28.10.2022

Der Stammgast aus New York

1250 Kundinnen und Kunden der Alpha Rheintal Bank kamen nach Oberriet, um Jens G. Kortes Vortrag zur Inflation in den USA zu hören.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 02.11.2022
Die Weltpolitik befasst sich vor allem mit zwei Themen – dem Angriffskrieg auf die Ukraine und dem aus ihm resultierenden Energiemangel. Die Medien berichten eher spärlich über das Geschehen in den USA. Das bestätigte auch Jens G. Korte. Er ist wirtschaftspolitischer Korrespondent in New York und den Menschen in der Schweiz wegen seiner Fernsehberichterstattung von der Wall Street bekannt. Sein Wahrnehmen der Entwicklung in Amerika interessiert aber sehr wohl. Als Jens G. Korte am Donnerstag als Gastreferent der Alpha Rheintal Bank in der «Bildstöckli»-Halle auftrat, sprach er vor 1250 Kundinnen und Kunden. Bemerkenswert ist: Der Auftritt bei der Regionalbank war bereits der fünfte des in New York lebenden deutschen Journalisten innert zehn Jahren. Und jedes Mal steigt die Zahl der Interessierten. Sie ist inzwischen grösser als die Kapazität der Halle.Die USA beschäftigen Inflation und hohe ZinsenSeit seinem letzten Auftritt vor drei Jahren habe sich einiges auf der Welt verändert, sagte Jens G. Korte. Auf der Anreise blieb sein Zug in St. Gallen stecken, ein Taxi brachte ihn nach Oberriet. «Damit habe ich nicht gerechnet. Das kenne ich von der Deutschen Bahn, aber nicht von den SBB», sagte er und löste Schmunzeln im Publikum aus.«Können die Vereinigten Staaten das wiederholen, was in China vor 15 Jahren geschah?», fragte Korte. «Damals wuchs China und stützte die Welt­wirtschaft.» Sie werde von der Null-Covid-Strategie der Regierung gedämpft. Nun sei es möglich, dass sich die wirtschaftliche Macht von China Richtung Amerika verlagern könnte.Analog zum Western «The Good, the Bad and the Ugly» mit Clint Eastwood zeichnete der Journalist sein Bild der USA: «Sind sie die Guten, die Schlechten oder die Hässlichen?»Als «good» oder gut bezeichnete er die Wirtschaft. «In Amerika gibt es keine Wirtschaftskrise.» Der Arbeitsmarkt ist bei historisch tiefer Arbeitslosenquote von 3,5 % stark. Fünf Millionen Arbeitslose stehen 20 Millionen freien Stellen gegenüber. «Amerikas Wirtschaft lebt vom Konsum, die Menschen geben Geld aus», sagte Korte. Das Problem der Vereinigten Staaten ortet er in der Inflation. Sie liegt bei 8,2 %. In Europa beträgt sie 10 %, in der Schweiz 3,3 %. Im Gegensatz zu dem Kontinent haben die USA genug Energie und können von den Krisen in Eu­ropa sogar profitieren. Diesem Wettbewerbsvorteil, dem hohen Konsum und der Tendenz zur Vollbeschäftigung stehen die hohen Kosten fürs Wohnen, für Lebensmittel und Gesundheit sowie Flugreisen gegenüber. Der Nachholbedarf in Folge der Pandemie gleiche dies noch aus. Nach Einschätzung Kortes ist Russland abhängig von Rohstoffen wie Öl, Gas und Weizen. «Abgesehen von ihnen spielt es weltwirtschaftlich keine grosse Rolle.»Amerika hat aus der Pandemie gelernt, dass unterbrochene Lieferketten zu Produktionsausfällen führen. Folglich versucht es, ein Comeback der Industrie zu erreichen, einen Teil der ins Ausland verlegten Produktion zurückzuholen und somit an Unabhängigkeit zu gewinnen.Als «bad» oder schlecht benannte Korte die amerikanische Inflation. «Sie könnte das Land aus der Spur werfen, hielte sie an.» In manchen Fällen erhöhen Unternehmen die Preise wesentlich stärker, als dass ihre Kosten steigen. «Unternehmen, die die Notlage ausnutzen, werden wiederum zu Inflationstreibern. «Bleibt die Inflation hoch, sinken Gewinne, Unternehmen geraten unter Druck, Aktienkurse fallen und die Gefahr einer Rezession nimmt zu».Kritik übte Jens G. Korte an der «ugly» oder hässlichen Zinspolitik der US-Notenbank Fed. «Sie hat den Zeitpunkt verschlafen, die Zinsen anzuheben, als die Inflation bereits eingesetzt hatte», sagte er. «Jetzt erhöht sie die Zinsen in Monsterschritten, ohne die Reaktion der Wirtschaft abzuwarten.» Bis im Frühjahr 2023 würden es wohl 5 % innert zwölf Monaten sein. Korte sieht die Entwicklung kritisch: «Die USA exportieren mit ihrer aggressiven Zinspolitik ihre Inflationsprobleme. Er ist überzeugt, dass Schwellenländer wegen der hohen Zinsen und des starken Dollars zahlungsunfähig werden könnten und dies eine Schuldenkrise auslösen könnte. 

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