20.11.2021

Des Bikers Lust – des Wolfes Frust

In jahrelanger Tüftelarbeit haben Christian und Adrian Rusch aus Steinegg ein neuartiges Weidetor entwickelt, das auch vor Wolfsangriffen schützen soll. Die selbstschliessende Konstruktion könnte vielerorts Probleme lösen.

Von Karin Erni
aktualisiert am 03.11.2022
Karin ErniWer im Appenzellerland mit dem Mountainbike unterwegs ist, muss häufig aus dem Sattel steigen. Die Wege durchqueren oft eingezäunte Weiden, deren Zugänge mühsam geöffnet und wieder geschlossen werden müssen. Eine Lösung für dieses Problem haben zwei Tüftler aus Steinegg gefunden. Christian und Adrian Rusch entwickelten ein Weidetor, das von den Bikenden ohne abzusteigen geöffnet werden kann und sich nach der Passage von selbst wieder schliesst. Wanderer können den Mechanismus ohne grossen Kraftaufwand betätigen. Als der Wolf immer näher ins Appenzellerland kam, entschieden sich die beiden Erfinder, ihr Tor mit einer Zusatzfunktion auszurüsten, damit es auch als Schutz gegen das Raubtier dient.Guido Fässler aus Appenzell lässt seine 130 Mutterschafe mit ihren Lämmern während der Sommersaison unterhalb der Sollegg in Appenzell weiden. Als Folge der zunehmenden Wolfspräsenz musste er die Weide mit einem Vierfach-Draht sehr aufwendig neu einzäunen. Weil ein Wanderweg direkt durch die Wiese führt, ist Fässler auf ein gut funktionierendes Tor angewiesen. «Mit der neuen Konstruktion wurde eine Schwachstelle behoben. Früher kam es immer wieder mal vor, dass der Durchgang offen gelassen wurde. Das passiert jetzt nicht mehr.»Beim Zaun von Guido Fässler wurde zusätzlich eine Hülse in den Boden verlegt, damit das Tor ohne Aufwand versetzt werden kann, wenn die Tiere die Weide wechseln. Auch der Strassenmeister des Bezirks Appenzell, Stefan Nagel, ist sehr zufrieden mit den neuen Durchgängen. «Wir mussten bis jetzt weder einen Schaden noch einen Unfall verzeichnen.» Auch Wanderer mit Hunden seien sehr zufrieden, weil die Vierbeiner problemlos passieren können, so Nagel. «Im Bezirk Appenzell ist der Bedarf mit fünf Toren zurzeit gedeckt. Falls jedoch wegen eines neuen Bikewegs ein solcher Durchgang nötig werden sollte, wäre das Rusch-Gate die erste Wahl.»Auf dem Küchentisch und in der Garage «Als ich vor 15 Jahren mit meinen Kollegen aus der jungen Männerriege angefangen habe zu biken, wunderten wir uns über Drehkreuze, zu steile Rampen und selbst gebaute Konstruktionen – und dies sogar bei offiziell signalisierten Bikewegen», sagt Christian Rusch. «Diese Hindernisse sind mühsam zu passieren, insbesondere mit schweren E-Bikes. Manche Übergänge sind sogar gefährlich und es kam schon zu Unfällen.» Das Problem liess ihn nicht los, und er begann zu tüfteln. Es galt, einige Herausforderungen zu bewältigen: Der Zaundurchgang musste selbstschliessend sein, um das Ausbrechen des eingezäunten Viehs zu verunmöglichen. Er soll für Wanderer und Biker gleichsam und von beiden Seiten begeh- und durchfahrbar sein. Eine einfache und schnelle Wartung muss gewährleistet sein. Weiter sollte der Mechanismus ohne grosse Anstrengung betätigt werden können, um die Passage auch älteren Personen zu ermöglichen. All diese Anforderungen wurden von Sohn Adrian, der bei der Firma Bühler in Appenzell als Anlage- und Apparatebauer tätig ist, umgesetzt. Auf dem Weg zum Start-up-Unternehmen Die beiden verbrachten zahlreiche Stunden am Küchentisch und vor dem PC. Dabei wurden die ersten 3D-Modelle mittels CAD ausgearbeitet. Einige Ideen erwiesen sich als nicht praktikabel und landeten im Papierkorb. «Nach der Herstellung der ersten Prototypen war uns die Junge Männerriege Steinegg stets eine grosse Hilfe», sagt Christian Rusch. «Dank ihrer konstruktiven Kritik und der Verbesserungsvorschläge kamen wir unserem Ziel in stundenlangen Diskussionen immer näher.» Im letzten Winter, nach ausgiebigen Testen in der Garage, waren die beiden endlich zufrieden mit dem Ergebnis und das Weidetor wurde auf den Namen «Rus©hGate» getauft. Die Teile lässt Adrian bei Bühler fertigen, die Endmontage passiert in der heimischen Garage. Einen Preis für das Tor will Rusch nicht nennen. «Gemessen an der Lebensdauer von 25 Jahren ist es günstig.» Noch wissen die beiden Tüftler nicht, ob sie die Produktion professionalisieren und dafür eine Firma gründen wollen. Einen Businessplan haben sie bereits erstellt und stehen mit dem Innovationsnetzwerk Startfeld in St. Gallen in Kontakt.

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