Die Vorrunde war für den FC Rüthi eine Katastrophe. Auf einen guten Start folgten sieben Niederlagen. Eigentlich drängte sich die Entlassung des Trainers auf. Aber oberhalb des Hirschensprungs tickt man anders.
«Am Ende der Vorrunde hatten wir eine Aussprache», sagt Sportchef Michael Büchel, «und wir waren uns einig: Granit Bojaxhi ist der richtige Trainer. Er hat seine Linie, setzt sich für alle ein, das Training stimmt und er ist positiv emotional.» Wer ist dieser Mann, dem der Vorstand in schwieriger Lage den Rücken stärkt?
Der Trainer sagt: «Ich liebe den Fussball»
Die Familie Bojaxhi kommt aus dem Kosovo nach Rüthi. Granit ist damals neunjährig. Sofort spielt er beim FC. «Ich liebe den Fussball.» Nach der Juniorenzeit spielt er im Eins, kurze Zeit auch beim FC Altstätten, immer als Stürmer, meistens erfolgreich. Er sagt: «Ich war oft Torschützenkönig.»
Bald einmal wird der Kosovare Schweizer. «Rüthi ist meine Heimat», sagt er, «da bin ich aufgewachsen, da habe ich meine Freunde.» Natürlich besonders viele im FC. «Der FC Rüthi ist mein Traumverein.»
Er sagt, es sei ein bescheidener Verein, und er meint damit, dass da nicht die grossen Worte, sondern die wichtigen Werte zählen: Nähe. Vertrauen. Zusammenhalt.
Die Vorrunde war ein einziger Albtraum
Bei diesem Traumverein erlebt Granit Bojaxhi als Trainer eine Albtraum-Vorrunde. Niederlage reiht sich an Niederlage.
Meistens sind wir früh in Rückstand geraten. Ich habe manches versucht, vieles geändert, oft gewechselt – und allmählich waren alle verunsichert. Keine Konstanz.
Die Liste der Schwierigkeiten ist lang, der Trainer schliesst sie so ab: «Aber ich war nicht verzweifelt.»
Nach der Winterpause soll alles besser werden. Das Trainingslager in Portugal ist ein Erfolg, mit Besart Shoshi, diesem erfahrenen Abwehrspieler aus St. Margrethen, wird die Verteidigung verstärkt und die 1:2-Niederlage im ersten Spiel gegen Leader Buchs macht Mut. In Rebstein soll die Bestätigung erfolgen. Tatsächlich: Alles läuft perfekt. Berni Allgäuer und Argurian Bojaxhi, der jüngere Bruder des Trainers, treffen zur 2:0-Führung. Und dann passt plötzlich nichts mehr. Keine Besserung!
Rüthi gelingt es nicht, den Vorsprung zu verwalten
Weil der Aussenverteidiger Andrin Kobler verletzt ausscheidet, muss der Trainer umstellen. Er entscheidet sich für ein Innenverteidiger-Bollwerk Shoshi/Bojaxhi, nimmt also seinen Bruder aus dem Mittelfeld zurück. Die Routine dieser beiden, die jahrelang in der 2. Liga defensive Stammspieler waren – sein Bruder bei Montlingen – soll helfen, den Vorsprung über die Zeit zu retten.
Es gelingt nicht. Der Grund ist einfach: Argurian, vorher im Mittelfeld kreativer Kopf und Antreiber mit vielen guten Zuspielen, fehlt dort. In der Offensive läuft gar nichts mehr, die Verteidigung ist überlastet. Rebstein setzt zum Sturmlauf an – und hat Erfolg.
Die Verlierer ziehen Bilanz. Besart Shoshi sagt: «Es war ein Kampfspiel. Leider haben wir immer mehr nachgelassen.» Argurian Bojaxhi, der in dieser Saison schon in der Abwehr, im Mittelfeld und im Sturm spielte:
Granit ist der Chef. Er sagt, wo ich spiele. Rebstein wollte den Sieg mehr.
Der Chef: «Die Umstellung hat uns aus dem Tritt gebracht.»
Für den Trainer gilt, das Team wieder aufzurichten
So sitzt, denn am frühen Sonntagabend, ein niedergeschlagener Trainer vor dem Clubhaus in Rebstein. Rasch kommen seine Spieler aus der Kabine und verabschieden sich. Dann geht auch er nach Hause. Dort warten seine Frau und drei Mädchen. «Elvana ist die richtige Frau für mich. Sie unterstützt mich, und ich bin dankbar dafür.» Sie wird an diesem Abend keine leichte Aufgabe gehabt haben.
Während der Woche wird in Rüthi nun wieder trainiert. Am Wochenende wartet ein schwieriges Spiel: Bad Ragaz, der starke Tabellenzweite, kommt auf den Rheinblick. Der Trainer wird sein Team aufrichten. Das ist seine Aufgabe. Er selber holt sich Zuversicht und Kraft im Beruf als Versicherungsberater bei der Krankenkasse Helsana:
Ich bin gern unter Leuten, liebe meinen Job und bin glücklich.