07.09.2018

Der Traum am Mont Blanc

Nach dem Erreichen der Anzahl Punkte aus Ultra-Bergläufen, wartete Roger «Rats» Coray drei Jahre, bis das Los auf ihn fiel: Mit der Teilnahme am Ultra-Trail du Mont-Blanc ging für ihn ein Traum in Erfüllung.

Von Andrea Kobler
aktualisiert am 03.11.2022
Andrea KoblerDer Altstätter Roger «Rats» Coray kehrte am letzten Sonntag in der Nacht mit 1000 neuen Eindrücken zurück. Hinter ihm lag ein Abenteuer über 171 Kilometer und an die 10000 Höhenmeter. Als einer von rund 2500 Läufern aus 101 Nationen ging es von Chamonix aus über Les Houches zum ersten Anstieg La Charme und von dort in den hochalpinen Bereich auf den Croix du Bonhomme (2479 m). Was er erlebte war das Eindrücklichste: In jedem noch so kleinen Weiler standen die Menschen an den Strassenrändern: «Es war 24 Stunden Alpenzirkus.» Er überquerte den Col de la Seigne (2516 m) in italienisches Gebiet und es ging mit dem Val Ferret auch über Schweizer Boden.Einmal gab der Kopf den Ton an, dann wieder die BeineHerausforderungen waren schwierige Passagen wie Schutt- und Lawinenkegel: «Passagen, wo es auch abwärts keine Zeit aufzuholen gab.» Oder ausgesetzte Stellen: «Der Lisengrat zwischen Säntis und Rotsteinpass war nichts dagegen.» Nur zweimal legte sich Coray für 10 bis 15 Minuten hin – mehr war auch aufgrund des Kontrollschlusses nicht möglich. Eine grosse Herausforderung war das Wetter mit starkem Wind: «Im hochalpinen Gelände trug ich zeitweise fünf Schichten Kleider, Mütze und Handschuhe und hätte bei gefühlten –10 Grad, wenn vorhanden, noch mehr angezogen.» Hier schneite es, an anderen Stellen ging es durch Schlamm. Corays Taktik war einfach: «Das Ziel war immer der nächste Kontrollposten – insgesamt gab es 26.» Einmal gab der Kopf den Ton an, dann wieder die Beine, immer kämpfend, selten im Gleichklang. Am zweiten Tag durchlebte Coray auch die Déjà-vu-Erfahrung – Wege schienen ihm bekannt, obwohl noch nie gesehen.Nächstes Ziel mit OlympionikeIn der Rangliste verbesserte er sich stetig. Noch auf den letzten sieben Kilometern vor dem Ziel in Chamonix gelang es ihm, 87 Läufer zu überholen. Schliesslich überquerte er das Ziel als 1376. «Es war ein Wahnsinn, etwas das Du unbedingt einmal gesehen haben musst», sagte der Altstätter Stunden nach dem Zieldurchlauf. «Ein einmaliges Erlebnis», das es wohl auch bleiben wird. Nochmals drei Jahre auf einen Startplatz warten, das will Coray nicht. Viel lieber steckt er sich neue Ziele. Mit Olympionike Christian Kreienbühl wird er 2019 während fünf Tagen anlässlich des Dragon back Race in Wales mit Kompass und Landkarte 315 Kilometer mit insgesamt 15500 Höhenmetern absolvieren. Dafür wird er auch erstmals auf eine fünfmonatige Winterpause verzichten. Seinen nächsten Einsatz hat er bereits heute Samstag, 8. September, anlässlich des Altstätter Städtlilaufes.Für das jüngste Opfer Laufsport Roger Coray erlebte in diesem Jahr mit dem 100-Meilen- Mauerweglauf (161,9 km) in Berlin eine weitere Premiere. Es war sein erstes Flachrennen über eine so lange Distanz. Sein Start war Mitte August, am Samstagmorgen um 6 Uhr. Sein Kollege Christian Kreienbühl lief den Marathon an der Europameisterschaft am Sonntag um 10 Uhr. «Deshalb hatte ich nur ein Ziel, ich wollte so schnell sein, dass ich das Rennen von Kreienbühl verfolgen konnte», so Coray. Schliesslich erreichte Coray das Ziel als 142. (von 313 Läufern). Da er unter 24 Stunden blieb, wurde er mit einer 100- Meilen-Buckle – einer Gürtelschnalle nach amerikanischem Vorbild – ausgezeichnet. Vom Lauf selber wird ihm vor allem die Unterstützung der Altstätter Läufer Adrian und Fredi Marti nach rund 60 Kilometer der Strecke in Erinnerung bleiben sowie der Moment, als er ein Spielzeug niederlegte. So wie alle anderen Läufer auch. Mit diesen wird einem Opfer gedacht, das an der Berliner Mauer sein Leben verlor. Dieses Mal Jörg Hartmann, der mit zehn Jahren das jüngste Opfer war. Er hielt sich nach Einbruch der Dunkelheit im Grenzgebiet im Berliner Stadtbezirk Treptow auf. Als ein Grenzsoldat die Schatten von ihm und seinem Freund sah, eröffnete er das Feuer. (ak)

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