Gert BrudererVor einem Vierteljahrhundert, beim Vorstellungsgespräch für eine Lehrerstelle im Bergdorf Amden, ging es darum, ob sie skifahren und singen könne. Angelika Margadant sagte einmal Ja und einmal Nein, sie sei jedoch für andere Projekte offen. So kam es, dass die heute 51-Jährige ein Leitbild mitentwickeln half, wobei ihr die Dynamik, die entstand, gefallen habe. «Es hiess nicht gleich, dies oder jenes sei nicht möglich.» Auch im Bildungswesen hat sie bei Projekten mitgewirkt.Die Mutter eines 21-jährigen Sohnes und zweier Töchter (19 und 13) war Leiterin des Mukiturnens, Ludothekarin und Mitinitiantin des Gemeindeblättlis «Ammler Zitig». Sie unterstützte das Blatt zunächst redaktionell, dann als Lektorin.Nachdem sie vor zehn Jahren mit ihrer Familie nach Rheineck umgezogen war, betätigte sie sich während fünf Jahren auch fürs hiesige Gemeindeblatt «Bi üs z’Rhynegg». Das war für sie eine gute Möglichkeit, hier lebende Menschen kennen zu lernen. Das Gleiche gilt für die Mitbetreuung des Pausenkiosks.Aus Komfortzone hinauskatapultiertDie Bürgerin von Klosters, Frau eines Rheintaler Maschinenbauingenieurs, stammt aus Lusten-au, hiess früher König und hatte stets einen starken Bezug zur St. Galler Seite des Rheins. Die in Lüchingen aufgewachsene Grossmutter war in Bad Ragaz zu Hause, ein Grossonkel in Widnau. Dessen Töchter und ihre Familien leben in Widnau, Balgach und Berneck.Angelika Margadants Mutter führte in Dornbirn einen Laden mit asiatischen Produkten, der im Aussendienst tätige Vater war in jungen Jahren in die so genannte Gemeindevertretung gewählt worden. Dass daheim fleissig politisiert worden sei, habe ihren Entscheid für die Rheinecker Präsidentschaftskandidatur begünstigt, sagt Angelika Margadant. Mit diesem Entschluss habe sie sich aus der «Komfortzone hinauskatapultiert».Als die Kandidatin am 30. März in Rheinecks «Hecht»-Saal erstmals öffentlich auftritt, spricht sie selbstbewusst, mit fester Stimme. Auf die kleine Panne zu Beginn – «no signal» – reagiert sie lächelnd mit dem Kommentar, jetzt komme sie dann doch ins Schwitzen. Aber Gatte Reto löst das technische Problem geschwind.Zwei Wochen zuvor, bei einem Gespräch mit Angelika Margadant, ist die Wahlkampfkoordinatorin zugegen – und prompt sieht sich die Kandidatin, die so gerne liest, bei der Frage nach dem zuletzt gelesenen Buch in die Zeit ihrer Maturaprüfung zurückversetzt. Zum ersten Mal seither hat sie «ein Blackout».Erst bei einem zweiten Treffen nennt sie «Willems letzte Reise», einen Roman von Jan Steinbach, nachdem sie bemerkt hat: Die Anwesenheit einer zweiten Person bei der ersten Begegnung sei wohl ein Fehler gewesen. Auch Simone de Beauvoir hat es Angelika Margadant angetan, den Roman «Alle Menschen sind sterblich» hat sie wie andere Bücher schon zweimal gelesen.Den Blick schweifen lassenIn ihrer Freizeit hat die Kandidatin «gern viel um die Ohren». Sie fährt Ski, mag Nordic Walking, macht Yoga, backt und kocht vergnügt, probiert gern Neues aus, den Alltag in der Küche prägt der Freestyle.Den Blick aus der Küche, hinaus in die weit offene Welt, behindert nur der Burgstock. Das ist die Ruine, die über dem Städtli thront und ein Wachturm gewesen sein dürfte. Im Hintergrund erstreckt sich der Bodensee über das weite Tal, und Angelika Margadant sagt, über die Grenzen hinauszuschauen, regional zu denken, halte sie für wichtig, in der Politik besonders. Sei es, um gemeinsam Trends wie die Abwanderung gut ausgebildeter junger Menschen zu stoppen – oder um beispielsweise von einem anderswo verwirklichten Generationenprojekt auf den eigenen Ort hilfreiche Rückschlüsse zu ziehen.Sowohl die Lebensqualität der Jungen als auch die der alten Menschen liesse sich verbessern, meint die Kandidatin, die spontan an Sportprojekte denkt, an einen Skaterplatz zum Beispiel, und an Angebote, mit denen sich in die Jahre gekommener Wohnraum ersetzen liesse. Alternative Wohnformen schweben Angelika Margadant ebenso vor wie familienfreundliche Strukturen, und der in Rheineck weitgehend geografisch bedingte Mangel an Baulandreserven sei mit innovativen Ideen auszugleichen.Für Führungsfunktion «gut vorbereitet»Doch der Kandidatin ist am allerwichtigsten, Projekte stets «von unten her» in Gang zu setzen, «im Dialog mit der Bevölkerung», und nicht die Bürgerschaft «wie beim gescheiterten Kindergartenprojekt» vor vollendete Tatsachen zu stellen. Auch vermeintlich Nebensächliches beschäftigt die Kandidatin: «Der Bodensee-Rundweg führt nicht durchs Städtli. Warum nicht?»«Kinder sind nicht leichter als Erwachsene zu führen», entgegnet Angelika Margadant auf den Einwand, ihr fehle die für ein Stadtpräsidium nötige Führungserfahrung. Auf dem Weg zu ihrem Master in Schulentwicklung sei ein Profil erstellt worden, das ihre Fähigkeiten als sehr ausgeglichen beschreibe. Insofern sieht sie sich als «ausgesprochene Führungsperson», die «natürlich bereit ist», sich weiterzubilden. Auch weil ihr Master in Schulentwicklung für ein Wirken als Schulleiterin eine gute Voraussetzung wäre, meint sie, für eine Führungsfunktion generell gerüstet zu sein.Als Stadtpräsidentin würde die Kandidatin, deren Führungsstil «sicher nicht autoritär ist», wieder die «sehr sinnvollen Ressorts» einführen, so dass jeder Stadtrat seine klare Zuständigkeit hätte. Tendenziell gäbe es zudem mehr Kommissionen.An Wirtschaft interessiertPolitisch in der Mitte, beurteilt Angelika Margadant Wirtschaftsfragen aus der Sicht einer wirtschaftlich seit jeher interessierten Pragmatikerin, die schon als Gymnasiastin Wirtschaft als Schwerpunkt gewählt hatte und die neben Englisch und Geografie sehr gern auch Wirtschaftskunde in der Oberstufe unterrichtete. Heute ist sie in Sax als Primarlehrerin tätig, als Kursleiterin in der Erwachsenenbildung, und ein Mandat an der Pädagogischen Hochschule in Feldkirch ermöglicht es ihr, alle zwei Jahre in der Schulpraxisbetreuung und -beratung zu wirken.Angelika Margadant, der auch ein Publizistikstudium gefallen hätte, legt Wert auf Genauigkeit. Mails müssen fehlerfrei rausgehen, und jedes Wort auf der eigenen Webseite «muss sitzen». Auf ihr schreibt sie: «In eine Führungsposition sollte man gerade deshalb gewählt werden, weil man unvoreingenommen und frisch, man könnte auch sagen: unverbraucht und damit voller Kreativität und Energie ist.»