04.06.2021

Der Widerstand hört nicht auf

Die Fahrmaadhof AG will in Balgach eine Gemüserüsthalle errichten. Gegen das Bauvorhaben gingen Einsprachen ein.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 03.11.2022
In Balgach soll klappen, was in Diepoldsau nicht gelang. Doch gegen das Baugesuch der Fahrmaadhof AG zur Errichtung einer Gemüserüsthalle an der Rietstrasse gingen auch dort im Rahmen der Planauflage im Mai Einsprachen ein.Wenige private zwar, wie der Geschäftsführer der Fahrmaadhof AG, Simon Lässer, mitteilt, dafür je eine von Pro Natura St. Gallen-Appenzell sowie dem WWF St. Gallen.Bauvorhaben sei nicht zonenkonformDas Vorhaben verstosse gegen das Raumplanungsgesetz, lautet die eine Begründung der beiden Naturschutzverbände. Der vom Gesetz geforderten Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet werde beim Vorhaben nicht Rechnung getragen. In der Landwirtschaftszone, wo die Halle entstehen soll, dürfen gemäss Raumplanungsgesetz nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die der Aufbereitung, Lagerung oder dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte dienen. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass es sich nicht um eine industriell-gewerbliche Art der Aufbereitung handelt.Genau das sei beim Bauvorhaben der Gemüserüsthalle jedoch gegeben, teilt Lukas Indermaur, Geschäftsführer WWF St. Gallen auf Anfrage mit. Er führt aus: «Ein komplett bodenunabhängiger Betrieb (wie die geplante Verpackungshalle), kann nicht mitten in der Landwirtschaftszone errichtet werden.» Corina Del Fabbio, Co-Geschäftsführerin von Pro Natura St. Gallen-Appenzell führt diese Begründung ebenfalls an und ergänzt, das Vorhaben widerspreche auch dem Richtplan, denn die Hälfte der geplanten Überbauungsfläche liege auf Fruchtfolgeflächen. Bauten und Anlagen seien jedoch möglichst ausserhalb von Fruchtfolgeflächen zu errichten.«Wir haben jetzt Zeit zu reagieren und Stellung zu den Einsprachen zu nehmen», sagt Fahrmaadhof-Geschäftsführer Simon Lässer. Für den Gemüsebaubetrieb führe kein Weg an einer neuen Halle vorbei. «Wir brauchen einen neuen Standort in der Region, der verkehrstechnisch passt und sich in der Nähe unserer Felder befindet», so Lässer. Der Betrieb mit Sitz in Diepoldsau lässt den Grossteil der Ware im eigenen Gemüsezentrum in Rebstein verpacken. Mit einem Neubau, in dem die Ware gerüstet, gelagert und verpackt werde, liesse sich die Anzahl Transportfahrten zwischen den verschiedenen Standorten vermindern, so der Geschäftsführer. Die geplante Halle bei der Rietmühle in Balgach wäre in etwa 100 Meter lang, 40 Meter breit und 14 Meter hoch. Gekauft hatte Stefan Britschgi, Inhaber der Fahrmaadhof AG, das etwa 13 500 Quadratmeter grosse Areal im Mai 2019.Sturm der Ablehnung auf der RheininselEigentlich hatte Stefan Britschgi das Gemüsezentrum in Diepoldsau errichten wollen. 2017 plante er die Erweiterung auf seinem Hofareal, scheiterte damals jedoch an der Unvereinbarkeit des Vorhabens mit den geltenden Raumplanungsrichtlinien.Britschgi, der damals noch dem Diepoldsauer Gemeinderat angehörte, startete Mitte 2018 einen zweiten Anlauf in der Gemeinde und reichte ein Baugesuch für eine Gemüserüsthalle an der Werkstrasse ein. Ein Sturm der Ablehnung schlug dem Vorhaben entgegen. 400 Einsprecher wandten sich gegen das Bauvorhaben und auch gegen die damit zusammenhängende Anpassung des Teilzonenplans. Die Einsprecher führten unverhältnismässigen Mehrverkehr ins Feld. Bald schwang noch eine andere «Behauptung» mit. Der Gemeinderat versuche, es dem Ratskollegen leicht zu machen, war hinter vorgehaltener Hand vom einen oder anderen Diepoldsauer zu hören.Die Fahrmaadhof AG solle doch versuchen, einen Stand-ort auf der anderen Rheinseite zu finden, war an einer Informationsveranstaltung zur Ortsplanungsrevision zu hören. Fahrmaadhof-Inhaber Stefan Britschgi sistierte das Baugesuch. Später entschied eine Ersatzregierung über die Einsprachen, da der Diepoldsauer Gemeinderat wegen Befangenheit nicht entscheidungsfähig war.Kein generelles Nein gegen eine HalleZurückgezogen hat die Fahrmaadhof AG das Baugesuch an der Werkhofstrasse bis heute nicht, es ist lediglich sistiert. Das Land ist zwischenzeitlich im Rahmen einer Richtplananpassung durch die St. Galler Regierung umgezont worden, von Landwirtschafts- in Siedlungsgebiet. Dies sei ein notwendiger Schritt für nachgeordnete Verfahren, hiess es.Genau dieser Umstand ist es, den Pro Natura und der WWF als zweite Begründung für ihre Einsprache gegen eine Gemüserüsthalle in Balgach vorbringen: «Ein geeigneter Alternativstandort wäre vorhanden gewesen, wieso dieser nicht weiter verfolgt wurde, hat man nicht begründet», schreibt Lukas Indermaur, Geschäftsführer WWF St. Gallen. Bereits vor einem Jahr hat die Fahrmaadhof AG dem WWF St. Gallen die Pläne für die Gemüserüsthalle in Balgach vorgestellt. Indermaur schreibt dazu, man habe damals schon den Gesuchstellern mitgeteilt, «dass an diesem Standort das Vorhaben aus diversen Gründen nicht bewilligt werden kann – hingegen schon am Standort in Diepoldsau an der Hauptstrasse, wo extra für das Vorhaben eine Einzonung erfolgt ist.» Dort mag zwar die Zone passend sein, ob sich die Ablehnung weiter Teile der Bevölkerung verflüchtigt hat, ist fraglich.Man habe sich im Vorfeld beim Areg, dem Amt für Raumentwicklung und Geoinformation, wegen des Bauvorhabens in Balgach erkundigt, sagt Fahrmaadhof-Geschäftsführer Si-mon Lässer. Beim Areg laufen in nächster Zeit die Fäden zusammen, die Einsprachen werden geprüft, sodann eine baurechtliche Teilverfügung zuhanden der Gemeinde erstellt. Das rechtliche Gehör, das den Parteien vor der Verfügung zugestanden wird, könne viel Zeit in Anspruch nehmen, lässt das Areg wissen. Zum Verfahren selbst äussert sich das Amt nicht.

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