Jesko CalderaraWie viele Museen verfügt auch jenes in Heiden über eine ethnologische Sammlung. Teile davon sind im 2. Stock des Postgebäudes ausgestellt. Welcher Schatz aber in Kartonschachteln auf dem Dachstock schlummerte, war den Verantwortlichen jahrzehntelang nicht bewusst – zumindest bis 2016 nicht.Vor zwei Jahren statteten mehrere Experten der Universität Zürich und des Ethnologischen Vereins Zürich dem Historischen Museum einen Besuch ab. Ihr Interesse galt den völkerkundlichen Gegenständen. Was sie im kleinen Dorfmuseum und besonders auf dem dortigen Dachstock vorfanden, übertraf ihre Erwartungen bei Weitem. Ihr Fazit war eindeutig: Das Museum Heiden besitzt eine bedeutende ethnologische Sammlung. Zum gleichen Schluss kam ein Jahr darauf der Ethnologe und Kurator des Museo delle Culture in Lugano. «Diese Einschätzung der Fachwelt hat uns völlig überrascht», sagt Museumsleiter Andres Stehli.Insgesamt umfasst das ethnologische Abteil rund 500 teilweise repräsentative und seltene Exponate, die grösstenteils aus Asien stammen. Dazu gehören beispielsweise Schmuckstücke, Schwerter mit prächtigen Lederverzierungen, Handwerkskunst, Flechtwerke, Plastiken, Möbel und Ritualgegenstände. Zu verdanken hat das Vorderländer Museum diese Sachen weitgehend dem Heidler Traugott Zimmermann, der als Kaufmann und Honorarkonsul in Indonesien tätig war (siehe Zweittext).Anfang dieses Jahres konnte das Historische Museum Heiden von einem weiteren Zufall profitieren. Es erhielt den Nachlass von Peter Sonderegger, der mit Zimmermanns Frau verwandt war. Sonderegger besass vor allem persönliche Objekte des Honorarkonsuls, unter anderem viele Fotografien und eine Kamera.Zukunft der Sammlung ist offenIm Frühling 2019 ist eine Sonderausstellung «Out of the dark – die verborgenen Schätze im Museum Heiden» geplant. Ursprünglich war der Anlass bereits für dieses Jahr vorgesehen. Die wissenschaftliche Erfassung der einzelnen Stücke benötige jedoch viel Zeit, sagt Stehli. Als Alternative läuft daher noch bis zum 28. Oktober die Ausstellung «Klein aber fein – Kunst in Heiden».Auf das Museum kommen derweil noch weitere Herausforderungen zu. So muss eine Erhöhung der Versicherungssumme vorgenommen werden. Auch stellt sich die Frage, in welcher Form die indonesischen Schätze künftig der Öffentlichkeit gezeigt werden können. Diese würden vor allem unter Fachleuten grosses Interesse auslösen, zeigt sich Stehli überzeugt. Aus diesem Grund soll die ethnologische Sammlung überregional vermarktet werden. Auch eine Zusammenarbeit mit grösseren Museen, etwa für Ausleihungen, ist gemäss Stehli denkbar.Honorarkonsul und KaufmannBiografie Traugott Zimmermann stammt ursprünglich aus Diessenhofen im Kanton Thurgau, wo er 1854 zur Welt kam. Einen Teil seiner Jugendzeit verbrachte er in Speicher. Zimmermann besuchte die Kantonsschule Trogen. Dort arbeitete sein Vater als Lehrer. Anschliessend machte der junge Traugott Zimmermann in St. Gallen eine Lehre, bevor er in die weite Welt hinauszog. Eine zweite Heimat fand er in Holländisch-Indien. Im heutigen Indonesien lebte er ab 1873 und ein zweites Mal zwischen 1896 und 1910. In Batavia, der heutigen indonesischen Hauptstadt Jakarta, war er hauptberuflich als Kaufmann im Goldminen- sowie im Import-Export-Geschäft tätig. Zudem wurde er Schweizer Konsul für Indonesien. Zimmermann war mit der Tochter des ehemaligen Heidler National- und Ständerats Hans Konrad Sonderegger verheiratet. Nach seiner Rückkehr aus Asien lebte er bis zu seinem Tod im Jahr 1918 in der Vorderländer Gemeinde. Er vermachte Heiden seine umfassende ethnologische Sammlung aus Schmuck, Kult-, Jagd- und Gebrauchsgegenständen der Eingeborenen aus Indonesien, zusammen mit einer Vielzahl von exotischen Tieren. (cal)