeitung.