24.02.2020

Die Fehltritte der Zeitungsmacher

Missgeschicke sind in Ordnung – solange sie nicht einem selbst passieren. Entsprechend gern werden Fasnachtszeitungen gelesen, deren Texte über kleine Peinlichkeiten allgemeiner Belustigung dienen. Die Redaktorinnen und Redaktoren haben sich zu erinnern versucht, was ihnen selbst Unangenehmes passiert ist.

Vorsichtig urteilenEs geschah letzten Herbst, in der Alt­stätter Migros. Der Einkaufwagen war schon fast gefüllt, als ich beim Blick in die Einkaufstasche mit Schrecken erkannte: Das Portemonnaie mit allen Karten und dem Geld war weg. Natürlich weiss jeder, wie dumm es ist, den Wagen samt Tasche und Portemonnaie irgendwo kurz stehen zu lassen, um in einem Umkreis von drei, vier Metern den Regalen ein paar Sachen zu entnehmen. Das Personal war sehr hilfsbereit und wie ich entsetzt über den dreisten Diebstahl im Laden. Ob ich sicher sei, dass ich das Portemonnaie tatsächlich bei mir hatte? – Aber ja! In einer Fasnachtszeitung würde so das Ende der Geschichte lauten: «D’ Polizei hät scho dä Fall ufgnoh, dabii hät er sis Geld im Auto liggeloh.»Und die Moral von der Geschicht? S’isch guet, wenn me sich mängmol selb dä Scheiche stellt, will ma dänn über sös en Depp ä milders Urteil fällt. (gb)Nette RetourkutscheGehen wir in der Redaktion in den Feierabend, sind wir in Notfällen trotzdem erreichbar. Wir leiten die Nummer des Redaktionssekretariates auf das Handy des diensthabenden Redaktors um.Als ich noch recht neu mit dieser Aufgabe betraut war, läutete mein Handy an einem frühen Samstagmorgen. Ich lag noch im Bett. Schlaftrunken und desorientiert melde­te ich mich mit «von der Linden … frisch geweckt.» Die Stimme am anderen Ende der Leitung tönte irritiert. Verständlicherweise. Nachdem ich mich sortiert hatte, erklärte ich meine Reaktion und wir besprachen das Anliegen des Anrufers. Die Begebenheit war mir so peinlich, dass ich sie gern vergass.Einige Wochen später hatte ich Dienst am Rhema-Stand unserer Zeitung. Ein Mann kam grinsend auf mich zu. Er hatte mein Namensschild gelesen. «Da ist ‹frisch geweckt›», sagte er und erlebte mich so verdutzt wie ich ihn zuvor. (vdl)Gemeine ComboxIch werde immer nervös, wenn ich auf Unterlagen unserer Kunden warten muss und sie einfach nicht kommen. Einmal mehr versuchte ich, einen Kunden daran zu erinnern. Jedes Mal wurde ich von seiner Combox begrüsst. Nach dem fünften Mal hatte ich genug und schimpfte vor mich hin: «Der Langweiler schickt mir die Ware nicht, und erreichen kann man ihn auch nicht.»Eine Stunde später kam alles per Mail bei mir an, mit der Bemerkung: «Nächstes Mal, wenn du über mich schimpfst, achte darauf, dass es die Combox nicht mitbekommt.» Was lernt man daraus? Erst den Hörer auflegen, dann schimpfen. (mia)Fast VignettensünderinDie Autobahnvignette muss ich seit längerem nicht mehr selber kaufen. Es hat sich eingebürgert, dass ich sie als Weihnachtsgeschenk erwarten darf. So auch an den vergangenen Festtagen, als das verräterische Couvert unterm Christbaum Freude auslöste. Weil es mir aber Ende Dezember zu früh erschien, die neue Vignette bereits an die Windschutzscheibe zu kleben, legte ich das Couvert in eine Schublade. Und ja, ich merkte mir genau, in welche. Die Zeit eilte dahin, es wurde Ende Januar und die Abreise für ein paar Tage im Schnee stand bevor. Alles im grünen Bereich, die alte Vignette ist gültig bis 31. Januar. Doch die Rückreise war am 1. Februar. Ohne an die Vignette zu denken, fuhr ich sorglos auf der Autobahn zurück ins Rheintal. Nun lauert die Schadenfreude: Gab es etwa bei der Ausfahrt Kriessern eine Polizeikontrolle? 200 Franken Busse? Liess sich daheim zu allem Überfluss die Vignette nicht mehr finden und es musste eine neue her? Was hätte nicht alles passieren können! Ist es zum Glück aber nicht. Doch nur schon der Gedanke daran lässt mich nächstes Mal die Vignette noch vor Neujahr an die Scheibe kleben. (hb)Die peinliche GranatePayerne, 1995. Ich steckte gerade in der Unendlichkeit meiner Rekrutenschule fest und übte auf dem Acker neben der Kaserne das korrekte Werfen einer Handgranate. Da man uns nicht wirklich trauen konnte, schleuderten wir tagelang nur orange Übungsgranaten durch das Welschland. Später wurden jenen, die keinen grösseren Schaden an Umwelt und Kameraden angerichtet hatten, tatsächlich explosive Geschosse anvertraut. Aber das ist eine andere Geschichte.Eines Nachmittags, es war Winter und die Dunkelheit kroch bereits über das flache Land, hatte der Leutnant ein Einsehen und gönnte uns einen frühen Feierabend. Doch o Weh: Eine der orangen Übungsgranaten fehlte. Statt warm zu duschen, durchkämmten wir in langen Postenketten das karge Feld. «S-B-G: Suchen bis gefunden», hiess das damals im Militär.Wir fluchten. Weniger über den Offizier, sondern vielmehr über den Idioten, der seine Gra­nate nicht mehr fand. Wir stellten uns vor, was wir mit ihm tun würden. Ich schleppte mich murrend über den Acker, die Augen auf den Boden gerichtet. Als ich so vor mich hin stolperte, bemerkte ich nach einer Weile ein ungewohntes Gewicht in der linken Seitentasche meines Kampfanzugs. Verstohlen befingerte ich die Beule. Die granatenförmige Beule. Plötzlich hellwach, griff ich in die Tasche, schaute mich verstohlen um und beförderte, als niemand hinsah, die orange Peinlichkeit blitzgeschwind vor mir aufs Feld. «Gefunden!», rief ich triumphierend. (rü)EingesperrtBis vor Kurzem wohnten meine Frau und ich im fünften Stock. Sie verlässt die Wohnung meist vor mir und schliesst mit ihrem Schlüssel, während sie meinen in der Wohnung stecken lässt. Eines Tages, letzten Frühling, wollte ich wie gewohnt zur Arbeit, als ich bemerkte, dass mein Schlüssel nicht wie sonst im Schloss war. Ich fand ihn weder am Schlüsselbrett noch in den Hosentaschen, selbst auf der Ablage fehlte jede Spur von ihm. Verdutzt stand ich da und konnte meine Wohnung nicht verlassen. Aus dem Fenster im fünften Stock zu steigen, war keine Alternative, so sah ich mich gezwungen, stundenlang an Ort und Stelle zu verharren.Meine Arbeitskollegen haben bestimmt gelacht über den Mann, der sich einsperren liess. Damit es zu keiner Wiederholung kommt, haben meine Frau und ich uns eine Wohnung gesucht, die ebenerdig liegt. (bes)Doppelt bezahltes SchnäppchenVoller Vorfreude sprang meine damals zwölfjährige Tochter durchs Haus. Tags darauf sollte es nach Bremen gehen. Zwei Wochen würde Nina dort bei meiner Freundin verbringen, das Highlight der Sommerferien. Während sie das Allernötigste für den einstündigen Flug von München in die norddeutsche Hansestadt in einen kleinen Rollkoffer stopfte, sass ich auf der Terrasse und begann mir vorzustellen, wie ich die nächsten vierzehn Tage gestalten könnte – ohne Kinderprogramm. Da klingelte das Telefon, am andern Ende meine Freundin Heike aus Bremen, Panik in der Stimme. Das Kind sei nicht angekommen, obwohl auf der Passagierliste verzeichnet. Was denn passiert sei? Ich verstand die Welt nicht mehr. Im Februar hatte ich das Ticket gekauft, zum Schnäppchenpreis. Unmöglich, dass ich mir den falschen Termin notiert hatte … oder doch? Während ich noch das Telefon in der Hand hielt, fing Nina an zu heulen, steigerte sich in eine Art Hyperventilation und presste im Stakkato «Ich will nach Bremen» und «Du bist schuld» heraus. Ich gab mich geschlagen, fand tatsächlich noch einen Flug für den nächsten Tag – zum stolzen Preis von 600 Franken. Dem Kind war’s egal, ich verzichtete auf jegliche Extras in der kinderfreien Zeit und muss mir zu allem Übel seit damals vor jeder Reise anhören: «Mama, guck dann nochmal die Flugzeiten an.» (acp)UmhergeirrtIm März 2003 war ich als Teenager dabei, in jedem grösseren Fussballstadion der Schweiz ein Spiel gesehen zu haben. Lugano fehlte noch. So fuhr ich an einem Samstag gemütlich mit dem Postauto von Chur nach Bellinzona, um dann ein Spiel im Cornaredo zu besuchen. Guten Mutes stieg ich in Bellinzona in einen Zug, an dessen Türen ein Schild mit «Milano Centrale – Bellinzona – Zürich HB – Bellinzona – Milano Centrale» prangte. Eine Sekunde nach der Abfahrt merkte ich: In dieser Richtung liegt Lugano nicht. Es ging nach Arth-Goldau. Der Kondukteur gab mir ein Billett mit der Aufschrift «Irrtümliche Zugfahrt», das Spiel verpasste ich und meine Mitschüler an der Kanti nahmen mich in der Maturazeitung für mein Umherirren hoch. Ein Spiel in Lugano sah ich dann erst 2008. (rez)Meister Fliegen­gitterschreinerDas Schönste am Wohnen auf dem Land ist die frische Luft. Das weniger Schöne ist die frische Luft, wenn sie gelegentlich nach Landwirtschaft riecht. Oft droht dann eine Fliegeninvasion, weshalb sich meine Frau eine Fliegengittertür vor die Terrassentür wünschte. «Kein Problem, schaff ich mit links», meinte ich und legte los, dank ausfahrbarer Terrassensonnenstore angenehm im Schatten: Bausatz auspacken, Türaussparung ausmessen, Fliegengitterrahmen zusägen, Netz zuschneiden und einspannen, Scharniere anschrauben, Fliegengittertür einhängen, fertig. Tipptoppe Arbeit. Vom Meister eben. Gegen Abend war es dann an der Zeit, die Sonnenstore wieder einzufahren. Danach war die Fliegengittertür blockiert: Meister Fliegengitterschreiner hatte bei ausgefahrener Store gemessen und nicht daran gedacht, dass jene auch wieder einzufahren wäre. Man kam nun weder ins Haus hinein, noch hinaus. Meine Frau wollte mich vom Meister zum Lehrling degradieren. Ich aber überlegte mir, die Konstruktion patentieren zu lassen – als wirkungsvollster Einbruchschutz ever. (mt)

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