Das Internet hat längst viele Funktionen von Bibliotheken übernommen. Wozu also braucht es heute noch einen Ort mit Regalen voller Bücher, wenn Informationen dank Google oder Chat GPT schnell und einfach zugänglich sind? «Sie sind in einer digitalen Zeit wichtige Begegnungs- und Integrationsorte», hielt Gemeindepräsidentin Silvia Troxler am Samstag in ihrer Ansprache zum Jubiläum der Bibliothek Balgach fest. Sie sollte recht behalten: Während Kinder im Foyer des Kirchgemeindehauses schaurige Monster-Lesezeichen bastelten oder sich draussen einen Regenbogen ins Gesicht malen liessen, stöberten andere im Dachgeschoss zwischen den Bücherregalen.
Auf dem Kiesplatz vor dem Haus sassen an die hundert Leute auf den Festbänken, tauschten sich aus und genossen das Konzert des Musikvereins Balgach. Es roch nach Bratwurst, Kaffee und Sonnencreme. «Es ist unerlässlich, dass wir einen solchen Ort im Dorf haben», betonte Silvia Troxler:
Eine Bibliothek ist nicht ‹nice to have›, sondern ein ‹must have›.
50 Jahre ist es her, dass die Bibliothek Balgach 1973 im Dachgeschoss des damals neu erbauten Kirchgemeindehauses den Betrieb aufnahm. 1323 Bücher umfasste sie damals. Regula Schmid erinnert sich noch gut an Anfangsjahre. Die 93-Jährige hat 20 Jahre in der Bibliothek gearbeitet, zeitweise als Leiterin. «Früher war es das Schönste, wenn wir für ein paar Hundert Franken in St. Gallen Bücher für die Bibliothek einkaufen durften», erzählt sie. Das Sortiment hat sich seitdem verzehnfacht. 13'000 Medien können derzeit ausgeliehen werden. Kassetten wurden von CDs abgelöst und anstelle der CDs stehen heute Tonie-Figuren in den Regalen. «Wir haben uns dem Wandel stets angepasst», sagt Bettina Bartl, jetzige Leiterin der Bibliothek.
Davon zeugt auch der Anschluss an die Digitale Bibliothek Ostschweiz. Dort stehen den Benutzerinnen und Benutzern in digitaler Form eine grosse Auswahl an Büchern, Hörbüchern, Zeitungen und Zeitschriften sowie – in etwas geringerem Umfang – Musik und Videos zur Verfügung.
30 Prozent der Bevölkerung nutzt die Bibliothek
Regula Schmid, die einstige Bibliotheksleiterin, leiht sich heute keine Bücher mehr aus. «Ich kann nicht mehr so schnell lesen, als dass ich die Leihfrist noch einhalten könnte.» Das Angebot wird aber von vielen anderen Balgacherinnen und Balgachern rege genutzt. 1500 Personen, also rund 30 Prozent der Balgacher Bevölkerung, zählt die Bibliothek zu ihrer Kundschaft. «Die Mitgliederzahl ist in den vergangenen Jahren prozentual stärker gewachsen als die Einwohnerzahl», freut sich Bettina Bartl.