Die SBB bereiten die Einführung des Halbstundentakts für die Schnellzüge zwischen St. Gallen und Sargans vor. Voraussetzung dafür sind Doppelspurausbauten sowohl bei Oberriet als auch zwischen Buchs und Sevelen sowie der Ausbau des Bahnhof Rüthi zum Kreuzungsbahnhof für die S-Bahnen.Allerdings ist der Baugrund im Rheintal schwierig, besonders bei Oberriet, wo das Trassee über Torfboden führt. Beim Bahnübergang Altstätterstrasse (der Strasse von bzw. nach Montlingen) ist die Torfschicht bis 15 Meter tief, wie Untersuchungen ergaben.Voraussetzung für schnellere ZügeDamit die Züge hier künftig wie geplant mit einer Geschwindigkeit von 125 km/h fahren können (gegenüber den heutigen 90 bis 100 km/h) muss das Doppelspurtrassee gestützt werden. Für die Baugrundverbesserung wird ein von den SBB bislang erst selten eingesetztes Verfahren angewendet: Das Trassee wird auf sogenannte Rüttelstopfsäulen gebaut. Kürzlich haben die SBB beim Bahnübergang Altstätterstrasse ein Testfeld angelegt, bei dem das Verfahren im hier anstehenden Boden erprobt wurde.Unter einfacheren Umständen würde man einfach den Boden austauschen, auf den das Trassee zu liegen kommt, erklärt der von der SBB beauftragte Ingenieur Kurt Anderegg von der Anderegg Ingenieure AG in Uster. Das wäre bei solch tiefgründigem Torfboden aber schlicht nicht bezahlbar. Und eine weniger tief reichende Schüttung hätte ungleichmässige Setzungen zur Folge, die immer wieder Korrekturschüttungen erforderlich machen würden.Herkömmliche Pfählungsverfahren schieden aus verschiedenen Gründen aus. Eine Pfählung aus Holz, wie sie im Rheintal lange Standard war, kommt nicht in Frage, weil Schwankungen des Grundwasserspiegels nicht auszuschliessen sind. Dies hätte zur Folge, dass die Pfähle früher oder später von oben her zu faulen beginnen. «Deswegen sind Holzpfähle hier nicht tauglich – die Bahn plant mit einem Horizont auf 100 Jahre», erklärt Anderegg.Betonpfähle wiederum sind problematisch, weil der Torfboden nicht überall gleich tiefgründig ist und deshalb die nötige Länge nicht planbar ist. Stets die passende Länge bekäme man mit Ortbetonpfählen. Sie werden erst an Ort und Stelle gefertigt, indem Beton in ein Rohr der richtigen Länge gegossen wird. Das Verfahren sei aber teurer als das Rüttelstopfverfahren, erklärt Anderegg.Entscheidend ist die Zeit, die man gewinntKommt hinzu: Während man für einen Ortbetonpfahl vier bis acht Stunden benötigt, ist eine Rüttelstopfsäule in knapp einer Viertelstunde fertig. Das Rüttelgestänge durchdringt den Torfboden mit seinen unterschiedlich weichen Schichten «wie eine Crèmeschnitte», erklärt Kurt Anderegg bildhaft. Und bei 11 000 Säulen, die auf der 2,3 Kilometer langen Ausbaustrecke bei Oberriet nötig sein werden, ist die schnellere Bauweise entscheidend.In Deutschland, vor allem im Norden, sei das Rüttelstopfverfahren als Bodenverbesserungsmassnahme Standard, sagt Kurt Anderegg. Die SBB habe es bislang allerdings erst wenig angewendet, im Besonderen nicht in der vermörtelten Bauweise. Das Versuchsfeld mit gut 50 Rüttelstopfsäulen beim Bahnübergang Altstätterstrasse dient nicht nur dazu, das Verfahren in diesem speziellen Baugrund zu testen. Es werden auch verschiedenste Messungen vorgenommen, um nachweisen zu können, dass die Umwelt nicht beeinträchtigt wird.Testfeld erbringt Nachweis der UmweltverträglichkeitGemessen wird etwa, wie weit das Erdreich verdrängt wird und welche Erschütterungen während der Bauarbeiten entstehen. Und nicht zuletzt wolle man den Nachweis erbringen, dass sich der Bau der Rüttelstopfsäulen nicht aufs Grundwasser auswirke, weder chemisch noch aufs Strömungsverhalten, betont der für die Überwachung zuständige Ingenieur Oliver Gehring von der Locher Ingenieure AG in Zürich, die von den SBB mit der Planung beauftragt wurde. Deswegen hat man schon Wochen vor den eigentlichen Tests mit Messen begonnen und setzt die Messungen auch noch längere Zeit danach fort.Für den Ausbau des Bahnhofs Rüthi auf einer Länge von rund 500 Metern wird man das Verfahren ebenfalls anwenden. Auch dort wollen die SBB mit einem Testfeld die Unbedenklichkeit des Verfahrens nachweisen. Im Unterschied zu Oberriet wird in Rüthi die Erstellung der Betonsäulen mit Druckluftunterstützung getestet. Man will damit prüfen, ob das Verfahren zu einem höheren Porenwasserdruck in den Torfschichten führt. Corona stellt die Termine in FrageDer Doppelspurausbau in Rüthi und Oberriet wird etwa acht Monate dauern. Die Strecke wird dafür gesperrt. Zwischen Altstätten und Buchs werden Bahnersatzbusse eingesetzt. Der Bau während laufendem Bahnbetrieb würde laut SBB ein Jahr länger dauern. Damit wäre die Einführung des Halbstundentakts auf den Fahrplanwechsel 2024, wie ihn die St. Galler Politik fordert, nicht möglich. Ob sich der Termin nach Corona noch halten lässt, ist allerdings offen.Hinweis: Die SBB informieren zum Doppelspurausbau in unserer Region auf www.sbb.ch/rheintal Vermörtelte Rüttelstopfsäulen: So funktioniert das VerfahrenAnstatt den Baugrund zu pfählen, wird für diese Baugrundverbesserung in einem ersten Schritt das Hohlgestänge einer Spezialbaumaschine bis auf die Zieltiefe in den Boden gerüttelt. Das Rohr ist unten mit Klappen verschlossen, so dass das Erdreich nicht ins Rohr gelangt, sondern seitlich verdrängt wird.In einem nächsten Schritt wird eine erste Ladung erdfeuchte Betonmischung ins Hohlgestänge geschüttet.Der Baumaschinenführer zieht dann das Gestänge ein Stück weit hoch; dabei öffnen sich die Klappen unten am Rohr, so dass der Beton austritt.Danach wird das Gestänge des Rüttlers mit mehreren kurzen Stössen zurück in den Boden gedrückt. Durch den Gegendruck des Betons schliessen sich die Klappen unten am Rohr; der Beton wird komprimiert und sozusagen in den freigerüttelten Hohlraum gestopft. Ein Teil des Betons wird dabei auch seitlich in den Boden hinaus gedrückt.Dann wird die nächste Ladung Betongemisch das Rohr hinab geschüttet und so weiter und so fort. Es resultiert eine vermörtelte Säule ähnlich einem Betonpfahl mit rauer Oberfläche. (mt)