10.12.2019

Die Altlast der Treffsicheren

Meinrad Gschwend stört sich an stillgelegten Schiessständen, deren Kugelfänge nicht abgetragen werden.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Seit dem Bau der Gemeinschaftsschiessanlagen in Altstätten und Oberriet sind in der Region mehrere Schiessstände stillgelegt worden. Zuletzt der in Eichberg; auf jener Anlage wurde heuer zum letzten Mal geschossen. Dort und auch in den Kugelfängen verschiedener anderer ehemaliger Schiessanlagen liegen nach wie vor Projektilrückstände im Boden. Der Altstätter Grüne-Partei-Kantonsrat Meinrad Gschwend sorgt sich ihretwegen. Er hat dazu der Regierung eine Interpellation zur Beantwortung eingereicht.«Eines der verheerendsten Umweltgifte»In seinem Vorstoss schreibt Gschwend von «Bleiminen» – weil das Schwermetall in den Kugelfängen in höherer Konzentration lagere als in Bleibergwerken. Und er betont, dass das Schwermetall nicht nur als abgefeuertes Projektil gefährlich ist: «Blei ist eines der verheerendsten Umweltgifte.»Zur Sorge Anlass geben sollte nach Ansicht Gschwends, dass das Blei nicht einfach so, wie es in den Kugelfang geschossen wird, im Erdwall liegen bleibt, wie man dies früher annahm. Neuere Studien hätten ergeben, dass es sich in tiefere Erdschichten verlagern könne. Damit werde es zur Gefahr fürs Grundwasser. Noch schneller ausgewaschen werde das Halbmetall Antimon, welches bei der Herstellung der Projektile dem Blei zur Härtung beigemischt wird.Mit der Stilllegung von Schiessständen ist das Problem deshalb nicht aus der Welt. Meinrad Gschwend stört denn auch, dass man manche stillgelegten Anlagen überwachsen lässt, bis nicht nur Gras über sie gewachsen ist, sondern ein Wald auf ihnen steht – mit der im Boden gelassenen Altlast zwischen den Wurzeln.Kennt man überhaupt alle ehemaligen Kugelfänge?Von der Regierung will Gschwend nun Zahlen haben über das im Bereich der Kugelfänge im Boden vermutete Blei und Antimon. Er möchte ausserdem wissen, wie viele Schiessanlagen im Bereich von Gewässerschutzzonen oder in der Nähe von Bächen stehen.Er fragt ausserdem nach der Anzahl Anlagen, die stillgelegt wurden, ohne dass man das belastete Erdreich ausgebaggert hat. Und ob man davon ausgehen müsse, dass es nebst den im Kataster der belasteten Standorte eingetragenen Kugelfänge noch weitere geben könnte, die dort nicht aufgeführt sind. Dabei denkt er nicht nur an vor langer Zeit aufgegebene Schiessstände von Gemeinden, sondern auch an Schiessplätze des Militärs.Dass Meinrad Gschwend sich gerade jetzt nach den Schiessständen erkundigt, hängt mit einer Weisung aus Bern zusammen. Der Bund unterstützt nämlich die Sanierung von Kugelfängen nur, wenn nach Ende 2020 auf den jeweiligen Schiessanlagen keine Projektile mehr ins Erdreich geschossen werden. Der eingangs erwähnte Schiessstand in Eichberg hätte also spätestens nächstes Jahr mit einem künstlichen Kugelfangsystem ausgerüstet werden müssen, würde dort weiterhin geschossen und die Gemeinde später beim Rückbau der Anlage nicht aufs Geld aus Bern verzichten wollen. Gschwend will deshalb von der Regierung wissen, ob die St. Galler Gemeinden diese Frist für die Nachrüstung ihrer Schiessanlagen einhalten können.Irgendwann wird es an irgendwem hängenbleibenNebst neuen Kugelfängen hätte er am liebsten auch gleich das schon verschossene Blei aus dem Boden draussen, nicht zuletzt aus den stillgelegten Anlagen. Er möchte darum von der Regierung wissen, wie der Kanton «mit dem Umstand umgeht, dass man manche alte Kugelfänge einwachsen lässt und damit die Sanierung auf unbestimmte Zeit verschiebt und kommenden Generationen überbürdet».

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