05.10.2018

«Die Blasmusik ist mein Leben»

Heute treffen sich die Vertreter des Kreises Rheintal vom St. Galler Blasmusikverband in Montlingen zur Delegiertenversammlung. Kreispräsidentin Verena Federli wird bereits zum elften Mal die Geschäfte führen.

Von Susi Miara
aktualisiert am 03.11.2022
Susi MiaraFrau Federli, seit elf Jahren sind Sie Kreispräsidentin und gleichzeitig Vorstandsmitglied im St. Galler Blasmusikverband. Ist Ihnen die Arbeit noch nicht verleidet?Verena Federli: Nein, überhaupt nicht. Es gibt immer neue He­rausforderungen und ich habe einen sehr guten Kreis mit sehr guten Musikanten. Es ist eine schöne Zusammenarbeit.Haben Sie auch schon über einen Rücktritt nachgedacht?Ja, auf jeden Fall. Nach zehn Jahren macht man sich Gedanken, wie es weitergeht und wie lange man das Amt noch ausüben möchte. Im Kopf habe ich bereits ein Datum. Ich werde natürlich die Mitglieder früh genug informieren. Die Delegierten sind dann dafür zuständig, einen neuen Präsidenten zu suchen.Ist es schwierig, einen Nachfolger zu finden?Ja, sehr. Wir haben im Kreis St. Gallen schon seit einigen Jahren eine Vakanz und können für das Amt niemanden finden. Jetzt wird ein ehemaliges Mitglied, das vor vier Jahren zurückgetreten ist, dieses Amt wieder übernehmen.Welche Aufgaben hat eine Kreispräsidentin?Ich bringe die Informationen aus dem Vorstand des St. Galler Blasmusikverbands (SGBV) zu den Vereinen meines Kreises. Im Vorstand des SGBV hat jeder der neun Kreispräsidenten ein Amt. Ich bin seit vier Jahren Finanzchefin und auch die Ansprechperson in meinem Kreis. Wenn musikalische Fragen auftauchen, kommt man zu mir. Ausserdem helfe ich mit, die Kreismusik­- tage zu organisieren und gehe zu sämtlichen Konzerten als Delegierte des SGBV. Kurz gesagt, ich bin die Vorgesetzte der Rheintaler Musikvereine.Sie sind gleichzeitig auch Aktivmitglied beim Musikverein St. Margrethen. Wie viele Stunden widmen Sie der Musik?Praktisch die ganze Freizeit ist bei mir für Musik reserviert. Ich spiele nicht nur beim Musikverein St. Margrethen. Mein Mann und ich sind auch in anderen Kleinformationen dabei. Diese Woche hatte ich zum Beispiel jeden Tag in einer anderen Formation eine Probe. Blasmusik ist für mich das Leben. Man muss die Musik lieben, sonst kann man diesen Job nicht machen. Als Kreispräsidentin bin ich ab November bis Januar jedes Wochenende an einem Musikkonzert. Ich nehme meine Arbeit sehr ernst. Ich möchte, dass die 19 Rheintaler Vereine mein Interesse an ihrem Verein auch spüren.Wie viele Anlässe haben Sie bis jetzt besucht?Bei 19 Vereinen und elf Jahren komme ich schon auf 400 bis 500 Anlässe.An welchen Anlass können Sie sich speziell erinnern?Das kantonale Musikfest 2014 in Diepoldsau war für meinen Kreis und für uns Musikanten der absolute Höhepunkt. Aber auch die einzelnen Kreismusiktage sind super tolle Anlässe, an denen man auch die Kameradschaft untereinander geniessen kann.Wie sieht es mit dem Nachwuchs bei den Musikvereinen in Ihrem Kreis aus?Das ist ein sehr heikles Thema. Die Nachwuchsprobleme im unteren Rheintal sind aber um einiges grösser als im oberen. Je weiter man ins obere Rheintal blickt, umso grösser sind die Jugendmusikformationen. In St. Margrethen zum Beispiel haben wir momentan keine eigene Jugendmusik mehr. Wir lassen die Jungmusikanten in der Jugendmusikschule ausbilden und bilden dann mit ihnen kleine Formationen.Wie klappt die Zusammenarbeit mit den Musikschulen?Bei uns im Rheintal vorbildlich. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu den Musikschulleitern. Hier kann man allen ein Kränzchen widmen. Diese Zusammenarbeit in der Jugendförderung ist für beide Seiten sehr wichtig.Sind junge Menschen heute anders als früher?Sie sind vor allem keine Vereinsmenschen mehr. Sie möchten sich nicht fix für einen bestimmten Tag an den Verein binden. In einem Musikverein genügt es auch nicht, das Instrument nur während der Proben zu spielen. Man muss auch zu Hause regelmässig üben. Viele Junge wollen diesen Aufwand nicht auf sich nehmen.Wie sieht es mit Erwachsenenkursen für Anfänger aus? Früher wurden auch solche Kurse angeboten. Haben sie auch heute noch Erfolg?Bei der Musikschule Am Alten Rhein hatten wir die Bläserklasse 18 plus. Dort boten wir Erwachsenen die Möglichkeit, das Spielen eines Instruments zu erlernen. Die ersten zwei Jahren führten wir mit Erfolg zwei Bläserklassen. Ein Teil der Teilnehmer konnte sogar in den Musikvereinen integriert werden. Letztes Jahr brachten wir keinen Kurs zusammen. Dieses Jahr haben wir wieder eine kleine Gruppe mit acht Personen.Das nächste brisante Thema ist die Freiwilligenarbeit. Was früher selbstverständlich war, ist heute eine schwieriges Unterfangen. Kennen auch die Musikvereine dieses Problem?Sehr. Man hat sogar in den Vereinen Probleme, jemanden für die Vorstandsarbeit zu finden. Wir beim SGBV haben zum Beispiel im Ressort Jugend vier Vakanzen. Für viele ist die Musik einfach ein Hobby, mehr möchten sie nicht tun. Oft ist auch der Druck im Job ein Grund.Wenn ein Musikverein neue Uniformen oder Musikinstrumente braucht, ist er auf Spenden angewiesen. Sponsoren sind heute aber auch nicht mehr so grosszügig wie früher. Müssen Musikanten heute mehr in die eigene Tasche greifen?Das glaube ich nicht. Ich denke, dass der Wert der Blasmusik immer wichtiger wird und die Vereine das Geld zusammenbringen. In den letzten Jahren hat es stets geklappt. Immer wieder hört man ja von neuen Uniformen oder Fahnen, die mit Sponsorengeldern angeschafft wurden. Es ist sicher schwieriger als früher, aber nicht unmöglich. Natürlich spielt es eine Rolle, wie stark der Musikverein im Dorf verankert ist. Wenn man für die Bevölkerung nichts tut, kann man auch nicht erwarten, dass etwas zurückkommt.Die alten Uniformen werden oft ins Ausland verschenkt. Gibt es auch Kontakte zu diesen ausländischen Musikvereinen?Kontakte mit ausländischen Musikvereinen gibt es eher nicht. Ab und zu finden Musikreisen zu den beschenkten Vereinen statt, aber auch das eher selten. Oft möchten Musikvereine ihre noch gut erhaltenen Uniformen nicht entsorgen und suchen aus diesem Grund Vereine, vor allem im Osten, denen die Uniformen noch einen guten Dienst erweisen können.Ein internationaler Musikwettkampf im Rheintal, wäre das nicht etwas für Sie?Das ist relativ schwierig. Was ich mir vorstellen könnte, wäre ein Wettkampf mit Musikvereinen aus dem Dreiländereck Deutschland, Österreich und Liechtenstein. Die Frage ist aber, wer ihn wann organisieren soll. Bei uns sind jede Region und jeder Kreis selbst sehr initiativ und machen viele eigene Sachen. Deshalb ist es schwierig, etwas Übergeordnetes zu realisieren. Manchmal kommen wir uns gegenseitig sogar in die Quere, wenn zum Beispiel der Verband direkt etwas organisiert. In der Blasmusikszene ist das ganze Jahr viel los. Speziell der Kreis Rheintal ist sehr aktiv. Ein internationaler Wettkampf wäre aber sicher eine gute Sache. Dank unserer guten Verbindungen finden heute schon einige grenzübergreifende Projekte statt.

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