05.05.2020

«Der Wochenendverkehr stört»

Seit 125 Tagen ist Röbi Raths jetzt Stadtpräsident von Rorschach. Er spricht über das Spital und protzige Autos.

Von Interview: Martin Rechsteiner
aktualisiert am 03.11.2022
Interview: Martin Rechsteiner Röbi Raths, kürzlich hatten Sie schlechte Nachrichten: Die Stadt muss die Bundesfeier absagen ...Röbi Raths: Ja, und das ist natürlich sehr schade. Aber es war uns zu heikel. Denn die Organisation kostet. Und wenn dann der Anlass, der gegen 3000 Leute umfasst, unter Beschränkungen des Bundes fällt und nicht stattfinden kann, wäre das äusserst ärgerlich. Strandfestwochen, Sandskulpturen und Beachevent – dürfen diese Anlässe im August demnach auch nicht stattfinden? Die Stadt Rorschach hat die Bundesfeier in ihrer Rolle als Organisatorin abgesagt. Nicht als bewilligende Behörde. Die Erlaubnis der Stadt erhalten die von Ihnen genannten Veranstaltungen vermutlich, allerdings unter dem Vorbehalt, dass keine Coronarichtlinien von Bund oder Kanton verletzt werden. Auf der Stadtverwaltung glauben wir nicht an eine rasche Lockerung, deshalb keine Bundesfeier. Es ist nicht die einzige schlechte Neuigkeit, die Sie in Ihren ersten 125 Tagen verkünden mussten ... Worauf spielen Sie an? Anfang Jahr mussten Sie die Abstimmung über Rechnung und Budget verschieben. Wegen personeller Engpässe und wegen der Einführung des neuen Rechnungsmodells wurde es knapp. Und ich will nicht einfach etwas durchwürgen. Deshalb haben wir mehr Zeit beantragt. Das hat bestens geklappt und jetzt passiert die Abstimmung wegen Corona ja sowieso noch einmal später. Inwiefern macht Ihnen das Virus am meisten zu schaffen? Als ich 1999 in Thal gerade Gemeindepräsident geworden war, gab es ein schlimmes Hochwasser. Das haben wir gemeistert. Krisen bergen ja immer Herausforderungen, und diese zu bewältigen hat auch etwas Spannendes. Die jetzige Situation finde ich schwierig, weil Infoabende, die Bürgerversammlung oder viele kulturelle Anlässe nicht stattfinden. So sind der Kontakt und die Nähe zu den Bürgern für uns stark eingeschränkt. Das verzögert bei der Stadt Abläufe und Projekte. Verzögert ist derzeit auch die Spitaldebatte. Wo stehen Sie in der Sache als Rorschacher Stadtpräsident? Es ist noch nicht klar, welchen Einfluss die aktuelle Pandemie auf die Spitaldebatte hat. Im Moment ist das Thema jedoch Sache der St. Galler Regierung und dann des Parlaments. Wie gut, dass Sie in Letzterem ja auch sitzen ... Also: Es gibt Argumente für den Erhalt, aber auch für eine Schliessung des Spitals Rorschach. Falls es geschlossen werden sollte, muss zwingend ein Ersatz her. Und der muss mehr sein als eine bessere Arztpraxis. Rorschach darf bei einer allfälligen Schliessung nicht leer ausgehen. Gibt es andere Projekte, die Sie jetzt, trotz Krise, in Angriff nehmen wollen? Ja. Ich will etwas gegen den vielen Wochenendverkehr in Rorschach unternehmen. Da kommen sie mit ihren Protzkarren aus der ganzen Region und fahren sinnlos mit viel Getöse in der Innenstadt herum. Das muss aufhören. Sie selber fahren aber auch gerne Ihren Maserati. Jetzt kommen Sie mir nicht wieder damit. Ich fahre mit dem Auto ja nicht zehn Mal am Stück die gleichen dreihundert Meter in der Stadt hin und her und lasse den Motor aufheulen. So etwas stört doch die Leute. Rorschach soll kein Ort mehr sein für Bolidentreffen. Denn das verpasst der Stadt einen negativen Ruf, den sie bei weitem nicht verdient. Kurbeln Wochenendtouristen denn nicht das Gewerbe in Rorschach an? Der Schlag «Touristen», von dem ich hier rede, gibt kaum einen Franken aus in Rorschach. Die kommen von weit her und fahren bei uns einfach rum. Und was wollen Sie dagegen tun? Betroffen ist vor allem die Hauptstrasse – eine Kantonsstrasse. Deshalb möchte ich eine Interpellation im Kantonsrat vorbringen. Eine Verkehrsbeschränkung am Wochenende muss her. Und wenn ich die Strasse persönlich einmal ein paar Stunden sperren muss. Ist das Ihr Ernst? Mein voller Ernst. Der Handlungsbedarf ist ausgewiesen. Andere Gemeinden haben das Bolidenproblem ja auch. Sie werden politische Massnahmen unterstützen. Vermissen Sie Ihre alte Heimat Thal? Es waren schöne 21 Jahre, die ich als Gemeindepräsident dort verbringen durfte. Aber der Wechsel nach Rorschach hat gut getan. Mir gefällt es hier. Die Arbeit mit dem Stadtrat und der Verwaltung läuft sehr gut und macht viel Spass. Meine Kandidatur bei den Erneuerungswahlen im kommenden September ist sicher.

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