31.01.2021

Die Corona-Engel

Sonja Gmünder und Jasmine Zuberbühler erinnern die Gäste im Skigebiet Wildhaus an die Coronamassnahmen. Jasmine Zuberbühler stammt aus Balgach und hätte die Saison eigentlich im Berggasthaus Oberdorf verbringen wollen.

Von David Grob
aktualisiert am 03.11.2022
Meist reicht ein fröhliches «Guete Morge» und ein Lächeln hinter der Maske, manchmal auch nur eine Geste, und die Skifahrer, die sich hier an der Talstation der Sesselbahn Thur in Wildhaus in die Schlange der Wartenden einreihen, ziehen ihre Schutzmaske über den Mund. Nur selten müssen Sonja Gmünder und Jasmine Zuberbühler deutlicher werden und die Gäste aktiv auf die Maskenpflicht im Wartebereich hinweisen. Die beiden sind zwei von insgesamt fünf sogenannten Corona-Engel im Skigebiet Wildhaus, die jeweils an den Wochenenden die Skigäste auf die Coronamassnahmen aufmerksam machen. Gmünder, 20, gelernte Coiffeuse, wohnhaft im Neckertal, wollte ihre erste Saison im Skigebiet Wildhaus verbringen. Sie hätte das «Gamsalpstöbli», eine Beiz für Einheimische, führen sollen. Zuberbühler, 27, Dekogestalterin in verschiedenen Manor-Filialen, wohnhaft in Balgach, hat sich für eine Servicestelle im Berggasthaus Oberdorf beworben.  Statt in der Wärme zwischen Tischen und Gästen zu huschen, stehen sie jetzt in der Kälte — in violetten Gilets mit aufgedruckten Flügeln, zwischen gelb-roten Netzen, welche die Skifahrer und Snowboarderinnen im Corona-Abstand an die Drehkreuze lenken. Bild: Benjamin Manser (23. Januar 2021) Die meisten Leute sind freundlichDraussen ist es knapp Null Grad an diesem Samstagmorgen. Die beiden Corona-Engel sitzen nun im Pausenraum der Talstation, am Fenster rattern die Sessel vorbei. Gmünder und Zuberbühler sind froh über die Pause in der Wärme. «Der Knackpunkt ist sicher die Kälte», sagt Zuberbühler. Insbesondere die Füsse werden schnell kalt. Mittlerweile stehen die beiden nicht mehr direkt auf dem Schnee sondern auf einer Plastikmatte. Gmünder sagt: «Bewegt man sich nicht, wird es definitiv mühsam.» So versuchen die beiden so aktiv zu sein wie möglich. Sie helfen Kindern durchs Drehkreuz, unerfahrenen Skifahrern in die Bindungen oder schaufeln Schnee.  Doch die Hauptaufgabe, das Erinnern an die Maske, bleibt. Eine undankbare Aufgabe, könnte man meinen, den ganzen Tag Polizist spielen zu müssen. Doch Gmünder sagt: «Die meisten Leute sind freundlich und reagieren sehr positiv auf uns.» Und Zuberbühler fügt hinzu: «Wir sind hier zur Erinnerung und nicht als Kontrolle.» Ohnehin sei der Anteil unfreundlicher Skifahrer, die sich nicht an die Richtlinien halten wollen, sehr gering. «Das Gemeine ist einfach: Kommt doch mal einer quer, zieht es uns runter», sagt Gmünder. «In solchen Fällen wäre es gut, 30 Zentimeter grösser zu sein und einen Bart zu haben», fügt Zuberbühler lachend an.Der Coronawinter habe auch positive SeitenRund 30 Zentimeter grösser, aber ohne Bart, ist der technische Leiter Patrik Jahn. Er steht draussen bei der Kasse und spricht übers Schutzkonzept, das die Bergbahnen dem Bundesamt für Gesundheit abringen mussten. «Ursprünglich verlangte das BAG, dass die Drehkreuze ebenfalls 1,5 Meter voneinander entfernt sind. Glücklicherweise hat man hierbei einen Kompromiss gefunden.» Ein Mann ohne Maske stapft herbei, Jahn stoppt ihn, weist ihn auf die Maskenpflicht hin. Nach längerem Suchen findet der Skifahrer seine Maske in den Untiefen seiner Jackentaschen. «Das Verhalten der Gäste ist anders, wenn unsere Corona-Engel in den Uniformen da stehen.»Der Coronawinter trifft das Skigebiet: Besonders betroffen ist die Gastronomie, die im Skigebiet Wildhaus ebenfalls zu den Bergbahnen gehört. Rund 40 Prozent des Gesamtumsatzes stammen aus den Restaurants. Jahn geht von einem Verlust von rund einem Drittel des Gesamtumsatzes aus.Doch der Coronawinter hat auch seine positiven Seiten: Jahn deutet auf die gelb-roten Netze, welche die Skifahrerinnen und Snowboarder in Einerreihe zu den Drehkreuzen lenken. «Es gibt nicht mehr diese Menschentrauben, die Ordnung ist viel besser. Gut möglich, dass wir dies so beibehalten.» Ebenso werde der Online-Kauf von Tickets viel besser genutzt. Ein Polizeiauto fährt langsam die Strasse zur Talstation hinunter, wendet, Kontrollblicke aus dem Fenster. Jahn grüsst mit der Hand, die Polizisten nicken und fahren langsam wieder weg. Ein bis zwei Mal pro Tag tauche eine solche Patrouille auf, sagt Jahn. Zweimal wöchentlich für mehrere Stunden kurven auch Zivilschützer im Auftrag des Kantons durchs Skigebiet. «Sie beraten uns beim Schutzkonzept und stehen uns bei Fragen zur Verfügung.»Die Hoffnung auf offene RestaurantsZuberbühler und Gmünder sind in der Zwischenzeit wieder draussen zwischen den Gästen. Sie hoffen leise darauf, dass gegen Ende der Saison die Bergrestaurants wieder öffnen. Dann dürften sie doch noch im Gamserstöbli und Berggasthaus Oberdorf stehen — und die Tätigkeit ausüben, für die sie eigentlich nach Wildhaus gekommen sind. Gmünder: «Einmal machen wir hoffentlich noch auf.»

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