20.08.2021

Der Sonnenschein vom Lukashaus

Markus Graber gehört seit 44 Jahren zur Lukashaus-Familie. Doch nicht nur dort kennt man ihn.

Von Alexandra Gächter
aktualisiert am 03.11.2022
Es ist ein regnerischer Morgen, grau und trüb, als die Mitarbeiter des Lukashauses zur Arbeit erscheinen. Die Sonne hat sich hinter den Wolken versteckt. Wer jedoch genau hinschaut, findet die Sonne in Markus Graber. Mäc, wie alle seine Kollegen – und das sind viele – ihn nennen, ist stets heiter und fröhlich. «In den über 40 Jahren, in denen ich ihn kenne, habe ich ihn praktisch nie mit schlechter Laune erlebt», sagt Röbi Bislin. Er ist Markus Grabers Begleiter im Lukashaus. Und er ist sein Freund.Oft ist Mäc mit dem Velo unterwegs. Geht gerne in die Badi und in Beizen. Der Lockdown war nicht ganz einfach für ihn. Die Beizen, die Geselligkeit, die Fasnacht und die Guggenmusik fehlten ihm. «Ich mag es, wenn es laut ist, und höckle gerne», sagt Mäc.Auszeichnung an denSpecial OlympicsAufgewachsen ist Mäc in Oberriet. Fast alle dort haben ihn schon einmal gesehen, ihm zugewunken oder mit ihm geredet. Am Wochenende und in den Ferien verbringt er seine Zeit im Elternhaus. Auch in Gams, wo Mäc seit einigen Jahren unter der Woche wohnt, ist er kein Unbekannter. Fährt er durchs Dorf, hört man bald einmal jemand «Hoi Mäc» rufen. Die Kinder kennen ihn gut, die Arbeiter auch, denn der 52-Jährige mag unheimlich gerne Baustellen. Er weiss, die mit den gelben Lastwagen, das sind die Dietsches von Kriessern, und die mit den blauen die Toldos von Sevelen. Oft erhält Mäc Mützen oder T-Shirts von diesen Firmen, die er mit Stolz trägt. Bewegung mag Mäc fast so gerne wie Geselligkeit. Einmal hat er sogar an den Special Olympics im Basketball teilgenommen. Sein Team warf den Ball unter anderem auch ins eigene Netz. Gewonnen haben sie die Fairplay-Medaille. Für Mäc und sein Team fühlte sich das wie eine Goldmedaille an. Die Freude war riesig. Ins Lukashaus zog Mäc 1977. Damals war er acht Jahre alt. Er besuchte die hausinterne Sonderschule und wechselte im Erwachsenenalter zur Beschäftigung ins Atelier. Gewohnt hat Mäc erst in einer internen Wohngruppe im Lukashaus in Grabs. Später zog er in eine betreute externe Wohngruppe nach Gams.Wochentags heisst es für ihn und seine beiden Mitbewohner kurz nach 7 Uhr: Tagwache. Nach dem Frühstück wird das Bett gemacht und die Küche aufgeräumt. Danach fahren er und seine Mitbewohner mit dem Taxi zur Arbeit. Um 8.30 Uhr treffen sie in der «Turbine» in Grabs ein. Hier, im Atelier des Lukashauses, gibt es vielseitige Beschäftigungsmöglichkeiten. Es wird für den Lukashaus-Shop gebastelt oder einfache Aufträge für Firmen werden ausgeführt.Am Tag des Interviews stellt Mäc Anzündehilfen der Marke K-Lumet her. Er bündelt kleine Hölzer und versieht sie mit einem Docht. «Manchmal schafft er 80 Stück. Oder 50. An einem gemütlichen Tag sind es weniger», sagt Begleiter Röbi Bislin. Daneben dreht er Muttern in Schrauben oder webt mit Stoffresten Teppiche. Noch lieber als die Beschäftigung im Atelier mag Mäc die Stallarbeit. Misten, Hühner und Esel füttern oder mit Lamas spazieren gehen. Das ist sein Ding. Zweimal in der Woche darf er seiner Lieblingsarbeit nachgehen.Früher war er die ganze Woche zur Stallarbeit eingeteilt. Die Coronapandemie zwang das Lukashaus jedoch zum Umplanen. Derzeit müssen alle in denselben Zusammensetzungen arbeiten, wie sie wohnen. Deshalb alterniert die Gamser WG von Mäc mit Atelier- und Stallarbeiten.«Die Durchmischung im ÖV fehlt den meisten»Mittags geht es zurück nach Gams. Ein Mitarbeiter des Lukashauses hat in der Wohnung Essen zubereitet. Normalerweise fährt die Gruppe mit dem Bus zurück, aber wegen der Maskenpflicht ist man aufs Taxi umgestiegen. «Die Durchmischung mit der Bevölkerung im ÖV fehlt den meisten sehr», so Röbi Bislin.Nach dem Mittagessen wird nochmals bis kurz vor 17 Uhr gearbeitet. Was am Abend gegessen wird, bestimmen Mäc und seine WG-Kollegen in der Wochensitzung. Nach der Erledigung der Haushaltsämtli läuft der Fernseher oder man unternimmt einen Ausflug ins «Schäfli», in den «Hirschen» oder ins «Kreuz». Manchmal gehen sie auch einfach nur spazieren. Aber heute nicht. Es ist zu kalt und zu regnerisch. Mäc behagt das trübe Wetter nicht. Es passt ja schliesslich auch nicht zu seinem sonnigen Gemüt.

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