16.04.2019

Der Wald braucht dringend Unterstützung

Die Waldwirtschaft ist ein Verlustgeschäft. Waldbesitzer haben mit tiefen Holzpreisen und steigendem Unterhalt zu kämpfen. Dazu kommt die klimatische Veränderung mit schier unlösbaren Herausforderungen.

Von Ralph Dietsche
aktualisiert am 03.11.2022
Waldbesitzer zu sein klingt idyllisch, ist es aber schon lange nicht mehr. Der Preiszerfall des Rohstoffs Holz macht der Waldwirtschaft je länger je mehr zu schaffen. Dies ist jedoch nur ein Grund, weshalb der Wald dringend auf Unterstützung angewiesen ist. Deshalb wird nun die Politik aktiv. Der St. Galler Kantonsrat diskutiert in der Juni-Session über die Förderung der Waldwirtschaft. Das Beispiel anhand des Allgemeinen Hofes Oberriet zeigt, wie dramatisch die Situation ist. Vor 37 Jahren wurden dort durch einen Föhnsturm 80 Hektaren Wald auf einen Schlag gefällt. Dies entspricht einer Fläche von gut 115 Fussballfeldern. Während die Bevölkerung den verheerenden Sturm grösstenteils vergessen hat, beschäftigt dieses Ereignis den Revierförster Röbi Kobler noch heute: «Wir pflegen die Wälder schon über 30 Jahre und konnten bislang daraus noch kein Holz ernten. Die Pflege bringt keinen Ertrag.» Die finanziellen Defizite tragen Bund und Kanton sowie die Waldeigentümer. Im Fall des Allgemeinen Hofs Oberriet sind dies die Ortsgemeinden von Eichenwies, Holzrhode, Kriessern, Montlingen, Oberriet und Diepoldsau. Mit optimierten Verfahren und Arbeitstechniken versucht das Forstteam, die Pflegekosten möglichst tief zu halten. Die Pflegekosten tief haltenTrotzdem müssen die Wälder in einem Abstand von acht bis zwölf Jahren gepflegt werden. Ansonsten entstehen labile Bäume und die Bestände werden dementsprechend instabil. Weitere Herausforderungen sind der Borkenkäfer und Pilzkrankheiten wie beispielsweise die Eschenwelke. Dieser Pilz macht vor Jungwaldflächen nicht halt, befällt die Eschen und lässt diese innert wenigen Jahren absterben. «Diese Baumart wäre für einen naturnahen und stabilen Wald wichtig», erklärt Kobler. Auf die Waldbesitzer warten also keine rosigen Zeiten. Hinzu kommen die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen. «Welche Baumart in 30 Jahren bei uns am widerstandsfähigsten ist, kann kaum jemand beantworten», gibt der Revierförster zu bedenken. Zu rasch schreite die globale Erwärmung fort und verändere das Waldklima. Röbi Kobler versucht sich mit einer Mischung von Baumarten alle Optionen offen zu halten. Folglich verliert der Waldeigentümer aber Geld. Denn: «Artenreiche Wälder sind stabiler, aber auch kostenintensiver.» Für die Waldbesitzer stellt sich die Frage: Wollen wir Wälder, die wenig bis keinen Ertrag bringen oder Reinbestände, die allenfalls einen Ertrag abwerfen, aber das Risiko besteht, dass die gesamte Ernte ausfallen könnte. Bevölkerung sensibilisierenTrotz der misslichen Lage bemühen sich die Waldeigentümer zusammen mit dem Forstteam weiter, ihr Bestes zu geben. Dies im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten. Für Röbi Kobler wäre es schön, wenn die Bevölkerung die Bemühungen der Waldeigentümer anerkennen würde. «Dort wo nötig, wäre es auch angebracht, mit finanziellen Mitteln den artenreichen Lebensraum Wald zu unterstützen und so der Nachwelt zu erhalten», sagt Kobler. Er ist froh, dass die Politik die Problematik nun in ihrer Agenda aufgenommen hat. Die vorberatende Kommission «Perspektiven der Waldwirtschaft im Kanton St. Gallen» will den Wald nachhaltig und langfristig erhalten. Sie sieht eine gezielte Abgeltung von aufwendigen Waldleistungen vor. Die St. Galler Regierung hingegen sieht keinen Handlungsbedarf. Sie weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass die Waldeigentümer allfällige Entschädigungen direkt mit den Nutzniessern, den Gemeinden oder Dritten aushandeln sollen und dazu keine neuen gesetzlichen Grundlagen nötig seien. Trotzdem: Der Wald braucht dringend Unterstützung und Gehör. Sowohl in der Politik als auch in der Gesellschaft. Röbi Kobler sagt abschliessend: «Wir können nur auf die Problematik und die Herausforderungen hinweisen. Die Grundlagen, um die Waldwirtschaft angemessen zu unterstützen, müssen durch die Politik ausgearbeitet werden. Und dies, bevor es zu spät ist.»Ralph Dietsche

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